Frage an Hans-Peter Uhl von Bernd R. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,
ich habe kein Verständnis für die neuerliche Diätenerhöhung und halte diese Absicht für taktlos.
Gründe und aufkommende Fragen:
- Warum fehlt der Schritt, eine Erhöhung endlich in eine Rentenkasse einzuzahlen? ´Generationenvertrag´ und die Schwäche des ´BfA´-Rentensystems würde auch bei den Abgeordneten spürbar; denn die noch lebenden Vorgänger i.R. bekämen ihre Versorgungsbezüge aus den Beiträgen der Kanzlerin. Lässt diese Überlegung nicht in allen Regierungsfunktionen ein deutliches Defizit ersichtlich werden?
- Die Abgeordneten sind Volksvertreter. Warum ist noch keiner auf die Idee gekommen, die Diätenerhöhung an die durchschnittliche Einkommensentwicklung aus Tarifverträgen (gewichtete Wirkung) zu koppeln? Würde sich damit nicht mancher viel schneller mit dem Thema Mindestlohn auseinandersetzen? Für mich wäre dieser nicht für alle ´ungelernten´ MA und Hilfskräfte gleich, sondern je nach Tätigkeit orientiert er sich an der niedrigsten tariflich vereinbarten Tarifgruppe, die gewerkschaftlich regional für vergleichbare Tätigkeiten ausgehandelt wird (Verkäuferin in einem Konzern / Verkäuferin in einem kleinen Laden). Die nicht gewerkschaftlich abgesicherten MA würden so durch eine nachvollziehbare Vorgabe abgesichert. Können Sie sich vorstellen, dass die heutigen Rentner ein gewisses ´Solidargefühl´ verspüren würden, wenn ihre Rentenerhöhung die Diätenerhöhung beeinflussen würde?
Wie können Sie einer Erhöhung zustimmen, wenn unser Staat bankrott ist - und unser Parlament ff. es nicht schafft trotz inflationsanheizender Steuerpolitik das aufgehäufte Defizit abzubauen?
Ich fordere einen Defizitabbau; denn ein ausgeglichener Haushalt ist eine Selbstverständlichkeit!
Bei Staatsdienern ist die Pension an das letzte Einkommen gekoppelt - damit bedienen sich die Abgeordneten gleich zweimal, ohne über die Pensionsbezüge ´verhandeln´ zu müssen, oder sehe ich das falsch?
MfG, Bernd Ringelhan
Sehr geehrter Herr Ringelhan,
die Höhe der Diäten wird immer umstritten sein. Die Frage, mit welcher Einkommenshöhe man die Arbeit eines Abgeordneten vergleichen soll, ist nicht objektiv zu beantworten. Ich halte die gefundene Regelung (Koppelung an B6, das Gehalt eines Bundesrichters, Landrats oder Oberbürgermeisters einer Mittelstadt) jedoch für angemessen. Das Mandat im Deutschen Bundestag, der zentralen verfassungsmäßigen Instanz für die Weiterentwicklung des Rechts, ist ein forderndes Führungsamt, das auch für Menschen, die beruflich gutbezahlte Alternativen haben, attraktiv sein sollte. Zwar gibt es wohl eine Vielzahl von Abgeordneten, die sich im Parlament finanziell erheblich verbessern, weil sie anderweitig das Gehalt nicht beziehen könnten. Aber das entspricht dann dem Wählerwillen und ist kein Gegenargument zum Gesagten.
Die Trennung von Beamten und Angestellten bzw. Pensionisten und Rentnern ist ein etabliertes System, das sich alles in allem bewährt hat – auch aus Kostengründen – und das ich den Besonderheiten des Berufsbeamtentums entsprechend für vertretbar halte. Die Pension ist eben als Vollversorgung konzipiert, analog zu der besonderen Treueverpflichtung der Beamten. Die gesetzliche Rente ist hingegen eine Säule der Altersversorgung, die privat – mit staatlicher Unterstützung – zu ergänzen ist. Insgesamt geht es den Beamten (und Pensionisten) vergleichsweise gut. Das hat damit zu tun, dass an sie besondere berufliche Qualifikationsforderungen gestellt werden und die öffentliche Verwaltung natürlich ein attraktiver Arbeitgeber sein will. Jedermann steht es frei, sich für eine Beamtenlaufbahn zu bewerben.
Ihr persönlicher Mindestlohnvorschlag (nach Sparten und Regionen) hört sich interessant an. Ähnliches wird mithilfe des Entsendegesetzes bereits praktiziert. Der gesetzlich, einheitliche Mindestlohn, der zur Zeit diskutiert wird, ginge jedoch in eine völlig andere Richtung. Er würde – so sagen es alle Ökonomen voraus – im Bereich der gering qualifizierten, weniger produktiven Beschäftigung eine hohe Zahl von Stellen kosten.
Dies würde infolge steigender Arbeitslosigkeit nicht zuletzt die öffentlichen Haushalte belasten, die Sie ja saniert haben wollen. Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass zu den größten Ausgabeposten im Bundeshaushalt der Zuschuss zur gesetzlichen Rente und die Kosten der Arbeitslosigkeit zählen.
Eine Einkommenssteuersenkung für Gering- und Normalverdiener – wie von der CSU vorgeschlagen – wäre ein effektiverer Weg, die Realeinkommen zu stützen, als ein Mindestlohn, der Jobs kostet, und eine schuldenfinanzierte Steigerung der Sozialausgaben. Niedrigere Steuern würden die Kaufkraft der Beschäftigten stützen, Beschäftigungsanreize setzen und damit auch den öffentlichen Haushalten – die durch eine Steuersenkung zunächst belastet würden – einen nachhaltigen Gefallen erweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Uhl