Frage an Hartmut Schauerte von Michael S. bezüglich Familie
Sehr geehrter Herr Staatssekretär,
im Januar 2003 erklärte das BVerfG den § 1626a BGB, der unverheirateten Müttern die elterliche Alleinsorge zugesteht, für verfassungskonform und verwies die Regelung zur Prüfung an den Gesetzgeber weiter.
Im Namen der Kreisgruppe Siegen-Wittgenstein des Väteraufbruch für Kinder e. V., und der überregionalen Siegener Selbsthilfegruppe für Opfer von Familientrennung möchte ich nachfragen, wie der Stand der Prüfung ist und welche Meinung Sie zum prinzipiell geteilten Sorgerecht für beide Eltern, unabhängig von Trauschein oder Trennung, haben.
Ist ferner angedacht, die Einordnung lediger Eltern und Geschiedener, die nicht mit ihren Kindern in einem Haushalt leben, in die Steuerklasse 1, die die Unterhaltspflicht nicht berücksichtigt, zu ändern?
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Siebel
Sehr geehrter Herr Siebel,
ich danke Ihnen für Ihre Nachricht.
Zunächst zu Ihren Fragen:
1. An der Rechtsprechung des BVerfG von 2003 –wonach § 1626a Abs. 2 BGB verfassungskonform ist- hat sich nichts geändert. Eine Reform des Sorgerechts – einschließlich des § 1626a Abs. 2 BGB - ist gegenwärtig auch nicht geplant.
2. Für die Regelungen bezüglich der Ansprüche auf die Steuerklasse von geschiedenen/ledigen Elternteilen ist derzeit keine Änderung vorgesehen.
Als Familienvater bin ich der Meinung, dass das Wohl des Kindes bei allen Fragen an erster Stelle stehen muss. Dies sollte meiner Meinung auch die entscheidende Richtschnur bei allen Anstrengungen im rechtlichen/gesetzlichen Bereich sein. Auch bezogen auf das Elternrecht bzw. auf das Sorgerecht steht für mich das Kindeswohl im Vordergrund. Die Familienstruktur in der heutigen Gesellschaft hat sich stark verändert und es leben immer mehr Kinder in nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Am wichtigsten ist es dennoch, dass das Kind in einer Umgebung aufwächst die ihm Stabilität, Schutz und eine gewisse Kontinuität sichert. Dazu gehört, dass Eltern kooperieren und gemeinsam "Sorge tragen".
Mit dem Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 GG hat der Verfassungsgeber zum Ausdruck gebracht, dass es grundsätzlich im Interesse des Kindes ist, mit Vater und Mutter aufzuwachsen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit seiner jüngsten Entscheidung vom 1. April 2008 zur Durchsetzung des Umgangsrechts noch einmal bestätigt. ("Ein Kind hat einen verfassungsrechtlichen Anspruch darauf, dass seine Eltern Sorge für es tragen und der mit ihrem Elternrecht untrennbar verbundenen Pflicht auf Pflege und Erziehung ihres Kindes nachkommen.") Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht die geltende gesetzliche Regelung zum Sorgerecht nicht miteinander verheirateter Eltern für verfassungskonform erklärt. Abschließend möchte ich noch einmal betonen, dass auch Väter ein natürliches Elternrecht haben und ihnen dieses nur entzogen werden sollte, wäre das Kindeswohl nicht gesichert oder gäbe es andere schwerwiegenden Einwände dagegen.
Mit freundlichen Grüßen aus Berlin
Ihr Hartmut Schauerte