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Hartmut Schauerte
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Frage von Erhard J. •

Frage an Hartmut Schauerte von Erhard J. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Schauerte,

mit Erstaunen habe ich einer Fernsehsendung (Odysso/SWR) entnommen, daß ein Medikament zur Behandlung einer Augenerkrankung - AMD - ab sofort das 40-fache kostet.

Bisher haben die Augenärzte bei der Erkrankung mit großem Erfolg das Medikament Avastin gespritzt, das jedoch nur eine Zulassung als Darmkrebsmedikament hat. Jetzt hat die Herstellerfirma von Avastin dieses Medikament unwesentlich verändert - der eigentliche Wirkstoff ist der Gleiche - und es dann unter anderem Namen - Lucentis - als Mittel gegen die Augenerkrankung auf den Markt gebracht. Statt € 40 (Avastin) kostet jetzt eine Spritze unglaubliche € 1600.

Die Krankenkassen dürfen aufgrund der derzeitigen Gesetzeslage Avastin für die Behandlung der Augenerkrankung nicht mehr bezahlen, da jetzt ein Medikament für die Erkrankung zur Verfügung steht.

Wie stehen Sie zu dem Vorgang?
Kann man vielleicht in Erfahrung bringen, ob an dem entsprechenden Gesetzestext Mitarbeiter von Pharmafirmen direkt mitgewirkt haben.

Was können Sie dazu beitragen, das Plündern der Krankenversicherung, und damit der Beitragszahler, durch die Pharmaindustrie zu verhindern?

Hier der Link zur schriftlichen Zusammenfassung des o. a. Fernsehbeitrags.
http://www.swr.de/odysso/-/id=1046894/nid=1046894/did=2258318/ohrc47/index.html

Hier noch ein Link zur Gesundheitsberichterstattung des Bundes, der veranschaulicht, daß von 1993 bis 2003 bei einem Rückgang der verordneten Arzneimittelpackungen von ca. 200 MIllionen Stück im gleichen Zeitraum die Kosten für diese Medikamente um 9 Milliarden € gestiegen sind.
http://www.gbe-bund.de/gbe10/ergebnisse.prc_tab?fid=10795&suchstring=&query_id=&sprache=D&fund_typ=TXT&methode=&vt=&verwandte=1&page_ret=0&seite=1&p_sprachkz=D&p_uid=gast&p_lfd_nr=5&p_news=&p_aid=93647561&hlp_nr=1&p_janein=J

Mit freundlichen Grüßen
Erhard Jaster

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Jaster,

haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage, die ein kompliziertes, gesundheitspolitisches Thema anspricht und außerhalb meines eigentlichen Fachgebietes liegt. Ich will dennoch versuchen, Ihnen Ihre Fragen zu beantworten.

Die von Ihnen angesprochenen Arzneimittel Avastin und Lucentis sind nicht Produkte der gleichen Firma (Avastin wird von der Firma Roche hergestellt, Lucentis von der Firma Novartis). Dementsprechend ist Lucentis auch keine Weiterentwicklung oder leicht veränderte Form des Arzneimittels Avastin.

Die Firma Roche vertreibt ihr von den Behörden im Januar 2007 dafür zugelassenes Arzneimittel Lucentis zur Behandlung der feuchten Makuladegeneration, eine besonders heimtückische Form der Altersblindheit (AMD). Diese Behandlung ist mit ca. 1.500 Euro je Spritze sehr teuer. Die Arznei Avastin der Firma Roche ist ungleich günstiger, aber eigentlich ein Krebsmittel und von den Behörden auch nur dafür zugelassen. Jedoch hat man wegen der Ähnlichkeit des Wirkstoffs in beiden Produkten auch für Avastin gute Behandlungserfolge der feuchten Makuladegeneration feststellen können.

Wegen des drastischen Preisvorteils hat sich nun eine sogenannte "off-label-Behandlung", also praktisch eine Zweckentfremdung des Krebsmittels Avastin etabliert. "Off-label-Behandlungen" sind eigentlich nicht erlaubt, da Wirksamkeit und Verträglichkeit nicht in offiziellen Studien nachgewiesen wurden und es eine zugelassene Alternative gibt (Lucentis). Dementsprechend ist die Behandlung von Altersblindheit mit Avastin nicht gestattet, wird aber wegen des Preisvorteils und offensichtlich guter Erfahrungen toleriert. Dies wird auch größtenteils von den Krankenkassen und der zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Bundesversicherungsamt, so gesehen.

Die Diskussion um die beiden Arzneimittel hat bewirkt, dass sich momentan eine Studie des Klinikums Bremen-Mitte in einer "head-to-head", also vergleichenden Studie mit Wirksamkeit und Unterschieden von Lucentis und Avastin beschäftigt. Die Ergebnisse stehen allerdings noch aus.

Die Frage nach der Beteiligung externer Personen an der Formulierung von Rechtsvorschriften in den Ministerien war erst kürzlich Gegenstand in den Beratungen im Deutschen Bundestag. Nach einem Beschluss des Haushaltsausschusses vom 4. Juni 2008 soll es in Zukunft klare und eindeutige Verbotsbereiche und umfassende Transparenz bei der Mitarbeit von Externen in den Bundesbehörden geben. So soll explizit definiert werden, dass es keinen Einsatz von Externen bei der Formulierung von Gesetzesentwürfen geben wird, um jeglichen Verdacht der Einflussnahme für diesen Bereich auszuschließen.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen Ihre Fragen beantworten. Falls Sie noch Nachfragen haben sollten, darf ich Sie an die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Fraktion, Frau Annette Widmann-Mauz, verweisen.

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut Schauerte MdB