Frage an Hans-Ulrich Klose von Franz-Josef S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Klose,
ich möchte Ihnen, als dem direkt gewählten Abgeordneten meines Wahlkreises, eine Frage zum Wahlrecht stellen. In Deutschland gilt das Verhältniswahlrecht. Diesem Wahlrecht liegt die Überlegung zugrunde, allen gesellschaftlichen Gruppen eine Chance zu geben, mit eigenen Abgeordneten in den Parlamenten vertreten zu sein. Das hat dazu geführt, dass Neonazis in einigen Länderparlamenten sitzen und es ist nur eine Frage der Zeit, dass sie auch im Bundestag vertreten sind. Nicht nur aus diesem Grund bin ich ein entschiedener Verfechter des Mehrheitswahlrechts. Das dem Verhältniswahlrecht zugrunde liegende Anliegen, wird ohnehin nicht erreicht. Die Mehrheit der BT-Abgeordneten kommt aus dem öffentlichen Dienst. Ehemalige Beamte, davon insbesondere Lehrer dominieren das Parlament. Deshalb halte ich es für falsch, das Mehrheitswahlrecht als undemokratisch zu bezeichnen. Ist es nicht vielmehr undemokratisch, wenn eine Partei, die 5 oder auch 10% der Wählerstimmen erhalten hat, in einer Koalidtion 50% der Politik bestimmt? Und ist es nicht undemokratisch, wenn der Landesverband einer Partei die Kandidaten für die Landesliste bestimmt und diese bereits Monate vor der Wahl de facto als Abgeordnete gewählt sind? Hätte Deutschland in der Weimarer Republik das Mehrheitswahlrecht gehabt, hätte es die Naziherrschaft nie gegeben. Man nennt das Mehrheitswahlrecht aus gutem Grund auch Persönlichkeitswahlrecht. Es säßen keine Extremisten in den deutschen Parlamenten, weil es nur noch Kandidaten und Kandidatinnen gäbe, die in der Lage sind, die Mitte eines Wahlkreises zu gewinnen (so wie Sie). Faule Kompromisse und Politik auf dem kleinsten gemeinsamen Nenner würden der Vergangenheit angehören. Das Wahlrecht kann nur zu Zeiten einer großen Kaolition geändert werden. Wie denken Sie darüber und gibt es Aktivitäten das Verhältniswahlrecht durch das Mehrheitswahlrecht abzulösen?
Sehr geehrter Herr Scheuer,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 05.11.07. zum Thema Wahlrecht.
Ich persönlich war immer, wie Sie, ein Anhänger des Mehrheitswahlrechts, aber nicht aus den von Ihnen angeführten Gründen, sondern wegen der größeren Chance, klare Mehrheitsverhältnisse zu gewinnen. Eine Wahlrechtsänderung, um unliebsame Parteien aus dem Parlament herauszuhalten, würde ich nicht befürworten. Dass ehemalige Beamte, vor allem Lehrer, das Parlament *dominieren* ist eine Legende.
Aktivitäten zur Änderung des Wahlrechtes gibt es nicht, da chancenlos. In Bayern zum Beispiel würden sich - wie schon immer - Sozialdemokraten widersetzen, in Hamburg (wahrscheinlich) Christdemokraten.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Ulrich Klose