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Hartmut Koschyk
CSU
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Frage von Thomas W. •

Frage an Hartmut Koschyk von Thomas W. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Koschyk,
ich lebe im Süden Ihres Wahlkreises, bin 30 Jahre alt und beruflich als angestellter Unternehmensberater im Bereich der Informationstechnologie tätig.

Für meine persönliche Lebensplanung stehe ich in diesem Jahr vor sehr weitreichenden Entscheidungen, unter anderem ob ich mich selbständig machen werde (Rückzug aus der Solidargemeinschaft der gesetzlichen RV) oder ob ich meinen Lebensmittelpunkt komplett in die Schweiz verlagern werde (ich bin aktuell in der Schweiz für einen Kunden tätig).

Politik und Medien beklagen sich derzeit über die angespannte finanzielle Situation des Bundes, der Länder und Kommunen.
In meinen Augen stehen ausreichend finanzielle Mittel durch Steuereinnahmen zur Verfügung, die Regierung ist nur nicht in der Lage damit angemessen zu wirtschaften.
Mit dieser Aussage nehme ich keine der an einer Regierung der letzten 20 Jahre beteiligten Parteien aus.
Einige wenige Stichpunkte hierzu:

- Übermäßige Versorgung der politischen Mandatsträger nach deren Ausscheiden aus der Politik wie oben bereits durch Herrn Pfeiffer angemerkt.
- Finanzierung und Versorgung der kirchlichen Würdenträger in einem säkularen Staat!
- Künstliches Stützen und Finanzieren der Banken
- Perversität einer Abwrackprämie

Im Allgemeinen bemerke ich in unserer Politik sehr viel blinden Aktionismus um Probleme nur zeitlich zu verschieben oder bestimmte Lobbygruppen zu befriedigen.

Welche Pläne haben sie grob für die nächsten Jahre für unser Land und wo sehen Sie persönlich den größten Handlungsbedarf?
Sehen Sie in den von mir oben genannten Punkten generell Handlungsbedarf,
ganz speziell in der Finanzierung der kirchlichen Würdenträger?

Herr Koschyk, ich wünsche mir von Ihnen einige Aussagen und Gründe, warum ich in unserem Land weiterhin meine Steuern bezahlen, eine Familie gründen und dieses System unterstützen sollte.

Vielen Dank für Ihre Mühe, ein erfolgreiches Jahr 2010
und mit besten Grüßen aus Zürich!

Thomas Wirth

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Wirth,

ihre Ansicht, dass die Bundesregierung nicht in der Lage ist, mit den finanziellen Mitteln durch Steuereinnahmen „angemessen zu wirtschaften“, kann ich nicht teilen. Als Beispiele nennen Sie die Altersentschädigung von Abgeordneten, staatliche finanzielle Zuwendungen für die Kirchen, staatliche finanzielle Hilfen für Banken im Zuge der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise und die sogenannte Abwrackprämie für Altfahrzeuge. Erlauben Sie mir, im Folgenden auf die von Ihnen aufgeführten Beispiele näher einzugehen.

In der letzten Legislaturperiode wurde über die Altersentschädigung von Abgeordneten beraten. Bisher bekam ein Parlamentarier nach acht Jahren 24 Prozent der Diäten als Altersversorgung. Nun sind es nur noch 20 Prozent. Für den Höchstsatz der Altersentschädigung von 67,5 % der Diäten muss ein Abgeordneter mindestens 27 Jahre statt zuvor 23 Jahre Parlamentsmitglied gewesen sein. Wie Sie sehen, gilt auch für Abgeordnete die "Rente mit 67". Des Weiteren gebe ich zu bedenken, dass es wichtig für unsere Demokratie ist, dass Abgeordnete aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen im Bundestag vertreten sind. Dabei ist es für viele Abgeordnete mit erheblichen Schwierigkeiten und auch existenziellen Risiken verbunden, nach 8-jähriger Unterbrechung sicherzustellen, im erlernten Beruf erneut Fuß zu fassen. Die Altersentschädigung für Abgeordnete wird in diesem Zusammenhang den in Artikel 48 Absatz 3 GG garantierten Anspruch auf eine angemessene, ihre Unabhängigkeit sichernde Entschädigung gerecht. Die gewählten Abgeordneten der Bundesrepublik Deutschland sollen keinen theoretisch denkbaren Schaden erleiden, weil sie, anstatt auf dem freien Arbeitsmarkt an die eigene berufliche Zukunft zu denken, sich für die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land eingesetzt haben.

Im Hinblick auf die von Ihnen kritisierte Finanzierung und Versorgung von „kirchlichen Würdenträgern in einem säkularen Staat“ möchte ich entschieden darauf hinweisen, dass die Kirchen einen unschätzbaren existenziellen Beitrag dazu leisten, das hohe Niveau der caritativen Arbeit in Deutschland zu gewährleisten. Dabei stehen die caritativen Dienste der kirchlichen Einrichtungen auch Bedürftigen anderen Glaubens oder Atheisten zur Verfügung. Die von Ihnen angesprochene „Finanzierung und Versorgung von kirchlichen Würdenträgern“ - beispielsweise in Form der Kirchensteuer - sollte meines Erachtens aber nicht nur als ein Zeichen der Zugehörigkeit zur christlichen Religionsgemeinschaft, sondern auch als ein Beitrag für unsere abendländische, auf dem Christentum gründende Solidargemeinschaft angesehen werden. Eine alle Bürger verpflichtende Sozialsteuer, die die Kirchensteuer ablöst, lehne ich in diesem Zusammenhang hingegen übrigens ab, da diese meiner Ansicht nach mit der negativen Religionsfreiheit in Deutschland keinesfalls zu vereinbaren wäre. Wer keiner Religionsgemeinschaft angehört, kann auch zu keiner Ersatzzahlung an andere soziale Einrichtungen gezwungen werden und das Bundesverfassungsgericht würde wohl einer Klage gegen die Zahlung einer solchen Sozialleistung entsprechen.

Des Weiteren möchte ich Sie darauf hinweisen, dass die in der vorangegangenen Legislaturperiode beschrittene Politik der Stabilisierung des Banken- und Finanzsystems einem inneren Dreiklang folgte: es galt, die Banken zu stabilisieren, dabei die Interessen der Steuerzahler zu wahren, deren Belastung zu minimieren und dadurch einen substanziellen Beitrag zur Wiedergewinnung wirtschaftlichen Wachstums zu leisten. Diese Politik stellte für Deutschland die richtigen Weichen: Keine Bank in Deutschland wurde in eine ungeordnete Abwicklung gezwungen und damit ein Bankensterben verhindert. Auch der Interbankenmarkt ist wieder in Gang gekommen. Mit dem Gesetz zur Fortentwicklung der Finanzmarktstabilisierung („Beiboot“) wurden in der letzen Legislaturperiode wesentliche Bedingungen für die mögliche Inanspruchnahme von Garantien und Steuermitteln verändert. Die Unionsfraktion unterstützte diese Beiboot-Lösung, nach der Bilanzrisiken ausgelagert werden können und damit den Banken Hilfe zur Selbsthilfe geleistet wird. Es war oberste Pflicht der unionsgeführten Bundesregierung, die Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise auf unser Land abzufedern und Schaden von unserem Land abzuwenden. Erlauben Sie mir in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass die Erfahrungen zeigen, dass sich die von Ihnen kritisierte Abwrackprämie als stabilisierendes Element für die Automobilwirtschaft erwiesen hat. Die Abwrackprämie hat als Teil des Konjunkturpakets II geholfen, den Absatz gerade kleiner und preisgünstiger Fahrzeuge in Deutschland trotz der Wirtschaftskrise massiv anzukurbeln und damit auch Arbeitsplätze in unserem Land zu sichern.

Sehr geehrter Herr Wirth, die Folgen der schwersten Finanz- und Wirtschaftskrise seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland sind noch nicht überwunden. Seien Sie versichert, dass sich die neue bürgerlicher Koalition aus CSU/CDU und FDP Ihrer Verantwortung für die zukünftigen Generationen bewusst und insbesondere die Steuer- und Haushaltspolitik von herausragender Bedeutung für die Unionsparteien ist. In dieser sehr ernsten und beispiellosen wirtschaftlichen Gesamtsituation gilt es, den Einbruch des wirtschaftlichen Wachstums so schnell wie möglich zu überwinden und neue Impulse für einen stabilen und dynamischen Aufschwung zu setzen. Nur durch nachhaltiges Wachstum können die Folgen der Krise überwunden werden. Eine Steuerpolitik, die sich in diesem Sinne als Wachstumspolitik versteht, schafft Vertrauen und Zuversicht und stärkt durch wirksame und zielgerichtete steuerliche Entlastungen die produktiven Kräfte unserer Gesellschaft. Mit dem Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums, dem sogenannten Wachstumsbeschleunigungsgesetz, hat die neue bürgerliche Bundesregierung bereits ihre Fähigkeit bewiesen, die Folgen der internationalen Wirtschafts- und Finanzkrise nachhaltig abzufedern: Es wird ein wichtiger Impuls für einen dynamischen und stabilen wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland gesetzt.

Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Koschyk MdB