Frage an Hartmut Koschyk von Heinrich V. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Koschyk,
der Justiz- und Psychiatrieskandal Gustl Mollath ist Ihnen doch sicherlich nicht verborgen geblieben, oder?
Was können Sie dazu beitragen, dass Herr Mollath schnellstens aus der Bayreuther Forensik entlassen wird?
Wie man der heutigen Rheinischen Post entnehmen kann, wurde gestern im Bundestag ein Gesetz verabschiedet, welches eine Zwangsbehandlung mit schlimmsten Nervengiften ab sofort wieder möglich macht. Siehe: http://bit.ly/104m49Y
Haben Sie im Bundestag dafür gestimmt?
Bitte gebe Sie mir kurzfristig Antwort.
Mit freundlichen Grüßen nach Bayreuth
Heinrich Vetter
Sehr geehrter Herr Vetter,
aufgrund der Gewaltenteilung in Deutschland hatte ich als Bundestagsabgeordneter weder irgendeinen Einfluss auf das Verfahren im Fall Gustl Mollath, noch vollen Einblick in die Gesamtheit der Akten. Daher steht es mir auch nicht zu, den Gesamtvorgang juristisch zu bewerten, noch maße ich mir als Nichtmediziner eine psychiatrische Stellungnahme an. Es sollte aber endlich Klarheit geschaffen werden, ob die Unterbringung von Herrn Mollath in der Psychiatrie gerechtfertigt ist. Wenn irgendwelche Zweifel diesbezüglich aufkommen, ob der Fall richtig bewertet wurde, dann sollte diesen Zweifeln auch nachgegangen werden. Leider lässt Herr Mollath laut Medienberichten kein neues Gutachten zu, was nicht gerade zur Klärung der Gesamtlage beiträgt.
Der Bundesgerichtshof hat in zwei Entscheidungen vom 20. Juni 2012 seine bisherige Rechtsprechung zur ärztlichen Zwangsbehandlung von Betreuten aufgegeben und entschieden, dass es an einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden gesetzlichen Regelung für eine betreuungsrechtliche Behandlung gegen den natürlichen Willen des Patienten fehlt. Die ärztliche Zwangsbehandlung von Betreuten bedurfte deshalb einer gesetzlichen Regelung. Bei der abschließenden Beratung im Deutschen Bundestag am 17. Januar 2013 folgte man der Beschlussempfehlung der Abgeordneten von CDU/CSU, FDP und SPD im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages.
Auch ich habe dem Gesetzesentwurf zugestimmt, da mit dem Gesetz mit Augenmaß eine notwendige Regelung für die Einwilligung des Betreuers in eine vom Betreuten abgelehnte Behandlung geschaffen wird. Die Zwangsbehandlung kann nur bei einer Unterbringung des Betreuten und nur mit gerichtlicher Genehmigung vorgenommen werden. Einer Einwilligung des Betreuers in eine Zwangsbehandlung muss der ernsthafte, mit dem nötigen Zeitaufwand und ohne unzulässigen Druck unternommene Versuch vorausgehen, den Betreuten von der Notwendigkeit der Behandlung zu überzeugen.Vor einer gerichtlichen Entscheidung muss es zudem eine unvoreingenommene ärztliche Begutachtung geben. Insgesamt zielte der Entwurf abgewogen darauf ab, unter Achtung der verfassungsgerichtlichen Anforderungen die Fortführung der bis zu den jüngsten Beschlüssen des Bundesgerichtshofs geübten Praxis zu ermöglichen, was meine Unterstützung fand.
Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Koschyk