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Hans-Peter Uhl
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Frage von Lars W. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Lars W. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

was passiert denn nun eigentlich, um künftige Krisen wie die derzeitige Finanzkrise des Börsenkapitalismus zu vermeiden? Die FAZ hat ja in einer unnachahmlich wortreichen Rabulistik darzulegen versucht, wie wenige Menschen ihrer Ansicht nach für die Krise verantwortlich sind. Über den dahinterstehenden Begriff von Verantwortung möchte ich mich hier lieber nicht auslassen. Wenn es denn tatsächlich so wenige sind (ca. 1.000 Personen), dann steht der Sozialismus auch nicht schlechter da, denn dort trugen deutlich mehr Menschen zentrale Verantwortung, von starkem Einfluß nicht zu reden.

In jedem Falle hat einer der professionalisiertesten Märkte, den es überhaupt gibt, versagt. Persönliche Folgen sind bei den Verantwortlichen aber bisher nicht zu erkennen, nicht einmal bei den auch nach Ansicht der FAZ Schuldigen. Stattdessen wurden aber schon jetzt weltweit die Existenzen von Millionen Menschen vernichtet, obwohl die Krise gerade erst anfängt, auf die Realwirtschaft durchzuschlagen.
Die Freunde der Marktwirtschaft versprechen allerdings ganz etwas anderes, nämlich daß nicht (staatliche oder gesellschaftliche) Willkür, sondern persönliche Tüchtigkeit den eigenen Wohlstand bestimme. Das Versprechen wurde nun gebrochen.

Ein wirtschaftliches Erfolgsmodell sieht anders aus. Ob nun 1.000, 10.000 oder 100.000 Menschen beruflich und fachlich versagt haben, ist gleich - in jedem Falle hinge die weltweite Wohlfahrt von zu wenigen ab. Wenn das die Resultate einer freien Marktwirtschaft im Hochfinanzwesen sind, könnte man in diesem Bereich eine reine Staatswirtschaft vorziehen.
Tatsächlich müßte dieser Bereich wohl auf seine eigentliche Aufgabe zurückgeführt werden, nämlich ideenlose Reiche mit ideenreichen Armen zusammenzuführen, wie es ein Börsenhändler kürzlich einmal auf den Punkt brachte.

Welche Anstrengungen unternehmen die Regierungsfraktionen also nun, um dahin zu kommen?

Mit freundlichen Grüßen
Lars P. Wolschner

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Wolschner,

die von Ihnen genannte Staatswirtschaft auf internationaler Ebene halte ich jeder Hinsicht für irreal. Selbst wenn wir einen Weltstaat hätten, womit bis auf weiteres nicht zu rechnen ist, hätte ich größte Zweifel, ob zentrale Lenkung und Planung der Wirtschaft – was schon im Kleinen kaum gelingt – im weltweiten Maßstab eine durchführbare Alternative sein könnte.

Ist die Finanzmarktkrise wirklich eine Krise des Marktes oder nicht eher ein Versagen der nationalen und internationalen Politik, die es versäumt hat, den Finanzmärkten – ohne sie zu blockieren – rechtzeitig geeignete Spielregeln zu verordnen? Meiner Auffassung nach sind Markt und Wettbewerb – und damit auch individuelle Tüchtigkeit und Vorteilsstreben – unverzichtbare Organisationsprinzipien, um Wachstum, Innovation und insgesamt günstige Wohlstandsergebnisse effektiv herbeizuführen. Dies kann jedoch niemals gelingen, wenn Märkte völlig „frei“, d.h. ohne einen sanktionierten Ordnungsrahmen aus Regeln und kontrollierenden Institutionen sind, der das Marktverhalten auf langfristige und realistische Gewinnziele hin orientiert.

Auf nationaler Ebene ist dieser Groschen schon vor langer Zeit gefallen; Stichwort: Soziale Marktwirtschaft. Auf internationaler Ebene fehlt dies noch. Insofern kann man den von Ihnen genannten „Verantwortlichen“, also den Hauptakteuren auf den Finanzmärkten, nicht so sehr vorwerfen, dass sie nicht nach nicht vorhandenen (vernünftigen) Spielregeln verhalten haben. Man kann Ihnen jedoch vorwerfen, dass sie sich nicht für die Etablierung solcher Spielregeln eingesetzt haben, sondern sich – im Gegenteil – dagegen gewehrt haben.

Insofern ist es gut, dass die Bundesregierung sich innerhalb der G8 bereits seit Jahren für mehr Transparenz auf den Finanzmärkten eingesetzt hat. Sie dringt nun besonders darauf, neben den akuten Maßnahmen der Krisenbewältigung auch auf internationaler Ebene die Frage nach einer vernünftigen Regulierung zu stellen und Lösungsvorschläge auf europäischer Ebene zu erarbeiten:
Am 2. April wird in Großbritannien der nächste G20-Gipfel stattfinden. Die Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industriestaaten und Schwellenländer werden dann in London auch über eine Neuordnung des Weltfinanzsystems beraten. Zur Vorbereitung des Treffens in London werden in der zweiten Februarhälfte die europäischen G20-Mitgliedsstaaten in Berlin zusammenkommen.

Ich verweise zum Thema auf einen Beitrag meines Kollegen Dr. Norbert Röttgen:
http://www.cducsu.de/Titel__Text_Interview_Finanzmarkt_Staatlichen_Regulierungsanspruch_durchsetzen/TabID__6/SubTabID__9/InhaltTypID__3/InhaltID__11291/Inhalte.aspx
Ich zitiere daraus: „Die wesentlichen Ursachen der Krise an den Finanzmärkten liegen in einem Verstoß gegen elementare marktwirtschaftliche Prinzipien, insbesondere in leichtsinnigen Kreditvergaben ohne ausreichende Sicherheiten, im Leben auf Pump ohne realistische Erwartungen künftiger Einnahmen, in intransparenten Marktstrukturen und in nicht nachhaltig orientierten Anreizen. Wir erleben damit, dass sich freie Marktstrukturen und die soziale Marktwirtschaft nicht aus sich selbst heraus erhalten. Vielmehr müssen wir sie um der Erhaltung ihrer Freiheitselemente willen aktiv gegen die genannten Verstöße schützen.“

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Uhl