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Hartmut Koschyk
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Frage von Ute N. •

Frage an Hartmut Koschyk von Ute N. bezüglich Finanzen

Bei der Bankenkrise hört man immer wieder, dass Ratingagenturen falsche Einschätzungen der Bonität von gehandelten Finanzpaketen gegeben hätten und dass deswegen die Banken faule Kredite gekauft hätten. Wie werden diese Ratingagenturen bestraft, bzw. zur Rechenschaft gezogen? Wie wurden die überwacht, waren sie überhaupt seriös und nach welchen Grundsätzen stuften sie ein? Wer haftet für die Folgen? Momnetan sieht es so aus, als wenn der Steuerzahler letztendlich haftet, nachdem alle Beteiligten Riesengewinne verdient haben. Kann man Unternehmen nicht verpflichten, ihre Riesengewinne für Notzeiten zurücklegen statt an Manager und Aktionäre auszuschütten? Wenn dann durch Turbulenzen plötzlich Gelder fehlen, muß der Staat einspringen, nachdem vorher Gelder abgeflossen sind. Warum kann man die Erfolgsprämien der Geschäftsführer nicht zurückholen, wenn sich im Nachhinein rausstellt, dass der "Erfolg" auf faulen Grundlagen beruhte? Ich sehe, dass es den Führungskräften in der Wirtschaft nach wie vor sehr gut geht und dass sie nicht zur Verantwortung gezogen werden. Ausbaden müssen es die einfachen Bürger. Sie verlieren ihre Jobs, während die Banker weiter in Saus und Braus leben. Warum müssen sie ihre Fehler nicht bezahlen? Warum ist Herr Naser z. B. noch im Amt?

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Neuß,

günstige Kreditkonditionen, insbesondere niedrige Anforderungen an die Bonität der Kreditnehmer, das Fehlen einer ausreichenden Dokumentation der Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie Hypotheken mit einer variablen Verzinsung, die in einer Niedrigzinsphase vergeben wurden, führten dazu, dass sich nahezu jeder seinen Traum vom Eigenheim verwirklichen konnte. Aufgrund steigender Zinsbelastungen für die Kreditnehmer und sinkender Immobilienpreise konnten diese Darlehen nicht mehr bedient werden. Mangels ausreichender Sicherheiten gerieten zunächst die Immobilienfinanzierer und dann weltweit Finanzinstitute in Schwierigkeiten: Denn die den enorm hohen Kreditrisiken zugrunde liegenden Kredite waren in neuartige, hochkomplexe Produkte umgewandelt worden. Zur Umgestaltung der Kredite in Verbriefungen und zur Zwischenfinanzierung der hiermit verbundenen Risiken gründeten Banken und Investoren Spezialgesellschaften die außerhalb der Bilanzen der Institute angesiedelt waren, und die anders als Bankkredite nicht mit Eigenkapital unterlegt werden mussten. Rating-Agenturen bewerteten die Papiere, die die Zweckgesellschaften herausgaben, vielfach zu gut -- trotz der beschriebenen Risiken bei der den Papieren zugrunde liegenden Kreditvergabe.

Es wäre zu begrüßen, wenn die Marktteilnehmer die Gründung einer europäischen Ratingagentur trotz aller bekannten Schwierigkeiten vorantrieben. Zum einen könnte hierdurch die Dominanz der lediglich drei anglo-amerikanisch geprägten Rating-Agenturen, die international anerkannt sind, vermindert und ein europäischer Akzent gesetzt werden. Zum anderen könnte ein stärker ausgeprägter Wettbewerb die Qualität der Rating-Agenturen und das Vertrauen in Ratings verbessern.

Bereits in ihrer Mitteilung über Ratingagenturen vom 11. März 2006 hatte die Europäische Kommission erklärt, die Entwicklungen in diesem Bereich genau verfolgen zu wollen. Gleichzeitig betonte sie aber, dass die freiwillige Einhaltung des Verhaltenskodexes der "International Organisation of Securities Commissions" (IOSCO), dem die Agenturen unterliegen, einer Regulierung durch legislative Maßnahme vorzuziehen sei. Neue Vorschläge seien nur ins Auge zu fassen, falls sich die Einhaltung der bestehenden EUVorschriften oder des IOSCO-Kodexes als unzureichend erweisen sollte. Nachdem den Ratingagenturen im Jahr 2007 Mitschuld an der beginnenden Finanzmarktkrise zugeschrieben wurde, einigte sich der ECOFIN im Oktober 2007 auf Schlussfolgerungen, die auch einen Vorschlag zur Bewertung der Rolle der Ratingagenturen enthielten. Die Europäische Kommission wurde u.a. aufgefordert, mögliche Interessenkonflikte im Ratingprozess, die Transparenz der Ratingmethoden, Verzögerungen bei der Abgabe überarbeiteter Ratings und die Genehmigungsprozesse der Regulierungsbehörden zu überprüfen. Am 31. Juli 2008 veröffentlichte die Europäische Kommission daraufhin ein Konsultationspapier, in dem sie eine Reihe von Vorschriften zur Zulassung und Tätigkeit der Ratingagenturen zur Diskussion stellte. Darüber hinaus machte sie zwei Vorschläge für eine EU-Kontrolle der Ratingagenturen: Die erste Option sah eine verstärkte Koordinierungsrolle des "Committee of European Securities Regulators" (CESR) sowie eine enge Zusammenarbeit zwischen den nationalen Regulierungsbehörden vor. Die zweite Option betraf die Einrichtung einer Europäischen Agentur für die EU-weite Registrierung von Ratingagenturen.

Mit dem vorliegenden Vorschlag will die Europäische Kommission nun den Regulierungsrahmen für die Abgabe von Ratings weiterentwickeln, um ein hohes Niveau an Anlegervertrauen und Verbraucherschutz zu gewährleisten. Sie kommt damit einerseits der Aufforderung des Rates nach, trägt aber andererseits auch ihrer eigenen Einschätzung Rechnung, dass die derzeitige Krise die Schwächen der von den Ratingagenturen verwendeten Methoden und Modelle offen gelegt habe. So habe die mitunter schlechte Qualität von Ratings erheblich zur derzeitigen Krise beigetragen. Auch habe sich gezeigt, dass die Kommunikation der Ratingagenturen mit den Nutzern der Ratings mangelhaft gewesen sei. Darüber hinaus sei die auf der freiwilligen Einhaltung des IOSCO-Kodexes basierende Selbstregulierung keine angemessene verlässliche Lösung für die Behebung der strukturellen Mängel, die die Ratingagenturen aufwiesen.

Aus Sicht der Bundesregierung ist gerade angesichts der Finanzkrise eine Regelung mit gemeinschaftsweit geltenden, von den Ratingagenturen einzuhaltenden Standards notwendig, um auf dieser Grundlage die erforderliche Aufsicht zu gewährleisten. Die zu erlassenden Vorschriften sollen sich dabei so eng wie möglich an den Regeln des Verhaltenskodexes der IOSCO orientieren. Die Interessen kleinerer Ratingagenturen seien angemessen zu berücksichtigen, um das Entstehen von weiteren Markteintrittsbarrieren auf diesem oligopolisch geprägten Markt zu vermeiden. Zudem sei eine Zusammenarbeit mit den außereuropäischen Aufsichtsbehörden, insbesondere in den USA und Japan, erforderlich.

Aus Sicht der Bundesregierung stellen die mittlerweile vorgelegten Kompromissvorschläge Verbesserungen gegenüber dem Vorschlag der Europäische Kommission dar. Dazu zählt sie insbesondere die verringerten Markteintrittsbarrieren für kleinere Akteure sowie die Zulässigkeit von Ratings aus Drittstaaten.

Sehr geehrte Frau Neuß, vielfältige Ansatzpunkte zur Verbesserung des Finanzmarktes als Folgen der Finanzmarktkrise zeigen sich mithin. Der Ruf nach einem Mehr an Regulierung sollte aber nicht unbedacht erfolgen. Vielmehr bedürfen alle neuen Regelungen einer Abwägung, und es zeigt sich, dass eine blinde Überregulierung der falsche Ansatz ist.

Mit freundlichen Grüßen

Hartmut Koschyk MdB