Frage an Hartmut Koschyk von Paul M. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Koschyk,
Wie sie sicherlich wissen sind viele Kommunen in Oberfranken finanziell längst am Ende. Am 27.2.2012 haben sie dem zweiten Rettungspaket für Griechenland zugestimmt. Nun frage ich Sie wann Sie sich um die Finanznot Ihrer eigenen Wähler kümmern?
Paul Malzner
Sehr geehrter Herr Malzner,
gerne gebe ich Ihnen Auskunft zur Politik der Bundesregierung im Hinblick auf die angeschlagenen Kommunalfinanzen.
Die von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble eingesetzte Gemeindefinanzkommission hat im Einvernehmen mit den Bundesländern und allen drei kommunalen Spitzenverbänden eine umfangreiche Arbeitsliste erstellt. Am wichtigsten ist die schrittweise Kostenübernahme der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (SGB XII). Allein bis 2015 entlastet so der Bund die Kommunen um 12,2 Milliarden Euro. Von der Entlastung bei den Ausgaben für die Altersgrundsicherung profitieren verstärkt diejenigen Kommunen, die unter besonders drängenden Finanzproblemen leiden.
Die jetzt beginnende Kostenübernahme der Altersgrundsicherung durch den Bund reiht sich ein in die strikt kommunalfreundlichen Wegmarken dieser Legislaturperiode. Seit 2009 hat die Bundesregierung für die Kommunen durchgesetzt, dass
- sie die wichtigen Investitionen des Konjunkturprogramms II rechtssicher umsetzen können,
- sie vom Wachstums- und Arbeitsmarktimpuls seit 2010 profitieren,
- mit der Hartz-IV-Organisationsreform das Prinzip der Hilfe aus einer Hand in eine verfassungsfeste Form überführt wurde,
- sich noch mehr Kreise und Städte auf eigenen Wunsch hin selbstständig um Langzeitarbeitslose kümmern können,
- der Ausbau der Kinderbetreuung und die frühkindliche Sprachförderung mit zusätzlichen Bundesmitteln massiv unterstützt wird,
- der neu geschaffene Bundesfreiwilligendienst um die kommunalrelevanten Einsatzbereiche Sport, Integration, Kultur, Bildung und Katastrophenschutz erweitert wurde,
- der Bund seit 2005 insgesamt mehr als eine Milliarde Euro in Integrationskurse investierte und die laufenden Ausgaben dafür jüngst auf 224 Millionen Euro erhöhte,
- das Bildungspaket bei voller Kostenerstattung durch den Bund in kommunale Zuständigkeit überführt wurde,
- sich der Bund an den Hartz-IV-Unterkunftskosten mit einer festen Quote der tatsächlichen Kosten beteiligt.
Obwohl die angemessene Finanzausstattung der Kommunen nach der Finanzverfassung eigentlich in die Zuständigkeit der Länder fällt, stärkt der Bund die Handlungsspielräume der Kommunen und damit der Bevölkerung vor Ort - wo immer er kann. Aus kommunalpolitischer Sicht ist deshalb anzuerkennen, dass die Bundesregierung einen politischen Paradigmenwechsel einleitete.
Dies zeigt sich auch bei der im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung aktuell vorbereiteten Änderung der Geschäftsordnung des Bundestages. Nach der bereits erfolgten Stärkung der Rechte der kommunalen Spitzenverbände in der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien, wird damit ein weiteres Ergebnis der von Bundesminister Schäuble geleiteten Gemeindefinanzkommission umgesetzt. Konkret wird die bisherige „Soll-Regelung“ in eine „Muss-Regelung“ umgewandelt. Danach ist künftig bei Beratungen von Vorlagen, durch die wesentliche Belange von Gemeinden und Gemeindeverbänden berührt werden, den kommunalen Spitzenverbänden vor der Beschlussfassung zwingend Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Darüber hinaus soll durch eine Ergänzung sichergestellt werden, dass bei einer öffentlichen Anhörung in diesen Fällen den kommunalen Spitzenverbänden Gelegenheit zur Teilnahme gegeben wird, ohne Anrechnung auf die Fraktionskontingente bei den Sachverständigen. Auch dies ist für die kommunale Ebene ein großer Erfolg und entspricht langjährigen Forderungen. Bemerkenswert ist übrigens, dass lediglich der Bundesrat den Empfehlungen der Gemeindefinanzkommission zur Privilegierung der kommunalen Spitzenverbände nicht zu folgen bereit ist.
Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Koschyk