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Hans-Peter Uhl
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Frage von Ingrid H. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Ingrid H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,

mein Nachbar schilderte mir, daß in Köln, anläßlich einer islamkritischen Veranstaltung, das Versammlungsrecht und die Meinungsfreiheit außer Kraft gesetzt wurden.

Dazu zeigte er mir diesen Film, der das beweist.

http://www.junge-freiheit.de/Single-News-Display.154+M560e498d394.0.html

Ich bin entsetzt und konnte mir zunächst nicht vorstellen, daß sich so etwas nach den Erfahrungen der Vergangenheit in Deutschland je wiederholen kann.

Es werden Menschen geschlagen und gejagt, nur weil sie zu einer bestimmten Kundgebung wollten. Die Polizei griff nicht ein, sondern überließ das Gewaltmonopol Linksextremisten, Autonomen, Anhängern verschiedener Organisationen und Parteien.

Wie beurteilen Sie dieses Geschehen?

Mein Bekannter zeigte mir Zeitungen, die berichteten, daß Politiker Ihrer Schwesterpartei CDU wie Rüttgers, Laschet, Polenz und Schramma, gemeinsame Sache mit den Gewalttätern machten und jubelten als die Veranstaltung zum Thema "Islam" durch die Polizei untersagt wurde. Das Gewaltmonopol des Staates wich vor linker Gewalt zurück.

War das nicht ein schlimmer Verfassungs- und Rechtsbruch, der sich in keiner Weise wiederholen darf?

Weil ich Politiker, wie Sie, hoch schätze habe, habe ich zur Landtagswahl nochmals CSU gewählt. Wenn die Unionsparteien zukünftig weiter gemeinsame Sache mit linken Gewalttätern machen, werde ich mich auch von Ihrer Partei abwenden.

Können Sie meine Haltung verstehen?

Mir freundlichen Grüßen
Ingrid Hahn

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Hahn,

Vorbemerkung: Ja, ich kann Ihr Unbehagen darüber gut verstehen und teile es auch, wenn das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit von einer tatsächlich oder vermeintlich „guten“ Gesinnung abhängig gemacht wird bzw. werden soll. Auch den Anschein, dass Politiker etablierter Parteien und eine angeblich von friedlichen Demonstranten repräsentierte „Mehrheit der Bürger“ sich effektiv verbünden mit gewalttätigen und teils linksextremistischen Politchaoten, halte ich – auch wenn es nur ein Anschein sein sollte – für inakzeptabel.

Zu den Ereignissen in Köln vom 19. und 20. September 2008 kann ich im Folgenden nur ein paar allgemeine Gedanken mitteilen. Zu umstrittenen Einzelheiten kann ich mich nicht äußern, da ich meine Informationen ausschließlich aus Zeitungen habe. Ein anschauliches Bild hat mir u.a. dieser Artikel aus der F.A.Z. vermittelt:
http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~EA97CC2BA0AAA4651A11DC752FC86410E~ATpl~Ecommon~Scontent.html

Grundsätzlich finde ich es erfreulich, wenn eine große Zahl von Bürgern Engagement und Betroffenheit zeigt, wie dies in den Protesten gegen den sog. „Anti-Islamisierungskongress“ zum Ausdruck gekommen ist. Desinteresse und Ignoranz sind schließlich das, was wir – gerade bei einer so wichtigen innenpolitischen Frage, wie Muslime sinnvoll integriert werden können – für die verantwortliche Gestaltung der politischen Ordnung am wenigsten gebrauchen können. Grundsätzlich unterstütze ich auch das Engagement der genannten CDU-Politiker (Rüttgers, Laschet, Polenz, Schramma) gegen „Pro Köln“ bzw. „Pro NRW“, deren Agitation ich für eine Gefahr für den inneren Frieden halte. Ich unterstütze auch die verantwortungsvollen Bemühungen der NRW- Landesregierung um eine richtige Balance in der Integrationspolitik – einerseits Anerkennung und Einbeziehung der Muslime (Grundrecht auf Religionsfreiheit etc.), andererseits Anmahnung von Integrationspflichten und des Vorrangs unserer Werteordnung.

Wichtig ist mir jedoch, dass Grundrechte unteilbar sind. Sie müssen vom staatlichen Gewaltmonopol durchgesetzt werden auch wenn es schwierig und unbequem ist. Wenn die Gewalt eines pöbelnden Haufens am Ende darüber entscheidet, wer wann und wo sich versammeln darf, ist das eine skandalöse Niederlage des Rechtsstaats. Besonders problematisch wird es, wenn Träger öffentlicher Ämter und gewählte Volksvertreter ein solch rechtswidrig herbeigeführtes Ergebnis – hier: die Versammlung von „Pro-Köln“ kann nicht stattfinden – loben oder gar bejubeln. In Bayern wäre es undenkbar, dass die Polizei zurückweicht vor der Gewalt von (Gegen-) Demonstranten.

Zurück zu „Pro-Köln“: Es wäre ein Schaden für die politische Kultur in Deutschland, wenn sich eine Kraft, die die verständlichen Sorgen der Bürger (wegen Moschee etc.) primitiv und plump instrumentalisiert, etablieren könnte. Einen Ableger der Strache-FPÖ brauchen wir in Deutschland wahrlich nicht: Wenn muslimische Bürger bzw. Bewohner unseres Landes aus parteipolitischen Motiven pauschal beschimpft und ausgegrenzt werden, läuft dies auf eine vertiefte Spaltung der Gesellschaft und somit auf eine Verschärfung der Integrationsprobleme hinaus. Wenn z.B. Herr Strache in Österreich so weiter macht, wird er genau das, was er angeblich bekämpfen will, erreichen: nämlich eine islamische Parallelgesellschaft in Reinkultur.

Aus Gründen des Grundgesetzes und der politischen Klugheit müssen wir uns um ein anderes Ziel bemühen, nämlich um ein friedliches und vernünftig geordnetes Zusammenleben mit (gläubigen) Muslimen – unter Wahrung der gewachsenen kulturellen Prägung unseres Landes und nicht zuletzt unter Wahrung der bisherigen Beziehungen des Staates zu den christlichen Kirchen. Dass dieser Weg schwierig und schwerer zu vermitteln ist als andere, sollte uns nicht abhalten.

Ich habe politisch immer dafür gekämpft, dass
- Integration v.a. als Bringschuld der Zuwanderer zu verstehen ist,
- islamische Religionsausübung bei uns keinerlei „Rabatte“ in puncto Verfassungsmäßigkeit bekommen darf
- und dass Muslime in Deutschland sich inhaltlich und organisatorisch um einiges bewegen (das heißt: anpassen!) müssen.

Für diese Grundsätze steht die Union mit aller Konsequenz – im Gegensatz zu den anderen im Bundestag vertretenen Parteien. Aus genannten Gründen ist zudem klar: Mit einer ausländer- und islamfeindlichen Bewegung, wie sie sich in Köln und andernorts äußert, können, dürfen und werden sich CDU und CSU auf keinen Fall gemein machen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Uhl