Portrait von Hans-Ulrich Klose
Hans-Ulrich Klose
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Hans-Ulrich Klose zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Guenther H. •

Frage an Hans-Ulrich Klose von Guenther H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Hallo Herr Dr. Klose,

wie ich aus den Medien von Ihnen erfahren habe, befuerworten Sie den Einsatz deutscher Kampftruppen in ganz Afghanistan. Ich finde das sehr mutig. Aus meiner Schulzeit ist mir noch bewusst, dass in frueheren Zeiten die Regierenden bei Kampfeinsaetzen an vorderster Front gekaempft haben, Fuersten. Herzoege u. a. Ich wuerde diese Regel gerne wieder einfuehren, damit das Bewusstsein wieder geschaerft wird, ueber welche menschlichen Leben hier von Regierenden verfuegt wird.

Meine Frage an Sie:

Waeren Sie damit einverstanden, dass die oben genannte Regel auch fuer alle Parlamentarier und ihre Angehoerigen wieder eingefuehrt wird, wenn sie einen Angriffskrieg befuerworten.

PS: Meine eigenen Erfahrung mit Kampfeinsaetzen sind bei mir noch in lebhafter Erinnerung, da ich mit 16 Jahren Deutschland vor dem Bolschewismus retten sollte, wobei diejenigen, die mich dazu gezwungen haben, sich groesstenteils in der Etappe aufgehalten haben

In froher Erwartung auf Ihre Antwort

Guenther Heyn

Portrait von Hans-Ulrich Klose
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Heyn,

Ihre Anfrage über abgeordnetenwatch beantworte ich wie folgt:

Warum sind wir in Afghanistan?

1. Weil ein deutscher Bundeskanzler (Schröder) nach den Terroranschlägen von New York und Washington den Amerikanern "uneingeschränkte Solidarität" zugesichert hat. Da die Anschläge von Afghanistan aus gesteuert und ausgeführt worden sind, von Leuten, die überwiegend in Deutschland (Hamburg) lebten, war der Einsatz in Afghanistan die voraussehbare Folge. Das erste vom Deutschen Bundestag auf Antrag der Bundesregierung daraufhin beschlossene Mandat war ein Kampfmandat: Enduring Freedom.

2. Auf der Petersberg-Konferenz (eine deutsche Initiative) hat die internationale Staatengemeinschaft die Vertreter Afghanistans zu einer Politik des materiellen und demokratischen Wiederaufbaus aufgerufen. Die Bundesregierung hat dafür deutsche Unterstützung zugesagt. Eine Konsequenz der Konferenz war das zweite Mandat: ISAF, das ursprünglich auf den Raum Kabul beschränkt war, inzwischen aber schrittweise auf ganz Afghanistan ausgedehnt worden ist (mit Zustimmung der deutschen Bundesregierung).

3. ISAF unterstützt
- durch eigene Aufbauhilfe

- durch Sicherung der Arbeit von zivilen Organisationen

- durch Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte.

Die Bundeswehr setzt in Afghanistan dabei nur länger dienende Zeitsoldaten ein; Wehrpflichtige nicht, es sei denn, sie hätten sich ausdrücklich bereit erklärt, an Auslandseinsätzen teilzunehmen.

4. ISAF wird von der NATO geführt. Die NATO ist ein Militärbündnis, das dem Prinzip der Solidarität verpflichtet ist. D.h.: Wenn sich die NATO engagiert, engagieren sich alle; und alle tragen das gleiche Risiko. Das ist derzeit in Afghanistan nicht der Fall, weil die NATO-Einheiten im Süden Afghanistans ein deutlich höheres Risiko tragen als andere.

5. Beide Mandate (Enduring Freedom und ISAF) sind durch Beschlüsse des
UN-Sicherheitsrates legitimiert.

6. Schon das geltende ISAF-Mandat verpflichtet die Bundeswehr zur solidarischen Hilfe auch im Süden, wenn dies für den Erfolg des Gesamtauftrages notwendig ist; notfalls auch zu Kampfeinsätzen. Bisher war das deutsche Kontingent dazu aber nicht in der Lage. Das ändert sich jetzt durch die von der Bundesregierung beschlossene Übernahme der Aufgaben einer Quick Reaction Force, die bisher von den Norwegern wahrgenommen wurden.

7. Wenn es nicht gelingt, die Sicherheitslage in ganz Afghanistan, also auch im Süden, zu stabilisieren, wird die NATO in Afghanistan scheitern. Die Konsequenzen sind über Afghanistan hinaus schwer einzuschätzen. In Afghanistan aber würden Taliban und Al Quaida in schneller Zeit die Herrschaft zurück erobern. Das Land würde wieder zu einem, auch für uns gefährlichen Zentrum des Terrorismus; die Lebensverhältnisse für die Menschen in Afghanistan würden sich wiederum dramatisch verschlechtern.

Fazit: Ich finde, dass wir unsere vernetzen zivil-militärischen Aktivitäten in Afghanistan nicht nur fortsetzen, sondern mit größerer Entschlossenheit zu einem guten Ende führen sollten, wobei richtig bleibt, was in einer einfachen Formel ausgedrückt als Leitmotiv unseres Handelns gilt: Ohne Entwicklung keine Sicherheit, ohne Sicherheit keine Entwicklung.

Noch eine persönliche Schlussbemerkung: Sie sollten denen, die eine andere Meinung vertreten als Sie, nicht unterstellen, dass sie leichtfertig über andere Menschen verfügen. Das gilt vor allem auch für Abgeordnete, die nun einmal nach unserem Grundgesetz über Auslandseinsätze der Bundeswehr entscheiden müssen. Sie tun es nie leichtfertig, sondern nach durchweg sorgfältiger Prüfung und zumeist quälender Selbstprüfung. Ihnen/mir anderes zu unterstellen, ist menschlich nicht in Ordnung und trägt zur Versachlichung der Debatte nicht bei.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Ulrich Klose