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Hartmut Koschyk
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Frage von Matthias H. •

Frage an Hartmut Koschyk von Matthias H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Koschyk,

ich stehe dem aktuellen ESM-Vertrag auch kritisch gegenüber. Da ich hier leider nur 2000 Zeichen zur Verfügung habe, kann ich nicht auf alle fragwürdigen und bedenklichen Passagen des Vertrages eingehen, die bei mir soweit immerhin drei ganze Seiten füllen.

Daher möchte ich jetzt nur auf folgendes eingehen:
Wie kann es sein, dass man eine Einrichtung bildet, über die man quasi keine Kontrolle hat?
Zwar gibt es zB einen Prüfungsausschuss, aber er besteht mehrheitlich aus Mitgliedern, die vom
Gouverneursrat (GR) bestimmt werden. Nun werden alle Angelegenheiten, die mit der Prüfung zusammenhängen, in der Satzung des ESM geregelt. Diese aber wiederum wird vom GR selbst beschlossen.
Jetzt gibt es noch die unabhängigen, externen Abschlussprüfer. Aber auch hier gilt: Erst durch die Zustimmung des GR wird man zu einem solchen Prüfer.

Desweiteren ist es zwar schön, dass man im GR über Streitigkeiten zwischen ESM-Mitgliedern und ESM abstimmt, aber wo ist der Sinn dahinter, dass die GR-Mitglieder der Ländern, die etwas auszusetzen haben, nicht an der Abstimmung teilnehmen dürfen? Das ist ja schon fast gleichbedeutend damit, dass das Vorgehen des ESM unantastbar ist, da man nur Befürworter abstimmen lässt. Zwar können die ESM-Mitglieder die Entscheidung des GR anfechten und dem Europäischen Gerichtshof vorsetzen, aber wie soll dieser zu einem Urteil zugunsten des ESM-Mitglieds kommen, wenn er nicht mal Zugriff auf die Unterlagen des ESM hat?

Daher nochmal meine Frage:
Wie stellt man sich vor, eine solch mächtige Einrichtung unter Kontrolle zu halten?

Nur mal ein mögliches Szenario:
Nachdem der GR das Stammkapital beliebig erhöhen kann (er entscheidet ja selbst über die Angemessenheit der Höhe) und die ESM-Mitglieder auf jeden Fall die erhöhten Beiträge zu zahlen haben, könnte ESM nun anfangen, hauptsächlich in die eigene Tasche zu wirtschaften.

Vielen Dank für eine Antwort.

Mit freundlichen Grüßen,
Herr Höger

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Höger,

Sie sind besorgt, dass der Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) nur sehr schwierig zu kontrollieren ist. Hierfür habe ich Verständnis, teile Ihre Sorge aber aus den folgenden Gründen nicht:

Die wesentlichen Entscheidungen, insbesondere über die Gewährung einer Finanzhilfe, werden durch die Finanzminister der Eurozone bzw. deren Stellvertreter getroffen, und zwar grundsätzlich einstimmig. Der deutsche Vertreter in den Entscheidungsgremien der EFSF und des künftigen ESM ist dabei nach Maßgabe innerstaatlicher Gesetze an parlamentarische Entscheidungen gebunden und übt sein Stimmrecht entsprechend aus.

Das Mitglied des Gouverneursrats ist nach Artikel 5 Absatz 1 ESM-Vertrag (ESMV) ein Regierungsmitglied des jeweiligen ESM-Mitglieds mit Zuständigkeit für Finanzen. Bei dem Direktoriumsmitglied soll es sich nach Artikel 6 Absatz 1 um eine Person mit großem Sachverstand im Bereich der Wirtschaft und Finanzen handeln. Sowohl für den Gouverneursrat als auch für das Direktorium ist darüber hinaus jeweils ein stellvertretendes Mitglied zu benennen, das bei Abwesenheit des Gouverneurs/Direktors bevollmächtigt ist, in dessen Namen zu handeln.

Mitglied des ESM-Gouverneursrates ist der Bundesfinanzminister und Direktoriumsmitglied der zuständige Staatssekretär.

Aufgrund deren beider hoher Expertise bin ich zuversichtlich, dass die Entscheidungen des ESM mit sehr viel Augenmaß erfolgen.

Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Koschyk