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Hartmut Koschyk
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Frage von Friedrich C. •

Frage an Hartmut Koschyk von Friedrich C. bezüglich Verkehr

Guten Tag Herr Koschyk!

Bitte beantworten sie mir folgende Frage nur mit ja oder nein:
Werden sie einer Privatisierung des deutschen Eisenbahnnetzes zustimmen? Ein Verkauf der DB, die, wenn auch nur vorübergehend das Netz besitzt, ist für mich auch eine Privatisierung des Netzes.

Mit freundlichen Grüssen
Friedrich Clemens

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Clemens,

erlauben Sie, dass ich Ihnen meine Haltung zu diesem Themenkomplex, mit dem sich der Deutsche Bundestag gegenwärtig beschäftigt, ausführlich darstelle.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat das Ansinnen des Bahnvorstandes und der SPD, den gesamten Bahnkonzern an die Börse zu bringen, von Anfang an zurückgewiesen. Vielmehr hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion im bisherigen Entscheidungsprozess bereits durchgesetzt, dass bei dem weiteren Privatisierungsschritt das Eigentum an den Eisenbahninfrastrukturunternehmen (DB Netz AG, DB Station & Service AG, DB Energie GmbH) auf den Bund übertragen wird. Das Unternehmen Deutsche Bahn AG erhält für einen gewissen Zeitraum lediglich das Recht zur Bewirtschaftung, Betriebsführung und Bilanzierung des Netzes. Die Option, am Ende der Bewirtschaftungszeit die ordnungspolitisch sinnvolle und von der Union immer gewollte Trennung von Netz und Betrieb zu beschließen, bleibt erhalten. Mit dieser Lösung sorgen wir dafür, dass die vom Steuerzahler finanzierte Infrastruktur nicht den Kapitalmarktinteressen ausgeliefert wird.

Darüber hinaus hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion deutlich gemacht, dass sie dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes erst zustimmen kann, wenn der Bund uneingeschränkt seiner Infrastrukturverantwortung weiter nachkommen kann. Bei der Umsetzung des Bundesverkehrswegeplanes darf der Bund nicht auf das Belieben des DB-Konzerns angewiesen sein, sondern muss für die vom Gesetzgeber beschlossenen vordringlichen Bedarfsplanmaßnahmen ein Durchsetzungsrecht erhalten. Des Weiteren muss transparent sein, was die DB AG für die Steuergelder leistet, die ihr für den Betrieb des Netzes auch künftig zur Verfügung gestellt werden. Ebenso muss im Gesetzentwurf die vorgesehene Laufzeit des Bewirtschaftungszeitraums und der Sicherungsübertragung der Eisenbahninfrastruktur an die DB AG verkürzt werden. Die jetzt im Gesetzentwurf vorgesehenen 18 Jahre sind zu lang. Auch dürfen dem Gesetzgeber keinerlei Vorgaben gemacht werden, wie er nach Ablauf des Bewirtschaftungszeitraums mit seinem Eigentum verfährt und die Rechte der Regulierungsbehörde, der Bundesnetzagentur, müssen verstärkt werden, um Wettbewerb auf der Schiene zu sichern– ein wichtiges Ziel der Bahnreform. Die Bundesnetzagentur muss ggfs. Trassenentgelte verhindern können, die einseitig die Wettbewerber der DB AG belasten und Anlass für höhere Fahrpreise sein könnten. Auch sollte eine Anreizregulierung, ähnlich wie im Bereich der Telekommunikation, eingeführt werden.

Die zumeist unionsregierten Bundesländer haben deutlich gemacht, dass sie zahlreiche Änderungen und Sicherungen verlangen, um insbesondere die Versorgung mit Verkehrsleistungen in der Fläche zu gewährleisten. Da der Bundesrat als Ländervertretung einem Privatisierungsgesetz zustimmen muss, wird auch mit Unterstützung der Länder eine zukunftsfähige Lösung sichergestellt. Im Hinblick auf Fahrpläne, Fahrpreise und Streckennetz bleibt es ansonsten bei den schon heute geltenden gesetzlichen Regelungen, die sich nach unserer Auffassung bewährt haben. Das heißt, dass die Beförderungsbedingungen im Fernverkehr jetzt und in Zukunft durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und die des Nahverkehrs durch die Länder genehmigt werden. Die Fahrpläne im Fernverkehr unterliegen der unternehmerischen Verantwortung der Verkehrsunternehmen. Im Nahverkehr haben die Länder die Möglichkeit, als Besteller Einfluss auf die Fahrpläne zu nehmen.

Die willkürliche Stilllegung von Strecken wird bereits heute durch ein Genehmigungs-verfahren ausgeschlossen. Auch dies wird künftig so bleiben und durch die Teilprivatisierung nicht angetastet.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion lehnt übrigens das von der sozialdemokratischen Partei favorisierte Volksaktienmodell ganz klar ab. Hier soll das Volk zwar breit am Volksvermögen beteiligt werden, aber dann nicht mitreden dürfen. Auch ist das Volksaktienmodell mit der Ausgabe von stimmrechtslosen Vorzugsaktien ein Trojanisches Pferd für den Bund. Es führt einerseits zu wesentlich geringeren Einnahmen beim Börsengang, andererseits zu einer praktisch unlimitierten Zahlungsverpflichtung des Bundes zusätzlich zu den laufenden jährlichen Zuwendungen für die Bahn (Infrastrukturzuschüsse, Regionalisierungsmittel). Eine akzeptable Variante könnte hingegen das im Koalitionsausschuss diskutierte. Eisenbahninfrastruktursicherungsmodell (Holding-Modell) sein. Bei diesem Modell würde die Infrastruktur dauerhaft beim Bund bleiben, private Investoren würden lediglich an den Verkehrsgesellschaften beteiligt. Die von der CDU/CSU aufgestellten Forderungen wären damit erfüllt. Zunächst ist aber abzuwarten, wie sich der Koalitionsausschuss entscheidet.

Sollte die genannten Kernforderungen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bei dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes erfüllt werden, stehe ich einer Privatisierung des deutschen Eisenbahnnetzes positiv gegenüber.

Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Koschyk