Frage an Hartmut Koschyk von Markus G. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Koschyk,
Demnächst soll über das SWIFT-Abkommen abgestimmt werden:
http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesrat-warnt-vor-Wirtschaftsspionage-durch-SWIFT-Abkommen-871574.html
Fälle wie die Wirtschaftsspionage bei Enercon im Jahr 1994/1995, machen Mittelständler vorsichtig, wenn es solche Themen geht.
Wie stehen Sie zu diesem Thema?
Wenn diese Server in Amerika stehen, sind die USA dann nicht in der Lage Europäer vom Zugriff auf Ihre eigenen Daten abzuhalten?
Wie wollen Sie heimische Unternehmen vor solchen Gefahren schützen?
Sehen Sie eine Alternative darin, den USA auf Antrag Zugriff auf Server in Europa zu geben?
mfg
Markus Galler
Sehr geehrter Herr Galler,
ab Anfang 2010 verlagert SWIFT einen Teil seiner Rechner. Auf Servern in den USA werden dann nur noch Daten mit US-Bezug verarbeitet, Daten mit EU-Bezug dagegen auf einem Server in den Niederlanden. Drittstaaten wurde frei gestellt, auf welchem Server sie betreffende Überweisungen bearbeitet werden sollen. Belgien und die Niederlande haben darauf gedrängt, in einer für Europa einheitlichen Rechtsgrundlage zu klären, welche Behörden unter welchen Voraussetzungen künftig auf diese Daten zugreifen können.
Die Verhandlungen über eine solche dauerhafte Rechtsgrundlage sind nicht abgeschlossen. Im Rat Innen und Justiz der EU wurde am 30.11.2009 ein vorläufiges Abkommen zur Abstimmung gestellt. Ohne ein solches spezielles Abkommen würden allgemeine Rechtshilfeabkommen gelten, die keine Einschränkung für die Verwendung übermittelter Daten vorsehen.
Solch wichtige Fragen der Inneren Sicherheit und des Schutzes persönlicher Daten sollten nicht ohne parlamentarische Beratung entschieden werden. Auch das Europäische Parlament hat dagegen protestiert, dass der Ministerrat das vorläufige Abkommen am 30.11.2009 auf seine Tagesordnung gesetzt hat: Denn bis zum 30.11.2009 hatte das Europäische Parlament nach dem Vertrag von Nizza kein Recht zur Mitentscheidung in solchen Fragen. Seit dem 01.12.2009 aber ist der Vertrag von Lissabon in Kraft, künftig muss ein solches Abkommen dem Europäischen Parlament zur Zustimmung vorgelegt werden. Das Europäische Parlament wird sicher bei der Entscheidung über das endgültige Abkommen auf einen wirksameren Schutz persönlicher Daten drängen. Der im Koalitionsvertrag geforderte Ratifizierungs-vorbehalt soll auch die Beteiligung des Bundestages sicherstellen.
Trotz dieser Bedenken hat sich der Bundesinnenminister im Ministerrat am 30.11.2009 der Stimme enthalten – wie auch die Regierungen Österreichs, Ungarns und Griechenlands – und so das vorläufige Abkommen passieren lassen, obwohl in dieser Abstimmung noch jede Nein-Stimme das vorläufige Abkommen hätte scheitern lassen. Ein rechtsfreier Zustand allerdings hätte den Schutz persönlicher Daten noch weniger gewährleisten können als dieses Abkommen. Im Schlussspurt der Verhandlungen über das vorläufige Abkommen wurden – nicht zuletzt durch das Drängen aus Deutschland – noch wichtige Verbesserungen erreicht. So hat das vorläufige Abkommen eine Laufzeit von nur neun Monaten, Daten zu Überweisungen im „einheitlichen Zahlungsraum für Euro-Zahlungen“ (SEPA – Daten) sind von den Zugriffsrechten der USA ausgenommen und die Übermittlung von Daten an US-Behörden setzt voraus, dass eine Anfrage zu einer konkreten Person gestellt ist, gegen die ein Terrorismusverdacht besteht.
Nun gilt es, den weiteren Fortgang der Verhandlungen sorgfältig zu beobachten. Der Koalitionsvertrag ist eindeutig: „Bei den Verhandlungen zum SWIFT-Abkommen werden wir uns für ein hohes Datenschutzniveau (strikte Zweckbindung, Löschung der Daten, klare Regelungen bezüglich Weitergabe an Drittstaaten) und einen effektiven Rechtsschutz einsetzen. Ein automatisierter Zugriff auf SWIFT von außen ist auszuschließen. Die Übermittlung der Daten wird an Tatbestandsvoraussetzungen geknüpft und aufgrund einer Bedrohungs- und Gefährdungsanalyse eingegrenzt. Die Menge der zu übermittelnden Daten ist möglichst gering zu halten. Das Abkommen ist unter Ratifizierungsvorbehalt zu stellen.“ Es gilt darauf zu drängen, diese Verpflichtungen auch einzulösen.
Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Koschyk MdB