Frage an Hans-Peter Uhl von Marco L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Uhl,
warum werfen wir nicht unseren Divisenbestand den wir an US-Dollar halten, cirka: 100 Mrd. USDollar und damit 20 Millarden mehr als die USA selber besitzt, auf den Markt um den Euro zu stärken? China wirds früher oder später ja auch tun -Arabien und Russland ist ja schon dabei in den Euro umzuschichten-; frag mich nur warum wir nicht so schlau sind?
Warum legen wir nicht - anstatt in bald wertlose Staatsanleihen der USA - (wie die Asiatischen Länder) vermehrt in Gold an?
Da meiner Meinung nach die Amerikaner eh nicht mehr fähig sind unsere - von Ihnen gemachten - Schulden zurückzubezahlen.
Wenn dies der Fall sein sollte, könnten wir wenigstens Gewinn aus der Stärkung des Euros ziehen.
Wie wird es den USA überhaupt ermöglicht so hohe Haushaltsdefizite aufzubauen - besitzen wir auch Amerikanische Staatsanleihen oder nur China??
Warum hatt man den USA nicht verweigert so hohe Schulden aufzubauen (Staatsschulden, Auslandsschulden und private Schulden)?
Warum versteht unsere Politik immer noch nicht dass die Beschäftigung in China und Indien früher oder später zu Deflation und Lohndumping führen werden und hier bei uns im Westen nicht mehr produziert wird - da dann alles ins Ausland verlagert wird -; warum wird immer nur kurzfristig und damit auch automatisch dumm und voreilig gehandelt?
Mit freundlichen Grüßen
Marco Lermer
Sehr geehrter Herr Lermer,
der Bund nimmt keine Kredite bei Staaten auf. Ebenso wenig gewährt er anderen Staaten Kredite (Einzige Ausnahme: Im Rahmen der Entwicklungshilfe). Deshalb Antwort: Nein, der Bund besitzt keine amerikanischen Staatsanleihen.
Der Kapitalmarkt wird von Angebot und Nachfrage bestimmt. Wem die privaten und institutionellen Anleger ihr Geld leihen wollen, ist deren Sache. Ob es im Einzelnen vernünftig ist, ist eine andere Frage. Hier kann die Politik weder etwas erlauben noch verhindern. Eine Regulierung erfolgt lediglich über die Zinssätze.
Die aktuelle Herausforderung für die Politik ist es jedoch, die internationalen Finanzmärkte zu mehr Transparenz zu zwingen: Finanzprodukte müssen klarer erkennen lassen, welche Papiere darin stecken und wie diese bewertet sind. Es darf nicht nochmals im großen Stil passieren, dass die ursprünglichen Geschäfte in undurchsichtigen Finanzprodukten verschleiert werden.
Es ist selbstverständlich nicht so, dass „immer nur kurzfristig und damit auch automatisch dumm“ gehandelt wird. Wenn die Weltwirtschaft nicht im Großen und Ganzen ganz gut funktionieren würde, sähen die Verhältnisse in Europa weniger gut aus, als sie tatsächlich aussehen. Aber es stimmt natürlich, dass die Globalisierung eine große ethische Herausforderung für die Politik (und auch für die weltweit tätigen Konzerne) darstellt.
Generell führt der Wettbewerb mit China und Indien aber nicht zwangsläufig zu „Deflation und Lohndumping“. Er kann ebenso auch zu Vorteilen sowohl für uns als auch für China und Indien führen. Dies ist eine Gestaltungsaufgabe der Politik, die sich einsetzen muss
- für vernünftige gemeinsame Standards (z.B. bei Produktsicherheit und Umweltschutz)
- und für gute eigene Standortbedingungen (Steuersystem, Bildung etc.).
Wettbewerb ist auch ein Gebot der Solidarität, weil wir nicht auf Dauer die anderen Teile der Welt von der wirtschaftlichen und industriellen Entwicklung ausschließen und alle höherwertigen Arbeitsplätze wie selbstverständlich für uns beanspruchen können. Letztlich schaffen steigender Wohlstand und Industrialisierung in anderen Teilen der Welt auch neue Absatzmärkte und damit neue Chancen für Handel und Gewerbe in Deutschland (und Europa).
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Uhl