Frage an Hans-Peter Uhl von Volker B. bezüglich Recht
Guten Tag,
zu den Sachlichen Themen kann sich ja leicht jeder selbst ein Bild machen: Fakten sind nicht zu diskutieren, sondern hinzunehmen. Als ehemaliger Internetprovider kann ich Ihnen aus der Praxis sagen, dass man Verbindungsdaten nicht braucht.
Zu den Meinungen:
Eine Beschränkung des staatlichen Datensammelns hat uns das Bundesverfassungsgericht ja mit Urteil vom 15.12.1983 auferlegt:
"Mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung wären eine Gesellschaftsordnung und eine diese ermöglichende Rechtsordnung nicht vereinbar, in der Bürger nicht mehr wissen können, wer was wann und bei welcher Gelegenheit über sie weiß. Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen. […] Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungsfähigkeit und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist. Hieraus folgt: Freie Entfaltung der Persönlichkeit setzt unter den modernen Bedingungen der Datenverarbeitung den Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten voraus. Dieser Schutz ist daher von dem Grundrecht des Art 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art 1 Abs. 1 GG umfasst. Das Grundrecht gewährleistet insoweit die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen."
Das Bundesverfassungsgericht bezieht sich hier ja expressis verbis darauf, dass "Information dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden". Solche Informationen sind ja insbesondere, wer mit wem telefoniert oder sich im Internet unterhält.
Inwiefern sehen Sie jetzt die Vorratsdatenspeicherung trotzdem damit vereinbar?
Viele Grüsse,
VB.
Sehr geehrter Herr Birk,
ich habe Ihnen gestern alles gesagt, was ich zum Thema zu sagen habe. Ich habe Sie auch auf den hier relevanten Beschluss (einstweilige Verfügung) des BVerfG vom März 2008 hingewiesen. Hier die Fundstelle dazu:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/pressemitteilungen/bvg08-037.html
Das von Ihnen zitierte Grundsatzurteil von 1983 ist darin aufgehoben. (So sieht es jedenfalls das Gericht; wenn Sie anderer Meinung sind, müssten Sie sich dort beschweren.) Das Gericht sieht die Problematik v.a. in der Unsicherheit, ob und wann Daten gespeichert und verwendet werden dürfen. Daher bedarf es hinreichender Rechtsklarheit und definierter (hoch angesetzter) Hürden für die Weitergabe und Verwendung. Einen grundsätzlichen Einwand gegen die Vorratsdatenspeicherung hat das BVerfG jedoch eindeutig nicht erkannt!
Meinen persönlichen Standpunkt zur Vorratsdatenspeicherung habe ich mehr als deutlich gemacht. Wenn Sie weitergehenden Gesprächsbedarf haben, möchte ich Sie höflichst bitten, sich an die Urheberin dieses Gesetzes, Frau Bundesministerin Zypries (SPD), zu wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Uhl