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Hans-Peter Uhl
CSU
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Frage von Joachim H. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Joachim H. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter Dr. Uhl,

gerade lese ich, daß Tschechien seine Zustimmung zum Lissabon-Vertrag mit der endgültigen Anerkennung der Benesch-Dekrete verknüpfen will.

Hier die Berichte darüber
http://www.eu-info.de/dpa-europaticker/146437.html
http://www.deutschland-kontrovers.net/?p=5662

Deshalb dazu meine Fragen:

Wird mit dem Lissabon-Vertrag oder auch dem Vorläufer EU-Verfassung nachträglich das Verbrechen der Vertreibung der Sudetendeutschen sanktioniert?

Haben sich mit ihrer Zustimmung zum Lissabon-Vertrag auch die Polen die Vertreibung der Ostdeutschen legalisieren lassen?

Können sich die vertriebenen Deutschen im Kontext einer EU-Verfassung noch auf ein Recht in ihrer angestammten Heimat berufen?

Die CSU begreift sich als Schutzpatron der Vertriebenen, insbesondere aber der Sudetendeutschen, die sie als „Vierten Stamm“ Bayerns bezeichnet. Ich kann mich noch genau an die Aussagen des Ministerpräsidenten Stoiber erinnern, der in einem Wahlkampf sagte, daß die Tschechen nicht in EU aufgenommen werden, wenn sie nicht die Benesch-Dekrete annullieren. Soll jetzt genau das Gegenteil geschehen?

Welche Position nimmt dazu heute die CSU ein?

Mit freundlichen Grüßen
Joachim Hahn

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Hahn,

bitte entschuldigen Sie die lange Antwortfrist. Irgendwie war mir Ihre Frage aus dem Blickfeld geraten.

An der Position der CSU kann es überhaupt keinen Zweifel geben: Die so genannten Beneš-Dekrete von 1945 verstoßen gegen die Menschenrechte und gegen europarechtliche Mindeststandards. Nicht nur MP Stoiber als CSU-Vorsitzender, sondern insbesondere die CSU-Europaabgeordneten haben diese Auffassung immer vertreten und auch während der früheren Beitrittsgespräche mit den Nachfolgestaaten der Tschechoslowakei geltend gemacht. Wie Sie wissen, hatte die damalige Bundesregierung Schröder/Fischer jedoch leider wenig Interesse an dieser Problematik.

Mit dem Lissabon-Vertrag hat die Frage der Beneš-Dekrete nichts zu tun. Auch ein Votum des tschechischen Parlaments kann einen solchen Zusammenhang nicht herstellen. Die nationalistisch verkrampfte und undifferenzierte Rhetorik, die in Tschechien und in der Slowakei leider noch große politische Resonanz findet, kann dem Lissabon-Vertrag nichts Substanzielles hinzufügen. Die Forderung, die Beneš-Dekrete für null und nichtig zu erklären und die Opfer der damaligen Vertreibung politisch
und moralisch zu rehabilitieren, bleibt deshalb unverändert bestehen.

Natürlich ist es traurig, dass es in der Tschechischen Republik und in der Slowakei nach wie vor kaum möglich ist, sachlich mit dieser Thematik umzugehen. Gerade deshalb setze ich große Hoffnung auf den Prozess der europäischen Integration: Je enger und selbstverständlicher die grenzüberschreitende Begegnung der Menschen - insbesondere der jungen Generation - zwischen den EU-Partnern sein wird, desto größer werden die Chancen auf eine objektivere, von einer gemeinsamen europäischen
Identität getragene Perspektive. Ich bin sehr optimistisch, dass wir auf diesem Weg die nationalistisch erstarrten Denkmuster überwinden und Raum schaffen können für die historische Wahrheit und für Gerechtigkeit gegenüber allen Opfern von Krieg und Vertreibung.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Uhl