Frage an Hans-Peter Uhl von Juliane G. bezüglich Finanzen
Guten Tag Herr Dr. Uhl!
Wie stehen Sie zu der geplanten Diäterhöhung?
Wie können die etablierten Parteien Wähler davon überzeugen, nicht beispielsweise "Die Linke" zu wählen, wenn deren Abgeordneten die Integrität besitzen, ihre durch die bereits im letzten Jahr vollzogene Diätenerhöhung erzielten Mehreinnahmen wieder an die Gesellschaft zurückzugeben indem sie damit bspw. Vereine unterstützen?
Wie lässt sich eine geplante Diätenerhöhung rechtfertigen, wenn doch gerade wieder einmal Herr Steinbrück aus Gründen der Haushaltskonsolidierung Frau von der Leyens Pläne zum Ausbau einer familienfreundlichen Politik kategorisch abgelehnt hat? Wie muss man das als Bürger verstehen - für Familien ist kein Geld da, für die Erhöhung von Abgeordnetenbezügen jedoch schon?
Wieso sind 16% Gehaltserhöhung auf 2 Jahre gesehen für Abgeordete in Ordnung, wenn doch kurz vorher Politiker sich entschieden gegen die Gehaltsforderungen der Angestellten im Öffentlichen Dienst ausgesprochen haben?
Ich bin sehr gespannt, ob Ihre Antwort meine Wut und Verwirrung angesichts solcher Vorgänge aufzulösen vermag.
Mit freundlichen Grüßen
Juliane Gambke
Sehr geehrte Frau Gambke,
es gibt so viele Gründe, die „Linke“ nicht zu wählen, dass ich sie in der Kürze nicht aufzählen kann. Auch Ihnen werden sicherlich einige einfallen.
Vorab ein Hinweis auf die Zahlenverhältnisse: Die jüngste Diätenerhöhung verursacht Mehrkosten von 5 Millionen Euro im Jahr. Für das Elterngeld gibt der Bund 4 Mrd. Euro im Jahr aus, für die Krippenförderung ca. 2 Mrd. Euro. Der Gesamtstaat gibt für Familienförderung im engeren Sinn (Kindergeld, Kinderzuschlag etc.) im Jahr ca. 45 Mrd. Euro aus.
Wie ist die Diätenerhöhung formell zu begründen? Nach dem Grundgesetz haben die Mitglieder des Deutschen Bundestages einen Anspruch auf "angemessene", die Unabhängigkeit der parlamentarischen Arbeit sichernde Entschädigung. Der Frage der "Angemessenheit" der Diäten sind schon viele Kommissionen nachgegangen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass sich die Bezüge eines Bundestagsabgeordneten, dessen Wahlkreis durchschnittlich rund 250.000 Einwohner umfasst, an den Bezügen von Bürgermeistern mittlerer Kommunen oder einfachen Richtern auf der Bundesebene orientieren können. Allerdings haben die Abgeordnetenbezüge diesen Referenzwert erstmals mit der im November 2007 beschlossenen Erhöhung erreicht. Um dieses Niveau künftig zu halten, wurde zugleich beschlossen, die Diäten an die Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst zu koppeln. Diese Koppelung halte ich für eine transparente Methode.
Wie ist die Diätenhöhe materiell zu begründen?
Entscheidender als die Frage, wie und wann die Diäten erhöht werden, erscheint mir die Größenordnung der Abgeordnetenentschädigung als solche. Darüber, ob sie angemessen ist, werden die Meinungen immer auseinander gehen. Es hängt ganz davon ab, mit welchem anderen Einkommen man die Arbeit der Abgeordneten vergleichen will. Egal wie – Beifall würde es wohl nur geben, wenn Abgeordnete sich selbst Kürzungen verordnen oder ganz umsonst arbeiten würden.
Derzeit erhalten die Mitglieder des Deutschen Bundestages ein steuerpflichtiges Monatsgehalt von 7.339 Euro. Jedem Bürger steht es frei, sich dafür zu bewerben. Einem hauptamtlichen Politikerdasein geht dabei in aller Regel ein langjähriges ehrenamtliches Engagement in Vereinen, Initiativen, Stadtteil- und Gemeinderäten etc. voraus. Zur gleichen Zeit haben sich andere Bürger – und das ist ihr gutes Recht – lieber ganz auf berufliches Fortkommen, Freizeit und Familie konzentriert. Ein politisch engagierter Bürger muss also zunächst viel Zeit und eigenes Geld investieren. Zu gewinnen ist jedoch keine Lebensstellung, sondern ein Mandat auf Zeit, das im Bundestag durchschnittlich weniger als zehn Jahre währt. Übrigens muss jeder Bewerber für seine Wahlkampfkosten selbst aufkommen.
Ein Wort zu mir persönlich: Im Rückblick auf 30 Jahre politische Arbeit und weitgehenden Verzicht auf Privatheit erlaube ich mir die Vermutung, dass ich bei gleichem Arbeitseinsatz als Jurist in der Industrie oder einer Anwaltskanzlei heute ein höheres Einkommen erzielen könnte. Als berufsmäßiger Stadtrat der Landeshauptstadt München wurde ich übrigens um eine Gehaltsstufe (B7) höher bezahlt als jetzt. Angesichts meiner Laufbahn bin ich nicht bereit, mich heute für mein Gehalt zu entschuldigen. Im Gegenteil halte ich es für angemessen. Es liegt an den Wählern, für Abgeordnete zu sorgen, deren Qualifikation zu ihrer Bezahlung passt.
Im Übrigen nehmen auch die Linksabgeordneten, wenn sie nun den Zuwachs angeblich spenden wollen, den individuellen (Werbe-)Vorteil sehr gerne an. Sie würden sonst nicht so laut darüber reden. Ich habe jedenfalls nicht vor, mit dem, was ich spende, auf Werbetour zu gehen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Uhl, MdB