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Hans-Peter Uhl
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Frage von Noor N. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Noor N. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Hans-Peter Uhl,

was halten Sie - als ordentliches Mitglied des Innenausschusses - von den Gedanken Ihres Kollgen Ramsauer, die Kriminalstatistik im Hinblick auf sogenannte Deutsche mit Migrationshintergrund zu erweitern?
Was für einen Zweck - außer dem Einstieg in das beginnende Superwahlkampfjahr - soll dies dienen?

Haben Sie die Befürchtung, dass deutsche Pässe daherkommenden Ausländern hinterhergeworfen werden? Oder teilen Sie die Meinung, dass der Erwerb der deutschen Staatsbürgerschaft an sehr vielen strikten Bedingungen geknüpft ist, u.a daran, dass ab einem Strafregister von über 90 Tagessätzen oder einer Bewährungsstrafe von mehr als drei Monaten (dabei werden geringfügige Verurteilungen - wie Sie wissen - summiert) auch wenn alle anderen Bedingungen erfüllt sind, die Staatsbürgerschaft nicht erworben werden kann.

Insbesondere würde mich interessieren, ob Sie der verbalen Segregation zwischen Bluts-Deutschen und "formal Deutschen", die Ihr Kollege Ramsauer durchführt zustimmen?
Wenn ja:
Wann ist man nach der rechtswirksamen Einbürgerung DEUTSCH? Benötigt das "richtige" "DEUTSCH-SEIN" eine Generation, zwei Generationen oder ist das nie möglich?

Ich würde mich über die baldige Beantwortung der Fragen sehr freuen.

Mit freundlichen Grüßen,

Noor A. Naqschbandi

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Naqschbandi,

mein Kollege Dr. Ramsauer hat lediglich an eine alte Forderung der CSU erinnert, welche die CSU-Landesgruppe auf meinen Vorschlag hin zuletzt im Januar 2008 politisch angemahnt hatte. Deshalb: Ja, ich unterstütze die Forderung ausdrücklich.

Bei der Forderung nach einer Erweiterung der Kriminalstatistik um Informationen zum Migrationshintergrund geht es selbstverständlich nicht – wie Ihre Fragestellung suggeriert – um abgestufte Grade der Staatsangehörigkeit oder des „Deutsch-Seins“ o.ä. Meinen Standpunkt in dieser Frage möchte ich Ihnen wie folgt erklären:

Die polizeiliche Kriminalstatistik (hier: Langzeitvergleich Städtedaten 1995–2004) weist in deutschen Großstädten z.B. einen besonders hohen Anteil ausländischer jugendlicher und heranwachsender krimineller Gewalttäter aus. Dies deutet leider auf eine vielfach gescheiterte Ausländerintegration hin. Dies kann selbstverständlich kein Anlass sein, Zuwanderer unter Generalverdacht zu stellen. Im Gegenteil müssen alle Tatsachen unverstellt in den Blick genommen werden, damit Polizei und Justiz, aber auch die Integrationspolitik geeignete, zielgenaue Konzepte entwickeln können. Es ist eine Herausforderung für die ganze Gesellschaft, Integrationsdefizite abzubauen zum Wohle aller Menschen in Deutschland, nicht zuletzt im Interesse der Zuwanderer. Hingegen ist niemand geholfen, wenn – wie es bislang oft geschieht – faktische Probleme mit Hinweisen auf rückläufige Ausländeranteile in der Kriminalitätsstatistik zu relativieren versucht wird.

Infolge des 1999 von Rot-Grün geänderten Staatsbürgerschaftsrechts wurden Einbürgerungen erleichtert. In einer großen Einbürgerungswelle wurden allein in den folgenden vier Jahren über 660.000 hier lebende Ausländer zu Deutschen. Dieser Prozess setzt sich weiter fort, mittlerweile wurden seit dem Jahr 2000 eine Million vormaliger Ausländer in Deutschland eingebürgert. Hinzu kommen die in Deutschland geborenen Kinder und Jugendlichen, die nach dem neuen Staatsangehörigkeitsgesetz zusätzlich zur Staatsbürgerschaft ihrer Eltern die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen haben. Bis sie sich nach dem Optionsmodell zwischen dem 18. und dem 23. Geburtstag für eine Staatsbürgerschaft entschieden haben, werden sie statistisch als Deutsche geführt.

Grundsätzlich ist gegen die Einbürgerung von Zuwanderern nichts einzuwenden – im Gegenteil! Aber: Die hohe Zahl der Einbürgerungen ist deshalb problematisch, da die Einbürgerung in Deutschland die längste Zeit nicht an die Bedingung geknüpft war, ein gewisses Integrationsniveau nachweisen zu müssen. Erst 2006 haben die Innenminister der Länder – eine alte Forderung der CDU/CSU – endlich einheitliche Standards verabredet: Schriftliche und mündliche Deutschkenntnisse und abgeschlossene Integrationskurse zur Vermittlung staatsbürgerlicher Grundkenntnisse.

Deshalb kann es auch bei den bislang Eingebürgerten schwerwiegende Integrationsdefizite bis hin zur Jugend-/Gewaltkriminalität geben. In der Statistik nimmt jedoch die Zahl nichtdeutscher Tatverdächtiger tendenziell ab, die der deutschen nimmt dagegen zu. Statistiken, die einfältig nur zwischen Deutschen und Ausländern unterscheiden, werden damit zunehmend unbrauchbar, wenn der nachholende Integrationsbedarf in seiner ganzen Tiefe festgestellt werden soll.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Uhl