Frage an Hans-Ulrich Klose von Udo G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Klose, würden Sie mir darin zustimmen, dass die Bundesregierung in den letzten Jahren einen schweren Fehler damit gemacht hat, dass sie das Verhältnis der Bundesrepublik zu den Vereinigten Staaten gestört, wenn nicht verdorben hat? Der Kanzler besuchte nach dem verheerenden Anschlag auf die Twin-Towers New York und gab bekannt, er stünde ganz und gar an der Seite der USA. Schon kurz danach hat er, in engem Kontakt mit Chirac das Gegenteil getan und dabei Europa zu einem Konkurrenten der USA aufbauen wollen. Stimmen Sie mir zu, dass die deutsche Regierung, wie immer man zu George W. Bush als Person steht, erheblich mehr für ein gutes Verhältnis zu den Vereinigten Staaten hätte tun sollen? Ich selbst halte auch Schröders Entscheidungen im Blick auf den zweiten Irakkrieg für falsch und verhängnisvoll. Wer wollte denn verantworten, einem Mann wie Saddam Hussein noch länger die Verfügung über die Machtmittel eines Staates zu ermöglichen? Ich befürchte auch, dass die Bundesregierung (kurz vor Ihrem Abgang?) den gleich Fehler im Blick auf den Iran begehen könnte. MfG Udo Groenewold
Sehr geehrter Herr Groenewold, ich antworte wie folgt:
1. Die Bundesregierung hat den USA nach den Terroranschlägen auf New York und Washington (11.9.2001) "uneingeschränkte Solidarität" versprochen. Sie hat dieses Versprechen in Afghanistan eingelöst, was auch in den USA mit Respekt anerkannt wird.
2. In der Diskussion um den Irak-Krieg habe ich das Prozedere der Bundesregierung kritisiert, nicht aber die Ablehnung einer deutschen Beteiligung. Es gab, auch aus meiner Sicht, schwerwiegende Gründe gegen den Krieg. Dass Saddam Hussein ein brutaler Diktator war, ist richtig; nur war die Beseitigung dieses Mannes nicht das offiziell vertretene Kriegsziel. Es ging um die Vernichtung angeblich vorhandener Massenvernichtungswaffen, die aber bis heute nicht gefunden wurden. Im übrigen war der Irak vor dem Krieg kein terroristisches Problem, eine Verbindung von Saddam Hussein zu Al Quaida ist nicht belegt. Heute, nach dem Krieg und durch ihn, ist der Irak ein terroristisches Problem geworden.
3. Bezogen auf Iran gibt es eine zwischen den USA und Europa weitgehend abgestimmte gemeinsame Linie. Wenn die politischen Bemühungen der EU-3, eine nukleare Aufrüstung des Iran nachprüfbar zu verhindern, scheitern, werden Europäer und Amerikaner über die IAEO den UN-Sicherheitsrat einschalten. Deutsche Politik hat zur Entwicklung dieser gemeinsamen Linie wesentlich beigetragen.
4. Abschließend: Die Zusammenarbeit mit den USA ist für Deutschland (und Europa) unverändert wichtig. Deshalb muss diese Zusammenarbeit gepflegt werden, was Klugheit auf beiden Seiten des Atlantik erfordert. Klug wäre es, die NATO-Zusammenarbeit zu verstärken: Die Europäer sollten die Führungsverantwortung der USA in der NATO akzeptieren; die USA sollten die NATO nicht als "Werzeugkasten" zur Durchführung einseitig getroffener Entscheidungen benutzen. Es muss gemeinsam entschieden und gehandelt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Ulrich Klose