Frage an Harald Terpe von Sebastian B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Terpe,
Afrika findet in der Öffentlichkeit fast weniger statt als die Antarktis. Lediglich wenn neue Ölvorkommen vor Afrikas Westküste gefunden werden, Hungersnöte das Leben der Menschen bedrohen oder erneut ein Bürgerkrieg losbricht rückt dieser Kontinent in unseren Fokus.
Was würden Sie (und die Grünen) tun, damit es den Menschen auf dem vergessenen Kontinent besser geht, würden Sie gewählt?
Ich weiß Ihre Antwort zu schätzen.
Mit freundlichem Gruße
Sebastian Buchmann
Sehr geehrter Herr Buchmann,
ich freue mich, daß Sie in diesen Zeiten, in denen fast ausschließlich über Steuersätze, Abschreibungstatbestände und Benzinpreise geredet wird, den Blick über den eigenen Tellerrand nicht vergessen.
Dabei ist Afrika die Nagelprobe, ob die Industrieländer wirklich zu einer gerechten Gestaltung der Globalisierung bereit sind. Schließlich ist Afrika jener Kontinent, in dem die Herausforderungen für eine erfolgreiche Armutsbekämpfung am größten sind.
Wir haben uns in der vergangen Legislaturperiode besonders für die Entwicklung Afrikas eingesetzt, neue Formen der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit reformbereiten Entwicklungsländern auf den Weg gebracht und den Kampf gegen HIV/Aids unterstützt.
Aber wir müssen den eingeschlagenen Weg fortsetzen. Dies heißt konkret:
Im Hinblick auf die Welthandelsorganisation stehen wir GRÜNE dafür, den Entwicklungsländern fairen Zugang zu unseren Märkten zu gewähren, die Agrarwende international voranzutreiben, unfaire (Export-)Subventionen der Industrieländer zu beenden und auf Schutzinteressen Schwächerer Rücksicht zu nehmen.
Dies ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass Entwicklungsländer die Chance erhalten, aus eigener Kraft ihren Wohlstand zu mehren.
Wir GRÜNE unterstützen die Förderung von sozialen und ökologischen Mindeststandards. Unser Ziel ist es, mittel- und langfristig solche Standards in der Welthandelsorganisation zu verankern. Den Handel mit "Fairen Produkten" wollen wir aktiv stärken. Deshalb wollen wir darauf hinwirken, dass in der deutschen Verwaltung bevorzugt fair gehandelte Produkte eingesetzt werden.
Wir wollen Ernährungssicherheit und das Menschenrecht auf Ernährung in den internationalen Verhandlungen ebenso sicherstellen wie den Zugang zu sauberem Wasser, zu lebensnotwendigen Medikamenten, zu Verhütungsmitteln und zu Saatgut. Die Millenniumsziele haben sich vor allem in der Politik von IWF und Weltbank noch nicht hinreichend niedergeschlagen. Das muss sich ändern. Entwicklungsländer brauchen Handlungsspielräume.
Weder die Industriestaaten noch die Entwicklungsländer und ihre Regierungen sind dabei aus der Verantwortung zu entlassen. Gutes Regieren (good governance) und die Bekämpfung der Korruption sind zentrale Voraussetzungen für erfolgreiche Entwicklung und sollten bei weiterem Schuldenerlass berücksichtigt werden. Die zur Korruptionsbekämpfung erforderliche Transparenz ist eine Forderung nicht nur an die Entwicklungsländer, sondern auch an die dort operierenden internationalen Konzerne. Ohne die Einbeziehung der Geschlechterperspektive und ohne die Durchsetzung von Frauenrechten lassen sich Demokratie und Entwicklung nicht verwirklichen. Deswegen wollen wir diese Perspektive konsequent auf europäischer und internationaler Ebene stärken.
Das G8-Ergebnis zum Thema Schuldenerlass geht aus meiner Sicht in die richtige Richtung, darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass sich die internationale Gemeinschaft intensiver mit den Ursachen der Schuldenkrise beschäftigen und auch die Einführung eines Insolvenzrechts für Staaten wieder auf die Tagesordnung nehmen muss. Bei den Themen Agrarsubventionen und Klimaschutz sind die G8-Führer eher vage geblieben: Doch für die Zukunft Afrikas und der Entwicklungsländer anderer Kontinente ist die Frage, ob die Agrarsubventionen der reichen Nationen abgeschafft und die Klimaveränderung gestoppt werden können, existentiell.
Im Jahr 2000 haben einige afrikanische Staaten die "Neue Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas (NEPAD)" auf den Weg gebracht. Heute sind die ersten Ergebnisse erkennbar: Eine zunehmende Anzahl afrikanischer Länder akzeptiert zivilgesellschaftliche demokratische Selbstkontrolle und macht Schritte in Richtung "good governance", Korruptionsbekämpfung und Stärkung der Frauenrechte. Wir setzen auf den Dialog auf gleicher Augenhöhe und auf eine Politik, die unseren reformorientierten Partnern mit Respekt begegnet.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Harald Terpe