Portrait von Harald Leibrecht
Harald Leibrecht
FDP
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Harald Leibrecht zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Jan-Henry K. •

Frage an Harald Leibrecht von Jan-Henry K. bezüglich Finanzen

Guten Tag Herr Leibrecht,

hier ein paar Fragen an Sie:

1) Wie sollen die Defizite der öffentlichen Haushalte, welche im Zuge der Finanzkrise noch verstärkt wurde, ausgeglichen werden?

2) In welchem Bereich sehen Sie zur Errreichung eines Schuldenabbaus Kürzungsmöglichkeiten?

3) Welche Mittel sind zur Einnahmenerhöhung gedacht? Wie zum Beispiel: Steuererhöhungen Subventionsstreichung stopfen von legalen/halblegalen Steuerschlupflöchern (sowohl im Inland als auch im Ausland) Verkauf von Öffentlichen Eigentum Gebührenerhöhungen mehr PP-Projekte etc.

4) In wie weit ist eine Private Renten/Krankenversicherung, welche jedoch steuerlich massiv gefördert wird, sowohl für die Allgemeinheit als auch für den/die VersicherteN billiger, als wenige öffentliche Kassen? Mir geht es dabei um Ihren Wissenstand bzgl. der Kosten einer Versicherung im privaten als auch einer öffentlich Rechtlichen Bereich. (Provision, viele Krankenkassen viele Verwaltungen, Gewinneabführung etc) Ihnen ist sicherlich bekannt das Riester und Rüruprente mit Milliardenbeträgen zugungsten der Privatversicherungen (PV) unterstützt werden. Hiervon werden unter anderem die hohen Verwaltungs,-Provisions- und Gewinnkosten der PV bezahlt. Die gesetzliche Rentenversicherung hat lediglich max 3,5% Schlupf an den Einnahmen.

Mit freundlichen Grüßen

J.-H. Klawun

Portrait von Harald Leibrecht
Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Klawun,

vielen Dank für die Zusendung ihrer Fragen, zu denen ich Ihnen im folgenden gerne meine Position darlegen möchten.

Zu Frage 1:
Es ist unverantwortlich, unseren Kindern immer höhere Schuldenberge zu hinterlassen. Die Föderalismuskommission II hat einen Weg aus dem Schuldenstaat begonnen. Um diesen konsequent zu Ende zu gehen, fordert die FDP ein prinzipielles Neuverschuldungsverbot für Bund, Länder und Gemeinden. Die dauerhafte strukturelle Neuverschuldung des Bundes in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ist angesichts der gegenwärtigen Rekordverschuldung keine nachhaltige Lösung. Im Interesse künftiger Generationen müssen sich staatliche Ausgaben grundsätzlich an der Höhe der Einnahmen orientieren.

Die FDP wird nur einen Koalitionsvertrag unterschreiben, in dem ein faires, leistungsgerechtes Steuersystem vereinbart ist. Wer wirklich ein neues, faires Steuersystem mit einer Entlastung gerade für die Mittelschicht will, der hat nur noch die FDP. Die Verschuldungsgrenzen 2020 werden von Bund und allen Ländern eingehalten. Ein Konzept für eine gerechte Steuer muss mit der Konsolidierung der Staatsfinanzen verbunden sein. Sowohl eine Steuerstrukturreform als auch die Konsolidierung der Staatsfinanzen sind gleichwertige politische Ziele. Sie stehen nicht im Widerspruch, sondern sind zwei Seiten einer Medaille. Es ist eine zentrale Frage von Generationengerechtigkeit, dass jede Generation ihre Aufgaben aus eigener Kraft bewältigt.

Zu Frage 2:
Es gilt nun die politischen Rahmenbedingungen so zu setzen, dass Wachstum und Beschäftigung stattfinden können. Zu diesen Rahmenbedingungen gehört neben einer Steuerreform ein spürbarer Bürokratieabbau und ein flexibler Arbeitsmarkt.

Fast die Hälfte der gesamtwirtschaftlichen Leistungen geht durch die Hände des Staates. Die Haushaltskonsolidierung muss daher konsequent auf der Ausgabenseite ansetzen und dabei vor allem die konsumtiven Ausgaben in den Mittelpunkt stellen. Dass es im Bundeshaushalt Einsparpotenziale gibt, hat die FDP-Bundestagsfraktion in den letzten Jahren jeweils mit der Vorlage eines „Liberalen Sparbuches“ detailliert vorgerechnet. So betrug in den letzten beiden Jahren das Entlastungsvolumen bei über 400 Anträgen mehr als 10 Mrd. €. Zudem sprechen wir uns für ein Subventionsbegrenzungsgesetz aus und haben ein solches bereits parlamentarisch eingebracht.

Deutlicher Entlastungen bedarf es auch im wirtschaftlichen und öffentlichen Sektor durch eine Entbürokratisierungsoffensive. So sollte beispielsweise der Normenkontrollrat zu einem echten Bürokratie-TÜV ausgebaut und die Regelungsdichte bei Einzelvorschriften deutlich eingegrenzt werden.

Die Strategie der FDP-Bundestagsfraktion für eine langfristige Balance in den öffentlichen Haushalten umfasst eine Wachstumspolitik durch Strukturreformen, eine konsequente Haushaltsdisziplin auf der Ausgabenseite, die Vermeidung neuer Schulden, den Beginn des Schuldenabbaus in nennenswertem Umfang.

Dabei geht es nicht darum, kreativ zu sein, sondern sich wie jeder Normalbürger darauf zu besinnen, erst einmal keine neuen Schulden zu machen und sich letztendlich an den zur Verfügung stehenden Einnahmen zu orientieren. Darüber hinaus, das haben die letzten Jahre gezeigt, wird Deutschland letztendlich nur mit einer wachstumsorientierten Finanzpolitik aus der Schuldenfalle kommen. Die FDP-Bundestagsfraktion setzt auf eine Doppelstrategie des Konsolidierens und Reformierens. Wir sprechen uns auch für ein generelles Neuverschuldungsverbot aus.

Zu Frage 3:
Die FDP will den Haushalt nicht über Steuererhöhungen, sondern über strukturelle Ausgabensenkungen entlasten. Durch die Entlastung der Bürger werden Konsum und Wirtschaft wieder belebt, so dass Wachstum und Beschäftigung wieder steigen. Die Steuerstrukturreform, die wir fordern, ist somit die Grundvoraussetzung für zukünftig wieder höhere Steuereinnahmen.

Zu Frage 4
Hier möchte ich nur ein paar Anmerkungen machen. Die "Riesterrente" ist kein eigenes Kapitalmarktprodukt, sondern eine besondere Zertifizierung für ganz verschiedene Altersvorsorgeprodukte. Diese Produkte sind nicht nur für die Riesterrente geschaffen worden, sondern auch ansonsten prinzipiell marktfähige Produkte. Unter ein Riesterprodukt können daher Rentenverträge aber auch Fondssparpläne fallen. Letztere werden vor allem jüngeren Menschen empfohlen, da sie bei einem etwas höheren Risiko potentiell eine etwas höhere Rendite erwirtschaften.

Es handelt sich also nicht um eine willkürliche Wettbewerbsverzerrung, weil eben eine Vielzahl von Produkten riesterfähig ist. Allerdings trifft es natürlich zu, dass die Abschlüsse von anderen nicht geförderten Produkten stark zurückgegangen sind, während die Abschlüsse von Riesterprodukten stark zunehmen. Insofern hat die Riesterförderung dazu geführt, dass geförderte Altersvorsorgeprodukte stärker in Anspruch genommen werden als solche, die die Zertifizierungskriterien nicht erfüllen. Die staatliche Förderung der „Riester-Rente“ ist dabei dringend notwendig, damit die Bürgerinnen und Bürger ihren Lebensstandard im Alter sichern können. Die gesetzliche Rentenversicherung wird diese Funktion in Zukunft kaum noch erfüllen können, sondern nur eine Grundversorgung leisten können. Schon heute überweist der Bund 80 Mrd. Euro im Jahr aus Steuergeldern an die gesetzliche Rentenversicherung. Angesichts der demographischen Entwicklung müsste der Zuschuss in Zukunft weit größer ausfallen, wenn die Bürger nicht hinreichend Eigenvorsorge betreiben und man verhindern will, dass sie lediglich über ein Alterseinkommen in Höhe der Grundsicherung im Alter verfügen. Im Vergleich dazu ist die steuerliche Förderung der Riester- und Rürup-Rente gut investiertes Geld. Die von Ihnen angesprochen Verwaltungs-, Provisions- und Gewinnkosten werden vom Markt bestimmt. Der Riester-Sparer hat die Wahl, sich das beste Angebot auszusuchen.

Mit freundlichen Grüßen,

gez. Harald Leibrecht, MdB