Frage an Hartmut Koschyk von Florian H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Koschyk,
auch ich habe eine Frage zur geplanten Novelle des Telemediengesetzes. Auch wenn die verfolgte Intention der Bekämpfung von Kinderpornographie sicherlich nicht zu kritisieren ist, sehe ich im konkreten Vorgehen erhebliche rechtsstaatliche Probleme. Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass das Bundeskriminalamt eine Liste mit kinderpornographischen Internetseiten erstellt, die zu blockieren sind.
1. Wie ist es Ihrer Meinung nach mit rechtsstaatlichen Prinzipien zu vereinbaren, dass eine Polizeibehörde ohne richterliche Kontrolle eine geheime Sperrliste zusammenstellt? Wo bleiben an dieser Stelle die bewährten Grundsätze der Gewaltenteilung und öffentlichen Kontrolle hoheitlichen Handelns?
2. Wie soll unter diesen Voraussetzungen mangelnder Kontrolle verhindert werden, dass, wie in anderen Ländern, auch Internetseiten auf der Sperrliste landen, die keine kinderpornographischen Darstellungen beinhalten?
Mit freundlichen Grüßen,
Florian Huber
Sehr geehrter Herr Huber,
das geplante Gesetz zielt darauf ab, den Zugang von Deutschland aus auf kinderpornographische Seiten zu erschweren. Dazu wird eine gesetzliche Verpflichtung der Zugangsvermittler zur Sperrung gelisteter kinderpornographischer Webseiten sowie zur Umleitung auf eine Stoppmeldung geregelt. Zu diesem Zweck soll das Bundeskriminalamt den betroffenen Anbietern im Rahmen seiner Zentralstellenfunktion eine Liste von zu sperrenden kinderpornographischen Inhalten zur Verfügung stellen. Das Bundeskriminalamt verfügt über hervorragend ausgebildete Mitarbeiter und ist meines Erachtens in der Lage zu beurteilen, ob es sich bei der Darstellung auf einer Internetseite um Kinderpornographie handelt oder nicht. Selbstverständlich steht es jedem Betreiber einer Internetseite, die auf Grund ihres kinderpornograhischen Inhalts gesperrt wurde, frei, Rechtsmittel einzulegen, falls man die Auffassung vertritt, dass es sich bei den angebotenen Inhalten im Internet nicht um Kinderpornographie handelt. Das BKA ist eine nachgeordnete Behörde des Bundesinnenministeriums und arbeitet mit einem fest umrissenen rechtlichen Auftrag, der im Grundgesetz und im „BKA-Gesetz“ beschrieben ist. Die Sorge, dass das Bundeskriminalamt den Inhalt von Internetseiten fälschlicherweise als Kinderpornographie einstuft, kann ich nicht teilen.
Die polizeiliche Kriminalstatistik verzeichnet bei der Besitzverschaffung von Kinderpornographie über das Internet von 2006 auf 2007 einen Zuwachs von 111 Prozent. Sperrungen werden seit vielen Jahren in Ländern wie Norwegen, Dänemark, Schweden, Finnland, den Niederlanden, Italien, oder der Schweiz durchgeführt. Erfahrungen in diesen Staaten zeigen, dass täglich zehntausende von Zugriffen auf kinderpornographische Angebote verhindert werden können. Ich bin überzeugt, dass mit dem geplanten Gesetz, der massiven Verbreitung solcher menschenverachtender Inhalte entgegengewirkt werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Koschyk