Frage an Hans-Ulrich Klose von Iris B. bezüglich Kultur
Sehr geehrter Herr Klose,
der Hamburger Stadtteil Moorburg ist der älteste Stadtteil Hamburgs südlich der Elbe. Hier stand die Moorburg, die Milchhändler versorgten von hier aus die Stadtbevölkerung und der Moorburger Kampfgeist ist Gegenstand zahlreicher Überlieferungen und Sagen.
Heute ist Moorburg ein Dorf in der Stadt. Mit schützenswerten, (zum Teil jahrhundertealten) restaurierten Häusern, einem Naturschutzgebiet und engagierten Familien, die in diesem Stadtteil ein Zuhause gefunden haben - oder hier seit Generationen Zuhause sind.
Moorburg ist stark frequentiertes Ausflugsziel von Touristen und Hamburgern. Zahlreiche Künstler und Firmen sind in Moorburg niedergelassen. Der Moorburger Kultursommer wird öffentlich gefördert. Die kulturellen Veranstaltungen des Restaurants "Wasserturm" und "Schützenhof" und die Aktivitäten des Sportvereins sind weit über Hamburgs Grenzen hinaus bekannt.
Aufgrund des Themas "Hafenerweiterung" sind Moorburgs Bürger verunsichert, so dass in diesem Jahr keine erste Klasse an der Grundschule Moorburg eingerichtet werden konnte. Wohlgemerkt: Nicht(!) mangels vorhandenen potentiellen Schülern sondern aufgrund der Angst der Eltern, die ihre Kinder daher an anderen Schulen im Umland angemeldet haben. So zerstören die Hafenerweiterungspläne Schulen, Heimat, Natur, Naherholungsgebiete, Arbeitsplätze, Zukunftsglauben - und den Glauben daran, dass Kultur und Tradition in der heutigen Zeit noch als als förderungswürdig erachtet werden.
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass Moorburg "so bleibt wie es ist"? Dafür, dass hier Familien mit ihren Kindern ohne Angst vor nahendem Umzug aufwachsen können? Also dafür, dass Moorburg endgültig aus dem Plänen zur Hafen-Erweiterung heraus genommen wird? Glauben Sie auch, dass der Hamburger Süden nach Altenwerder und Neuenfelde "ausgereizt" ist und die letzten Erholungsgebiete schützens-, liebens- und erhaltenswert sind? Werden Sie andere Gebiete für die Hafen-Erweiterung vorziehen? Denn diese sind ja eindeutig vorhanden!
Ich freue mich auf Ihre Antwort!
Sehr geehrte Frau Binnewies,
ich werde - entgegen Ihren Erwartungen - in Bezug auf Moorburg nichts zu entscheiden haben, denn das ist allein Sache des Landes Hamburg und damit der Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten. Trotzdem nehme ich zu Ihrer Frage gern Stellung, auch wenn die Antwort Sie sicher nicht erfreuen wird. Aber ich bin der Meinung, dass es immer besser ist, eine ehrliche Antwort zu geben und damit eine direkte Auseinandersetzung zu ermöglichen, als sich zu Äußerungen verleiten zu lassen, die vielleicht kurzfristig Frieden schaffen mögen, aber langfristig das Gegenteil erreichen- auch wenn wir gerade mitten im Wahlkampf sind. Die Harburger SPD hat nach langem Kampf vor etlichen Jahren erreicht, dass die Veränderungssperre durch den Hamburger Senat bis zum Jahre 2035 aufgehoben worden ist. Damit konnten in Moorburg wieder bauliche Veränderungen vorgenommen werden, was der Wohnqualität, dem äußeren Erscheinungsbild und auch der Lebensperspektive der Bewohner sehr geholfen hat. Viele haben das allerdings als Signal verstanden, dass damit Moorburg bis zu diesem Zeitpunkt aus der Diskussion um die Hafenentwicklung herausgenommen würde. Das aber ist ein Missverständnis, denn diese Regelung betrifft vor allem die zu zahlenden Entschädigungen, sie sagt aber nichts über den Zeitpunkt einer Inanspruchnahme der Flächen aus. Und wie die Äußerungen des zuständigen Senators zeigen, wird derzeit über eine in wenigen Jahren anstehende Beanspruchung nachgedacht. Hier denke ich allerdings, dass die Interessen der Bewohner in der Abwägung von rein hafenwirtschaftlichen Interessen ein stärkeres Gewicht haben müssen. Die Hamburger Sozialdemokraten haben in ihrem Parteitagsbeschluss vom 5.3.2005 deutlich gemacht, dass sie auf die Hafenerweiterung grundsätzlich nicht verzichten können und die Bürgerschaftsfraktion hat wiederholt deutlich gemacht, dass sie hinter dem Hafenentwicklungsplan steht. Sie hat dies allerdings mit der Aussage verbunden, dass für sie vorrangig die im Hafengebiet selbst vorhandenen Flächenreserven ausgeschöpft werden müssen, bevor eine Hafenerweiterung in Angriff genommen wird. Das halte ich für vernünftig.
Niemand weiß heute, wie sich dieser zur Zeit boomende Wirtschaftszweig in der Zukunft entwickeln wird, aber er stellt für Hamburg nach wie vor einen der stärksten Motoren der wirtschaftlichen Entwicklung dar und das wird uns zwingen, die Interessen der Bewohner und der Gesamtstadt sorgfältig gegeneinander abzuwägen.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Ulrich Klose