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Hartmut Schauerte
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Frage von Helmut G. •

Frage an Hartmut Schauerte von Helmut G. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Schauerte,

vor den jeweiligen Wahlen zur Volversammlung der IHKs haben die Hauptgeschäftsfüher Ihre Kommentare zum Besten gegeben. So schrieb kein Geringerer als der Hauptgeschäftsführer der IHK Köln, Herr Dr. Herbert Ferger: "Die Vollversammlung braucht die demokratische Legitimation durch eine hohe Wahlbeteiligung, damit sie ihre Funktion - die Artikulation und die Vertretung der Interessen der hiesigen Wirtschaft - glaubhaft erfüllen kann. " Ihnen wird im Laufe der Zeit wohl nicht entgangen sein, daß keine Vollversammlungswahl mit auch nur annähernd "hohen Wahlbeteiligungen " aufwarten konnte . Meist bewegt es sich sogar im einstelligen %-Bereich. Wie sieht es da mit der "demokratischen Legitimation " aus ?
Können Sie mir erklären, warum ich eine Organisation finanziell unterstützen soll, die keine "demokratische Legitimation" auf Grund einer desaströsen Wahlbeteiligung hat ???
Noch in einer Talkrunde letzt Woche gab Ihr Chef, M. Glos zum Besten: "Ich bin für mehr Wettbewerb!"
Wir brauchen mit unseren Fahrzeugen nicht mehr unbedingt den TÜV ansteuern, jetzt gibt es Wettbewerb und das ist gut so: beim TÜV ist man auf einmal " Kunde ". Diese hoheitliche Aufgabe konnte der Staat also in den Wettbewerb überführen, ohne das die Aufgabe darunter gelitten hat.
Warum wird dieser Schritt nicht bei den Kammern vollzogen? Paßt dieser Kammerzwang zu unserer "freiheitlich,demokratischen Grundordnung" ? Da es auf allen Ebenen ausreichend Alternativen gibt, könnte der Staat ohne Probleme die Aufgaben ausschreiben und die Kammern könnten sich dem Wettbewerb stellen.
"IHK ja - Zwangsmitgliedschaft nein danke "
Bin auf Ihre Antwort gespannt und verbleibe
mfG
Helmut Gebske

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Gebske,

vielen Dank für Ihre Frage zur Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern in Deutschland.

Ihre Klage über eine zu geringe Beteiligung bei den Wahlen zur Vollversammlung der IHKs kann ich gut nachvollziehen. Trifft uns dieses Phänomen doch in allen Bereichen der demokratischen gesellschaftlichen Teilhabe. Unser Gemeinwesen und unsere Demokratie brauchen demokratisches Engagement -- auch in den IHK-Wahlen.

Dennoch kann ich Ihre absolute Kritik am Institut der Handelskammern nicht teilen. Gerade kleine und mittelständische Betriebe profitieren von einer Mitgliedschaft bei den Industrie- und Handelskammern. Die Kammern bieten ihnen zahlreiche Dienstleistungen, wie z.B. Starthilfen und Existenzgründungsberatung, Beratung in Finanzierungs- und Steuerfragen, Suche nach Gesprächspartnern im In- und Ausland, Hilfe und Unterstützung bei Verkehrs-Problemen und bei Kontakten mit der öffentlichen Verwaltung. Ebenso kommt die hoheitliche wirtschaftsverwaltende Tätigkeit der Kammern den kleinen und mittelständischen Betrieben zugute (u. a. Sachkundeprüfungen, Aus- und Fortbildung, Berufsbildungszentren, Vermittlungsstellen.

Der wichtigste Vorteil ergibt sich dabei daraus, dass die Kammer ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllt und dabei insbesondere das Gesamtinteresse der ihr zugehörigen Gewerbetreibenden wahrnimmt und für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft arbeitet. Der Vorteil dieser Interessenvertretung kommt allen Mitgliedern zugute. Das Äquivalenzprinzip besagt, dass es nicht erforderlich ist, dass der Beitrag einen unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil bewirkt, der sich bei den einzelnen Kammerzugehörigen messbar niederschlägt. Vielmehr steht das vo, Einzelnen und dessen Beiträgen unabhängige Gesamtinteresse der Unternehmen im Vordergrund. Ein Beispiel dafür ist das Engagement der Kammern im Ausbildungspakt, der einer gesetzlichen Regelung in diesem Bereich vorgebeugt hat und so gerade die Interessen kleinerer und mittlerer Unternehmer wahren konnte.

Darüber hinaus ist die Pflichtmitgliedschaft vom Bundesverfassungsgericht für verfassungs-konform erklärt worden. Auch nach Ansicht des Gerichts ist die Pflichtmitgliedschaft hinnehmbar, weil sie für die Kammerzugehörigen eine Chance zur Beteiligung und Mitwirkung an staatlichen Entscheidungsprozessen eröffnet. Die Pflichtmitgliedschaft hat überdies nach den Ausführungen des Gerichts eine freiheitssichernde und legitimatorische Funktion, weil sie auch dort, wo das Allgemeininteresse einen gesetzlichen Zwang verlangt, die unmittelbare Staatsverwaltung vermeidet und stattdessen auf die Mitwirkung der Betroffenen setzt.

Dies alles darf aber natürlich kein Freifahrtschein für die Kammern sein. Wenn es um Bürokratieabbau und Deregulierung geht, darf es meines Erachtens keine Tabus geben. Auch nicht bei den Kammern. Einsparungen und eine schlankere Verwaltung sind zwingende Voraussetzungen für eine Zukunft mit den Kammern. So wäre beispielsweise ein System denkbar, welches einen pauschalen (niedrigeren) Pflichtgrundbetrag von freiwilligen Entgelten für zusätzliche Leistungen unterscheidet. Der grundlegende Pflichtbeitrag kann die positiven Effekte der Verkammerung bewahren, während zusätzliche Dienstleistungen, wie Beratung und Weiterbildung, auf dem freien Markt und im Wettbewerb angeboten werden sollten. Mit dem in den Kammern versammelten Know-how dürfte es nicht schwer sein, für qualitativ hochwertige Dienstleistungen auch adäquate Preise zu erzielen und im Wettbewerb zu bestehen. Die Unternehmen andererseits könnten bei nicht-hoheitlichen Aufgaben endlich eine Wahl nach markt- und unternehmensgerechten Gesichtspunkten treffen.

Mit freundlichen Grüßen aus Berlin,

Ihr Hartmut Schauerte