Frage an Harald Leibrecht von Christoph S. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Leibrecht,
als umweltpolitisch engagierter Diplom-Agraringenieur und Vater von 3 Kindern beunruhigt mich die zunehmende Verwendung von Glyphosat in Deutschland und weltweit.
Deswegen interessiert mich Ihre Meinung dazu und wie Sie am 15. Dezember bei der u.g. Abstimmung abstimmen werden. (Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode– 3 – Drucksache 17/7982). (Ich kann leider nur Auszüge hier weiter unten zitieren)
MFG
C. Schulz
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. eine umfassende und umgehende Neubewertung der Toxizität und Risiken von Glyphosat unter Einbeziehung und kritischer Evaluation aller vorliegen- den Studien durch entsprechende Anweisung an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vorzunehmen und damit der Verantwortung Deutschlands in seiner Rolle als EU-Berichterstatter für Glyphosat gerecht zu werden. Dafür müssen neben toxikologischen Erkenntnissen auch Studien zu Glyphosat mit den Schwerpunkten Embryologie, Onkologie, Agrarökologie, Gewässer- und Bodenökologie ausgewertet und angemessen in der Beurteilung berücksichtigt werden. Zulassungen für Pflanzenschutzmittel dürfen zukünftig nur noch erfolgen, wenn durch ent- sprechende (Multi-)Nachweismethoden für Pestizidrückstände, Abbauprodukte und ggf. Beistoffe überwacht werden können;
2. sich gemäß dem Vorsorgeprinzip auf EU-Ebene für eine Aufhebung der Wirkstoffzulassung von Glyphosat bis zum Abschluss der Neubewertung einzusetzen (Streichung aus Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG);
3. das BVL anzuweisen, die Zulassung für Pflanzenschutzmittel, die noch POE-Tallowamine enthalten, auszusetzen;
4. sich auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass eine Zulassungsverlängerung des Herbizidwirkstoffes Glyphosat ausschließlich auf Basis der Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 erfolgt. Um dies sicherzustellen, muss die Bundesregierung von der EU-Kommission die rechtzeitige Vorlage (bis spätestens April 2012) der konkreten Vorgaben aus der Verordnung
Sehr geehrter Herr Schulz,
ich habe an der von Ihnen genannten Abstimmung nicht persönlich teilgenommen, da es sich nicht um mein Fachgebiet handelt. Allerdings hat die FDP-Bundestagsfraktion den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „Vorsorgeprinzip anwenden – Zulassung des Pestizidwirkstoffs Glyphosat aussetzen und Neubewertung vornehmen“ abgelehnt. Gerne erläutere ich Ihnen, warum.
Der Antrag beruht nicht auf wissenschaftlich fundierten Fakten. Der wissenschaftliche Konsens ist, dass Glyphosat bei ordnungsgemäßer Anwendung keine Gesundheitsrisiken birgt. Bei sachgerechter Anwendung gilt Glyphosat verglichen mit anderen Herbiziden als wenig umweltbelastend; es ist biologisch abbaubar und für Menschen nicht toxisch. Es gibt umfangreiche epidemiologische Studien und Fallkontrollstudien aus Regionen, in denen Glyphosat in großem Umfang und seit vielen Jahren angewendet wird. Dort wurden keine erhöhten Krankheitsraten gegenüber Kontrollgebieten festgestellt.
Alle Pflanzenschutzmittel werden vor ihrer Zulassung umfassend geprüft. Die Prüfung berücksichtigt mögliche Auswirkungen auf die menschliche und tierische Gesundheit wie auch die Natur. Nur Pflanzenschutzmittel, die höchsten Kriterien genügen, werden in Deutschland und der EU zugelassen. Dabei ist eine Beteiligung vonseiten des Umwelt- und Naturschutzes durch das Umweltbundesamt sichergestellt. Alle Zulassungen für Wirkstoffe sind zeitlich befristet und müssen unter Vorlage der neuesten wissenschaftlichen Daten erneut bewertet werden. Ebenso sind die Zulassungsbehörden verpflichtet, Meldungen über Schäden nachzugehen.
Der im Antrag der Grünen zitierte argentinische Mediziner Prof. Dr. Andrés Carrasco hat in Tierversuchen Mäusen große Dosen des Wirkstoffs Glyphosat gespritzt und negative Wirkungen bei Mäusen festgestellt. Der Erkenntnisgewinn solcher Tierversuche ist gering, denn Pflanzenschutzmittel werden auf dem Feld zur Unkrautvernichtung angewandt. Solche Versuche sind für die Praxis nicht relevant und daher aus Tierschutzgründen höchst bedenklich. Prof. Carrasco hat darüber hinaus ein von BUND angeregtes Berichterstattergespräch mit Mitgliedern des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft und Vertretern des Bundesinstituts für Risikobewertung und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit im Herbst 2011 kurzfristig abgesagt. Dies lässt darauf schließen, dass er sich einer fachlichen Diskussion seiner Ergebnisse mit Behördenexperten nicht stellen wollte.
Das Problem mit den als Benetzungsmittel in bestimmten Formulierungen der Herbizide verwendeten sogenannten POE-Tallowaminen ist bekannt. Hier haben Untersuchungen von Behörden und Wissenschaftlern gezeigt, dass eine besondere Schadwirkung eintreten kann. Das zuständige Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz (BVL) hat die Hersteller deswegen bereits angewiesen alternative Formulierungen zu entwickeln. Darüber hinaus wurden die Gewässerabstände vergrößert, um schädliche Auswirkungen auf die Natur zu minimieren. Das BVL hat zudem Anfang Dezember 2011 einige Mittel verboten und der ehemalige Patentinhaber Monsanto hat beim BVL POE-Tallowamin-freie Formulierungen zur Zulassung eingereicht. Dies zeigt, dass die Pflanzenschutzmittelzulassungspraxis funktioniert, womit die entsprechende Forderung der Grünen bereits erfüllt ist.
Mit freundlichen Grüßen
Harald Leibrecht MdB