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Harald Leibrecht
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Frage von Serge Olivier N. •

Frage an Harald Leibrecht von Serge Olivier N. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Büdenbender,

ich betrachte mit immer größer werdenden Sorge die Entwicklung der EURO-Krise seit über einem Jahr und habe den Eindruck, dass die Politik und vor allem der Bundestag tatenlos Beschlüsse aus Brüssel zur Lösung der Krise ohne inhaltiche Prüfung durch die dafür vorgesehene parlamentarischen Instanzen des Bundestag durchwinkt.
Warum gibt es aus den Reihen des Bundestags keine Initiative um diesen Wahnsinn aus Brüssel ein Ende zu setzen?

Jeder vernünftig denkende Bürger in Deutschland ist trotz aller Beteuerung der Bundesregierung inzwischen klar, dass die Hilfeleistungen aus unseren Steuergeldern niemals von den Empfängerstaaten zurückgezahlt werden. Die von den Medien gepriesenen Lösungen aus den verschiedenen Gipfeln der EURO-Gruppe sind in Wirklichkeit nur Makulatur und haben wenn überhaupt nur homöopathische Wirkung.

Die Kontrollmechanismen, die das Grundgesetz vorsieht, funktionieren nur noch auf dem Papier.
Ich appelliere deshalb an Ihre politische Verantwortung als MdB für meinen Wahlkreis und fordere Sie dazu auf, eine Initiative zur Schaffung und Einführung in der EURO-Zone von Grundlagen für ein Einheitliches Steuersystem, Einheitliches Rentensystem und Einheitliche Wirtschaftspolitik.
Die EU ist mit dem frommen Wunsch nach einer einheitlichen Aussenpolitik eklatant gescheitert und nun ist diese EU auch drauf und dran das selbe mit unserer Wirtschaft zu schaffen.

Mit freundlichen Grüßen,

Serge Nguedia

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Nguedia,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 25.08.2011. Im Folgenden möchte ich Ihnen meine Position in der Euro-Debatte darlegen.

Lassen Sie mich generell anmerken: Die FDP ist die Partei der Europäischen Integration und der Wirtschaftskompetenz. Wir wollen dazu beitragen, dass die Stabilität im Euro-Raum wiederhergestellt wird, künftige Verschuldungskrisen vermieden werden und somit die europäische Integration gefestigt wird. Dabei darf der Steuerzahler – trotz der Verschuldungskrise – so wenig wie möglich belastet werden.

Entgegen der häufig verwendeten Wortwahl geht es derzeit nicht um eine Krise des Euro. Der Wert unserer gemeinsamen Währung ist ungeachtet der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise sehr stabil. Es handelt sich vielmehr um Finanzierungskrisen in einigen Mitgliedstaaten der Eurozone. Aufgrund der inzwischen verbreitet hohen Schuldenquoten und zum Teil erheblichen Wachstumsprobleme fürchten viele Experten die Gefahr einer „Ansteckung“ anderer Länder der Eurozone. Daher muss die Politik auf europäischer Ebene gemeinsame Lösungen für die betroffenen Länder finden und das Vertrauen der Finanzmärkte insgesamt wiederherstellen.

Die FDP-Bundestagsfraktion, plädiert dafür, dass europäische Solidarität keine Einbahnstraße ist. Wer Hilfe beansprucht, weil er seine strukturellen Hausaufgaben in der Vergangenheit liegen ließ, kann auf europäische Solidarität nur hoffen, wenn er seinerseits Solidarität bei seinem Sanierungsprogramm zeigt. Deshalb haben wir als FDP durchgesetzt, dass vor jedweder Hilfsmaßnahme immer ein zwischen dem Mitgliedstaat und dem IWF, der Kommission und der EZB einvernehmlich ausgehandeltes Sanierungsprogramm stehen muss. Aus meiner Sicht muss aber klar sein, dass es keine fortgesetzte Hilfe für ein Land geben darf, falls sich herausstellen sollte, dass dieses seine Schulden nicht aus eigener Kraft zurückbezahlen kann

Für die FDP-Fraktion ist ferner unabdingbar, dass die Kontrollrechte des Parlaments nicht nur gewahrt, sondern gestärkt werden. Bisher mussten sich die Finanzminister der Eurostaaten bemühen, ein Einvernehmen zu erreichen und konnten letztendlich auch eigenständig entscheiden. Zukünftig soll nach unserer Ansicht gelten, dass ausschließlich nach einem Beschluss des Bundestages eine solche Entscheidung getroffen werden kann. Wenn der Bundestag solche Beschlüsse nicht gefasst hat, sind die Vertreter Deutschlands in den Gremien nicht zuständig oder müssen mit „Nein“ stimmen. Auch eine Enthaltung soll nicht mehr möglich sein. Damit sind die Rechte des Deutschen Bundestages gestärkt. Das ist für die FDP-Fraktion eine durch Beschluss klar untermauerte Position.

Wenn Notenbanken, wie die EZB oder die Bundesbank, Staatsanleihen kaufen, kann man das zwar unerfreulich finden, die FDP wird sich jedoch nicht in die Notenbankpolitik einmischen und damit das bisher bewährte System unabhängiger Notenbanken infrage stellen.

Weil bei aller Sensibilität der Finanzmärkte Risiko und Lasten gerecht verteilt sein müssen, setzt sich die FDP für eine angemessene Beteiligung privater Gläubiger im Falle einer Staatsinsolvenz ein. Einen wirklichen Einstieg in eine freiwillige und gleichwohl substanzielle Beteiligung privater Gläubiger hat der Gipfel des Europäischen Rats vom 21. Juli hervorgebracht. Erst auf Druck der FDP ist es überhaupt zu dieser Gläubigerbeteiligung gekommen.

Generell pocht die FDP-Bundestagsfraktion im Gegensatz zur Opposition auf die bestmögliche Wahrung der Interessen der Steuerzahler in Deutschland. Bei den Maßnahmen zur Stabilisierung der Eurozone finden sich wesentliche, von der FDP immer wieder geforderte, Strukturmerkmale wieder. So haben wir erreicht,

• dass Hilfskredite nur unter strengen Auflagen gewährt werden dürfen,
• dass der IWF mit seiner unabhängigen Expertise und strengen Kriterien beteiligt wird
• und dass Hilfsmaßnahmen nur einstimmig ausgelöst werden dürfen, d.h. dass Deutschland hier ein Vetorecht hat.

Die FDP hat außerdem bisher verhindert, dass Eurobonds beschlossen werden, die eine gesamtschuldnerische Haftung der Staaten der Eurozone für Schulden anderer Eurostaaten vorsehen. Nach unserer Meinung würden Eurobonds den bisherigen Zinsmechanismus außer Kraft setzen und den Druck auf die Haushaltskonsolidierung in den verschuldeten Staaten aufweichen. Dies führt zu Verzerrungen und Ausweichreaktionen, die eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und das Umsetzen von Strukturreformen hinauszögern würde. Dass solche Eurobonds nicht eingeführt wurden, ist ein klarer Erfolg der FDP: Es ist keineswegs selbstverständlich, dass sich ein kleinerer Koalitionspartner in einem von 27 EU-Mitgliedstaaten bei den Verhandlungen auf europäischer Ebene so weit durchsetzen kann.

Die FDP wird sich als Europapartei auch weiterhin mit aller Energie dafür einsetzen, dass die der Verschuldungskrise zugrundeliegenden Probleme gelöst und nicht auf die nächste Generation verschoben werden. Daher setzen wir uns auf europäischer Ebene für eine erhebliche Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes ein. Gemeinsame Konzepte für stabilitätsorientierte Haushalts- und Wirtschaftspolitiken im Euro-Währungsgebiet sind die Grundlage dafür, Verschuldungskrisen einzudämmen und künftig zu vermeiden. Nur so können wir Europa gemeinsam erfolgreich gestalten, die Europäische Integration fortsetzen und verfestigen.

Die FDP wird weiterhin alles in ihrer Macht stehende unternehmen, damit Hilfskredite nur unter strengen Auflagen gewährleistet werden und es auch zukünftig zu keiner Vergemeinschaftung von Schulden kommt.

Mit freundlichen Grüßen,

Harald Leibrecht MdB