Hansjörg Durz
Hansjörg Durz
CSU
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Frage von Jörg H. •

Frage an Hansjörg Durz von Jörg H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Durz,
ich habe in den Medien wiederholt gelesen, dass Sie mit ihrer Regierungskoalition beabsichtigen, privat erzeugten und direkt verbrauchten Strom aus erneuerbaren Quellen zu besteuern.

Sie, als Mitglied eines Gremiums für Wirtschaft und Energie, scheinen mir eine kompetenter Ansprechpartner für meine Bedenken und die vieler meiner Bekannten! Daher möchte ich Ihnen meine Sicht als betroffener Bürger darlegen.

Unabhängig von den geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken ist es schwer vermittelbar, dass zum Einen energiepolitische Ziele propagiert werden, aber andererseits Gesetze verabschiedet werden sollen, die diesen Zielen entgegenlaufen!

Sich mit Energie teilweise selbst zu versorgen, ist nichts anderes, als den Bezug zu verringern. Analog der Verringerung des Einkaufs von Erdbeeren durch Anbau im eigenen Garten! Spricht dann jemand von Entsolidarisierung, weil dadurch dem Handel Umsatz entgeht?

Eigen erzeugten Strom direkt selbst zu verbrauchen entlastet die Stromnetze und verringert durch das wachsende Bewusstsein den Energieverbrauch! Das Dilemma des langsamen Netzausbaus wird damit entschärft!

Wenn nicht einmal Klein-PVA unter 30kWp von der zusätzlichen Belastung ausgenommen werden, wird sich der Ausbau von EE in Bürgerhand und damit der Ausbau der EE weiter verringern – wollen Sie das wirklich - wenn ja, warum?

Das hat Auswirkungen auf das Erreichen der Klimaziele und vor allem auch auf Betriebe und ihre Arbeitnehmer. Die Zahl der Beschäftigten in der PV-Industrie hat sich bereits innerhalb von zwei Jahren stark verringert – obwohl sich die EEG-Vergütungskosten für neuerrichtete PV-Anlagen auf dem Niveau von onshore-Windkraft und deutlich unter den Sätzen der offShore-WKA befinden!

Die Kosten für den "nichtprivilegierten Endverbraucher" senken Sie durch diese Maßnahme nachweislich nicht - warum also diese Maßnahme?

Bitte setzen Sie sich für Ihre Wähler und gegen die „Sonnensteuer“ ein!

Mit sonnigen Grüßen, Jörg Hammerschmidt

Hansjörg Durz
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Hammerschmidt,

heute hat der Deutsche Bundestag in 2. und 3. Lesung die Reform des Erneuerbaren- Energien-Gesetzes (EEG) sowie die Änderung weiterer energiewirtschaftlicher Regelungen beschlossen. Die Gemengelage bei der Novelle des EEG war sehr schwierig und kompliziert, da die Interessen des Bundes, der Länder und vor allem der EU-Kommission, die ein Beihilfeverfahren angedroht hat, berücksichtigt werden mussten. Insbesondere in den letzten Tagen haben Forderungen der EU-Kommission zu erneuten Anpassungen geführt.

Im Vorfeld der Abstimmung im Deutschen Bundestag erreichten mich in den vergangenen Wochen eine Vielzahl von Anrufen und Zuschriften zur so genannten „Sonnensteuer“. Gerne nehme ich die Verabschiedung des EEG zum Anlass, die aus meiner Sicht wichtigsten Punkte zu dieser Frage zu erläutern. Abschließend erlaube ich mir auf die wesentlichen Ziele und Maßnahmen der Gesetzesnovelle einzugehen.

Beteiligung der Eigenversorger entspricht Solidargedanken

Für mich steht fest, dass alle Stromverbraucher, die das Energieversorgungssystem nutzen, adäquat an den Kosten zu beteiligen sind, die für den Ausbau und den Unterhalt dieser Infrastruktur notwendig sind.
Bislang gilt, dass Erzeuger, die ihren Strom selbst produzieren sich nicht an der so genannten EEG-Umlage beteiligen müssen. Allerdings sind in den vergangen Jahren zwei Entwicklungen zu beobachten, die diese Befreiung zunehmend in Frage stellen: Zum einen ist die EEG-Umlage in den vergangenen Jahren kontinuierlich (im Jahr 2013 bis auf 6,24 Cent/kWh) angestiegen. Zum anderen ist in der Vergangenheit die Anzahl derer, die ihren Strom selber produzieren stark gestiegen – mit entsprechenden Folgen für das Gesamtsystem: während sich die Selbsterzeuger durch das Eigenstromprivileg nicht an den Kosten für den Ausbau des Energiesystems beteiligen, steigt gleichzeitig für alle anderen Strombezieher die EEG-Umlage weiter an. Mit anderen Worten: durch die von der Befreiung angereizte „Flucht in die Eigenversorgung“ müssen immer weniger Verbraucher die Kosten für den zur Integration der Erneuerbaren Energien in die Erzeugungslandschaft notwendigen Netzausbau stemmen. Je mehr Menschen Strom selbst erzeugen, desto geringer wird die Zahl der Verbraucher, die noch Umlage bezahlen. In der Folge steigen die EEG-Kosten der Allgemeinheit überproportional. Daher entspricht die geplante Einschränkung der Eigenstromprivilegierung der Logik der Solidargemeinschaft.

Alternativ wäre es auch denkbar, die Beteiligung an den Netzkosten für Eigenstromproduzenten über eine Reform der Netzentgeltverordnung zu lösen. Dieses Vorgehen hätte ich bevorzugt, war jedoch in den Verhandlungen nicht durchzusetzen.

Äpfel dürfen nicht mit Birnen verglichen werden

Ein in den letzten Wochen häufig hervorgebrachtes Argument gegen die Eigenstrombelastung lautete, dass diese Regelung derselben Logik folgen würde, wie eine Mehrwertsteuerbelastung des Verzehrs von im eigenen Garten geernteten Äpfel. Dieser Vergleich unterschlägt jedoch, dass ein Gartenbesitzer sich im Gegensatz zum Eigenstromerzeuger über die Zahlung der Grundsteuer sehr wohl an der Finanzierung von Gemeinschaftskosten beteiligt. Produzenten von Eigenstrom sind bislang jedoch nicht an den Kosten der für die Allgemeinheit entstehenden Belastungen beteiligt.

Bagatellgrenze vermeidet Bürokratie und befreit Kleinanlagen

Wie im ursprünglichen Regierungsentwurf vorgesehen, werden kleine Anlagen auch in Zukunft von der EEG-Umlage ausgenommen: für alle Anlagen, die weniger als 10kW-Erzeugungsleistung aufweisen und im Jahr weniger als 10 MW produzieren, bleibt auch in Zukunft die 100%-Befreiung von der EEG-Umlage bestehen. Diese Bagatellgrenze dient einerseits der Vermeidung eines unverhältnismäßigen bürokratischen Aufwands, andererseits werden dadurch gerade Kleinanlagen von der Umlage befreit – also Eigenheimbesitzer und kleine Betriebe.

Gleichbehandlung von Industrie, Gewerbe und Privathaushalten

Mit Ausnahme der unter die Bagatellgrenze fallenden Anlagen, werden alle Anlagen zur Erzeugung selbstgenutzter Elektrizität aus dem Bereich der regenerativen Energien sowie der Kraft-Wärme-Kopplung, die 2015 ans Netz gehen, 30 % der EEG-Umlage auf die Eigenerzeugung zahlen. Dieser Satz wird in den Jahren 2016 und 2017 schrittweise auf 35 bzw. 40 % angehoben. Hierdurch wird ein nicht-diskriminierendes und gleiches Regelungssystem für den Eigenverbrauch geschaffen und damit einer maßgeblichen Forderung der EU-Kommission Rechnung getragen. Anderenfalls wäre eine Notifizierung des Gesetzes auf europäischer Ebene nicht zu erreichen gewesen. Angesichts der Tatsache, dass das Bundeskabinett auf der Klausurtagung von Meseberg Mitte Januar weit höhere Belastungen des Eigenstroms beschlossen hatte, konnten im Gesetzgebungsverfahren die Sätze deutlich herabgesenkt werden. Ursprünglich war geplant, dass für die Eigenstromerzeugung in Neuanlagen 90 % der Umlage gezahlt werden müssen, bei neuen Erneuerbare-Energien- und KWK-Anlagen sowie neuen Kuppelgasnutzungen immerhin noch 70 % und auch der Bestand sollte herangezogen werden.

Belastung von Eigenstrom im tragfähigen Bereich

Durch das EEG 2012 wurde das Eigenstromprivileg, in deren Folge die EEG-Umlage auf selbstproduzierten Strom zu 100 % erlassen wird, zu einer Zeit eingeführt, als die EEG-Umlage bei ungefähr 3 Cent/kWh lag – heute 6,24 Cent/kWh. Zukünftig wird der produzierte Eigenstrom ab 2016 mit maximal 40 % belastet, das entspricht bei heutiger EEG-Umlage 2,5 Cent.
Wenn bei einer Entlastung von 3 Cent/kWh Projekte zur Eigenstromversorgung wirtschaftlich durchführbar waren, sollte das zukünftig bei einer prognostizierten Entlastung von 4 Cent/kWh immer noch gelten. Außerdem ist dabei die Entlastung von Netzentgelten, Konzessionsabgaben und Steuern noch nicht berücksichtigt. Vor diesem Hintergrund dürfte sich die zukünftige Belastung des Eigenstroms in einem tragfähigen Bereich bewegen.

Ziel: Bestandsschutz für Altanlagen

Für uns war es immer wichtig, den Vertrauens- und Bestandsschutz für bereits bestehende Anlagen zu wahren. Dies ist uns bisher jedoch nur übergangsweise gelungen: Auf bestehende Anlagen wird zwar bis auf weiteres keine Ökostromumlage fällig. Allerdings hält die EU-Kommission auch diese Regelung für einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Daher fordert die Kommission eine Evaluierung der Regelung bis 2017. Bis dahin werden wir als Union der Kommission deutlich machen, dass der Bestandsschutz für uns nicht verhandelbar ist.

EEG-Novelle ist ein wichtiger Schritt hin zum Zeitalter der Erneuerbaren Energien

Das Ziel der Novelle ist, das EEG fit zu machen für die Zeit, in der die Erneuerbaren Energien die dominierende Stromquelle in Deutschland werden. Es schafft den notwendigen Rahmen, um den Anteil der Erneuerbaren Energien von heute bereits 25 % bis zum Jahr 2025 auf 40 bis 45 % und bis 2035 auf 55 bis 60 % zu steigern. Hierzu sieht der Gesetzesentwurf folgende wesentlichen Punkte vor:

1. Planungssicherheit: Mit einem verlässlichen, gesetzlich festgelegten Ausbaukorridor und dem atmenden Deckel im Bereich Wind und Biomasse ist nun Planungssicherheit gegeben, auch für den Netzausbau.

2. Kostenanstieg dämpfen: Mit der EEG-Novelle wird zwar die EEG-Umlage nicht reduziert, aber der Anstieg der Kosten wird gedämpft und die Umlage insgesamt stabilisiert. Laut Berechnungen des Bundeswirtschaftsministeriums wird die EEG-Umlage voraussichtlich auf dem bisherigen Niveau stabilisiert. Unter bestimmten Voraussetzungen wird die Umlage sogar sinken. Dies hat auch der Normenkontrollrat bestätigt. Hierzu trägt u.a. bei, dass Überförderungen abgebaut werden, so z. B. im Bereich der Windkraft und der Ausbau der Erneuerbaren Energien stärker auf die kostengünstigen Technologien (Wind und PV) konzentriert wird.

3. Mehr Markt: Ab 2017 werden Ausschreibungen durchgeführt, die dazu führen, dass der Markt den Preis regelt. Außerdem wird die Direktvermarktung in zwei Stufen umgesetzt.

5. Angemessene Kostenverteilung: Für die energieintensiven Unternehmen in Deutschland konnte die besondere Ausgleichsregelung mit der EU-Kommission vereinbart und im Gesetz verankert werden. Die besondere Ausgleichregelung führt dazu, dass sich die Industrie trotz Rabatt mit über 7 Milliarden € an der Finanzierung der Energiewende beteiligt, gleichzeitig diese Unternehmen aber ihre Wettbewerbsfähigkeit bewahren können und damit Arbeitsplätze in Deutschland erhalten bleiben.

Die Energiewende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Ich bin der Überzeugung, dass mit den nun gefundenen Regelungen ein angemessener Beitrag aller Beteiligten gewährleistet wird und wir unserem Ziel, die Energieversorgung in unserem Land zunehmend umweltverträglich zu gestalten, ein Stück näher kommen. Wir brauchen den weiteren Zu- und Ausbau regenerativer Energiequellen. Gleichzeitig wollen wir, dass die Kosten auf dem Weg in das Zeitalter der Erneuerbaren Energien für die Verbraucher, also die Menschen und die Unternehmen in unserem Land, bezahlbar bleiben, und, dass die Energieversorgung auch weiterhin sichergestellt bleibt. An diesen Fragen wird sich der Erfolg des Projekts Energiewende messen lassen.

Nach der Reform ist vor der Reform. So werden ab Herbst die Themen Energieeffizienz und Strommarktdesign im Deutschen Bundestag behandelt und auch die Anschlussregelung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz nach 2017 wird uns in dieser Legislaturperiode noch intensiv beschäftigen.

Mit freundlichen Grüßen

Hansjörg Durz, MdB

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