Frage an Hans-Peter Uhl von Ansgar S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Uhl,
nachfolgend ein paar Fragen zum Zeithorizont und der Rückholbarkeit politischer Entscheidungen:
1) Für welchen Zeitraum sind Sie sicher, dass die DATEN für die heute beschlossenen INSTRUMENTE (Onlinedurchschuchung bei Zielperson, Analyse von Telekommunikationskontakten, Fingerabdrücke, Gesichtskoordinaten) nicht mißbräuchlich/massiv grenzwertig verwendet oder unerkannt für fremde Dritte kopiert werden?
2) Stichwort Technikfolgenabschätzung (Nanoelektronic): In 10-15 Jahren wird das Datenvolumen des Hamburger Finanzamtes auf einen Speicherstick passen. Eine unerkannte Übertragung der Daten an Dritte ist dann technisch und praktisch sehr einfach möglich. Hinweis: INSTRUMENTE können kontrolliert werden, dafür notwendige DATEN mit Zunahme der Speicherdichte von Datenträgern nicht mehr.
3) Stichwort Politikfolgenabschätzung (Hamburger Schill-Partei): Für wie lange garantieren Sie eine Bundesregierung, deren datenschutzrechliche Hemmungslosigkeit NICHT denen der Hamburger Schill-Partei entsprechen? Was ist mit den DATEN, wenn eine spätere Bundesregierung die Änderung von INSTRUMENTEN oder ZIELSETZUNGEN ändert?
4) Stichwort Datenschutz: Für wie lange garantieren Sie die Anwendung des heutigen Datenschutzes auch durch nachfolgende Bundesregierungen?
Herzlichen Dank für Ihre Bemühungen.
Sehr geehrter Herr Schröder-Fujinari,
offen gestanden kann ich Ihrer Problembeschreibung nicht ganz folgen.
Wir können stolz darauf sein, in Deutschland einen hoch entwickelten Rechtsstaat zu haben, der weltweit Maßstäbe setzt. Vereidigte – und davon sollte man ausgehen: pflichtbewusste – Beamte und Richter, die ihrerseits einem hohem Maß an interner und öffentlicher Kontrolle unterliegen, wachen über die recht- und verhältnismäßige Anwendung der gesetzlichen Ermittlungs- und Strafverfolgungsmaßnahmen. Auch der Umgang mit erhobenen Daten ist ein sensibler Punkt, der mit besonderer Sorgfalt gehandhabt wird.
Selbstverständlich kann man deswegen nicht ausschließen, dass vereinzelt Missbräuche begangen werden. Man sollte jedoch anerkennen, dass unsere Rechtsordnung dafür ein hohes Maß an Vorsorge trifft. Für ein generelles Misstrauen gegenüber dem staatlichen Handeln sehe ich einfach keine Veranlassung.
Natürlich kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass technische Neuerungen später unkalkulierte Risiken mit sich bringen. Das gilt jedoch für jede Innovation. Wichtig ist für den verantwortlichen Gebrauch, dass nach entsprechender technischer und rechtlicher Vorsorge etwaige Risiken auf ein menschenmögliches Maß beschränkt werden. Insofern kann ich für die Sicherheit amtlich gespeicherter Daten keine Gefahr erkennen.
Ich weise darauf hin, dass die auf Vorrat gespeicherten Verbindungsdaten nach sechs Monaten wieder zu löschen sind.
Auch in punkto Online-Durchsuchung möchte ich der Mär von der ungebremsten Datenflut widersprechen: Dieses Instrument wird nur in wenigen Fällen (womöglich weniger als ein Dutzend) im Jahr zum Einsatz kommen. Schließlich müssen bereits Tatsachen (!) den Verdacht auf schwere Straftaten rechtfertigen und ein Richter diese Maßnahme anordnen. Zudem wird diese Maßnahme nur unter bestimmten Umständen Ermittlungserfolge versprechen.
Zwei Dinge sind zu unterscheiden: Datenschutz und Datenschutz-Hysterie. Natürlich fehlt es nicht an öffentlichkeitswirksamen Stimmen, die schon seit Jahrzehnten den Untergang des Datenschutzes und das Ende des Rechtsstaates theatralisch beklagen – nämlich jedes Mal, wenn die Sicherheitsgesetze im Zeichen einer gewandelten Herausforderung angepasst werden. Ich frage mich nur, wie oft diese Gefahr noch beschworen werden soll, wenn das Kind angeblich schon längst in den Brunnen gefallen ist.
In Wahrheit ist der Datenschutz hierzulande vital und ein zu Recht hohes und geachtetes Gut. Ich bin sicher, dass dies so bleiben wird – allen Unkenrufen zum Trotz.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Uhl