Frage an Hans-Peter Uhl von Stefan N. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,
die strikte Ablehnung der Union bzgl. Konsumgutscheinen und einer Anhebung des ALG-II-Regelsatzes kann ich nicht nachvollziehen. Gerade ich als Betroffener würde mich über einen Konsumgutschein in Höhe von 500,00 Euro sehr freuen und diesen auch ohne Verzögerung in den Umlauf bringen. Mir ist bewusst, dass unsere Wirtschaft exportabhängig ist und deshalb die heimische Wirtschaft nur bedingt davon profitieren würde. Dennoch wäre dies ein Zeichen zum Abbau sozialer Kälte, die in unserer Gesellschaft leider immer mehr um sich greift. Viele Arbeitslose könnten so beispielsweise neue Kühlschränke kaufen, um Energie zu sparen.
Warum stemmt sich die Union permanent so vehement gegen höhere Regelsätze bei Hartz IV? Können Sie sich so in etwa vorstellen, was es bedeutet, an Heiligabend mit einer Tütensuppe zu feiern, weil das Geld eine Woche vor Ultimo schon sehr knapp ist? Sie werden so krank und sterben im Durchschnitt 10 Jahre früher.
Sie tun damit den Menschen weh, die trotz intensiver Bemühungen keine Arbeit mehr finden. Sollen diese Menschen wirklich am Rande der Gesellschaft vor sich hinvegetieren? Herr Mißfelder von der CDU ist in dieser Hinsicht erbarmungslos und unsozial. Lieber jetzt neue Schulden machen und dann diese abbauen, wenn die Rezession überwunden ist. England und andere europ. Staaten machen es doch vor.
Ich bitte Sie nun um eine ehrliche Antwort und wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest, welches Sie sicherlich dank Ihres sehr guten Einkommens auch gebührend feiern können. Vielleicht denken Sie an dieser Stelle auch einmal an all die Menschen, die stundenlang an den Tafeln anstehen müssen, nur um verwelktes Gemüse und abgelaufene Viktualien zu erhalten.
Mit freundlichem Gruß
Stefan Nawrath
PS: auch ich möchte wieder einmal sagen können: "ego sum lux mundi". Sie merken also, Sie haben einen gebildeten ALG-II-Empfänger vor sich. Die meisten sind nämlich gut ausgebildet.
Sehr geehrter Herr Nawrath,
mit Ihrer Beanspruchung des Jesus-Worts „Ich bin das Licht der Welt“ (Joh. 8,12) geben Sie mir ein echtes Rätsel auf. Was soll das?
Unabhängig davon glaube ich Ihnen gern, dass Sie gut ausgebildet und momentan trotz intensiver Bemühungen ohne Arbeit sind. Ich bedaure dies und kann nachvollziehen, dass dies eine psychisch belastende Situation ist, die im Lauf der Zeit einen gewissen ‚Weltschmerz’ bzw. den Eindruck „sozialer Kälte“ erwecken kann. Vor diesem Hintergrund verstehe ich gut, dass Sie auch die finanzielle Ausstattung gemäß SGB-II als einschränkend empfinden und sich eine Aufbesserung sehr wünschen würden.
Auf die Diskussion, ob ein Hartz-IV-Bezieher sich wirklich nichts anderes leisten kann als an Weihnachten nur Tütensuppe zu essen – ich bezweifle dies sehr –, möchte ich mich nicht einlassen.
Als Abgeordneter bin ich jedoch dem gesamten Volk und somit dem Gemeinwohl verpflichtet und muss bei objektiver Betrachtung feststellen, dass die SBG-II-Leistungen
- im europäischen Maßstab sehr großzügig bemessen sind,
- für die Steuerzahler, denen von ihrem Bruttogehalt nur ein unverhältnismäßig geringes Nettogehalt verbleibt, eine beachtliche Belastung darstellen (2008: ca. 35 Mrd. Euro)
- und dass der Einkommensabstand zwischen Transferempfängern und Beziehern geringerer Arbeitseinkommen – zumal bei einer Familie mit Kindern – sehr gering und z.T. nicht mehr gegeben ist. Vor diesem Hintergrund halte ich eine außerplanmäßige Erhöhung der Regelsätze für nicht angezeigt und – gerade unter Gerechtigkeitsaspekten
– für problematisch. Ein Konsumgutschein, den überwältigende Mehrheiten in allen Umfragen abgelehnt haben, würde nicht nur ebenfalls die Gerechtigkeitsfrage aufwerfen, sondern wäre auch konjunkturpolitisch zweifelhaft.
Den Konsumgutschein und eine außerplanmäßige Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze kann ich daher – letztlich aus sozialen Gründen – nicht unterstützen. Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Mitteilung machen zu können.
Für Sie persönlich Glück- und Segenswünsche zum Advent.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Uhl