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Harald Leibrecht
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Frage von Hermann S. •

Frage an Harald Leibrecht von Hermann S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Leibrecht,

Die Zwangsmitgliedschaft zu den Industrie- und Handelskammern ist seit vielen Jahren (eigentlich schon seit Inkrafttreten des Gesetzes) höchst umstritten. Unzählige Umfragen der letzten zwölf Jahre beweisen, dass 80 bis 98 Prozent der Gewerbetreibenden (das sind bis zu 3,5 Mio Unternehmer) diese Zwangsmitgliedschaft ablehnen. Welche Meinung hat der Abgeordnete Harald Leibrecht zur Zwangsmitgliedschaft?

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Schrecker,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 3. April 2008. Gern möchte ich Ihnen meine Meinung zur Frage der Zwangsmitgliedschaft in den Industrie- und Handelskammern darlegen, welche sich voll und ganz mit der Argumentation der FDP-Fraktion deckt.

Die Diskussion um die Pflichtmitgliedschaft bei den Industrie- und Handelskammern ist ein Dauerbrenner. Seitdem es die Pflichtmitgliedschaft gibt, regt sich Widerstand dagegen. Besondere Widerstandswellen sind immer dann zu beobachten, wenn sich der Eindruck verstärkt, dass die Dienste der Kammern einem selbst nicht zu Gute kommen oder schlimmer, gar nicht ersichtlich wird, welche Dienste die Kammern überhaupt erbringen. Weiterhin scheint der Kontakt zu und die Kommunikation mit den Mitgliedern von Kammerbezirk zu Kammerbezirk durchaus unterschiedlich ausgeprägt zu sein. Für die FDP steht zudem fest: Die Kammern müssen sich vielfach grundlegend reformieren. Sie dürfen nicht mehr auf Feldern tätig sein, wo ein ausreichendes Angebot von Seiten privater Dienstleister zur Verfügung steht. Ebenso muss die Doppelarbeit zwischen Kammern und Behörden deutlich vermindert werden. Zeitraubende bürokratische Querverbindungen sind in Zukunft zu vermeiden. Insofern bleibt das gesamte deutsche Kammerwesen auf einem permanenten Reformprüfstand.

Allerdings kann die Selbstverwaltung der Wirtschaft derzeit nur im Rahmen einer Pflichtmitgliedschaft funktionieren. Sonst müssten Aufgaben, die den Kammern durch Gesetz und Verordnung zugewiesen sind, letztlich von der Staatsbürokratie erfüllt werden. Der Staat müsste aus öffentlichen Mitteln ein umfangreiches Leistungsspektrum bereit halten: die Betreuung von 850.000 Auszubildenden, die Abnahme von jährlich 290.000 Zwischenprüfungen und 330.00 Abschlussprüfungen, die öffentliche Bestellung und Betreuung von etwa 7000 Sachverständigen und die Beantwortung von rund 110.000 Anfragen von Gerichten, Unternehmen und Privatpersonen nach geeigneten Sachverständigen, die Ausstellung von jährlich etwa 1,2 Millionen Exportdokumenten sowie die ca. 350.000 Existenzgründungsberatungen, die zurzeit von den Industrie- und Handelskammern durchweg kostenlos erbracht werden. Daneben wäre fraglich, was mit den Einigungsstellen für Wettbewerbsstreitigkeiten bei den Kammern passieren würde. Dort werden immerhin 1.800 Fälle jährlich verhandelt und mit einer Erfolgsquote von rund 50 Prozent abgeschlossen. Auch gutachterliche Stellungnahmen zu Förderanträgen, zur Eintragungsfähigkeit im Handelsregister oder zur Bauleitplanung müssten anders organisiert werden.

Nach Einschätzung der FDP ist die staatliche Bereitstellung all dieser Leistungen keine Alternative. Vermutlich würden die gesamtwirtschaftlichen Kosten für diese Leistungsbereitstellung steigen. Insofern hält die FDP – unabhängig von der Notwendigkeit die Kammertätigkeiten auch kritisch zu begleiten – die Pflichtmitgliedschaft für nach wie vor erforderlich und sachgerecht.

Mit freundlichen Grüßen

Harald Leibrecht
Mitglied des Deutschen Bundestags