Frage an Hans-Peter Uhl von Rolf G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,
am 15 Juli 2007 tritt das geänderte Aufenthaltsgesetz mit hoher Wahrscheinlichkeit in Kraft. Mir sind evtl. Gegensätze durch die kommende Gesetzesänderung aufgefallen. Dies wäre A1-GERR Niveau für dt-vh. und N.E. für dt-vh. gegenüber Pflicht/erfolgreicher Abschluß Integrationskurs.
Also § 28 Abs. 2 im Gegensatz zu § 8 Absatz 3, und teilweise § 44a. Da Sie als Mitglied des Innenausschußes des Bundestages maßgeblich an der Änderung des Aufenthaltsgesetzes (Zuwanderungsgesetz) mitgewirkt haben, bitte ich Sie von daher um eine Meinung, wie Sie jeweils die 4 unten stehenden Fragen beurteilen. Vielen Dank im Vorraus.
Erste Frage:
Kann nun die ABH nach dem 15 Juli 2007 Deutsch-vh. zwingen, auch durch Verwaltungszwang, an einem Sprachkurs (Integrationskurs) teilzunehmen, obwohl er die aufenthaltsrechtlichen Anforderungen (Sprache) schon erfüllt hat, nämlich durch Erwerb A1-GERR im Ausland?
Zweite Frage:
Oder würde dies einfach nicht für Deutsch-vh. zutreffen, sondern nur für in Deutschland lebende Ausländer, die ihre Ehegatten nachholen? Denn es heißt ja in § 44a Abs. 3: ...mögliche Auswirkungen seines Handelns hin § 8 Abs. 3, § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und 8 dieses Gesetzes... § 9 ist nicht für Deutsch-vh. anwendbar, bleibt §8 Abs. 3 übrig: "...der Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen" droht. Dazu in den Erklärungen zu § 8 Abs. 3: ...im Falle eines Anspruchs auf Verlängerung reduziert sich dieses auf eine Kann-Versagung. Ergo, hier wird nur von "Verlängerung" gesprochen!
Dritte Frage zum letztgenannten Satz:
Ist eine N.E. eine Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis? Also z.B. nach 3jähriger A.E. für dt-vh. würde eine N.E. beantragt. Ist dies als Verlängerung zu sehen oder als "neue" erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis?
Vierte Frage:
Ist § 8 Abs. 3 und § 44a grundsätzlich ausgeschloßen, da der dt-vh. bereits durch § 28 Abs. 2 eine N.E. erhält?
Mit freundlichen Grüßen
Rolf Geyer
Sehr geehrter Herr Geyer,
das neue Aufenthaltsgesetz hat ja in der letzten Woche bei den Querelen um den Integrationsgipfel einige Wellen geschlagen – denken Sie nur an den Vorwurf angeblicher „Diskriminierung“. Umso nötiger ist es, die sachliche Information über das geänderte Recht zu stärken, weshalb ich Ihnen für die Frage dankbar bin.
Vorbemerkung zu Ihrer Frage: Ich gehe davon aus, dass mit der Abkürzung dt-vh. "Deutsch-Verheiratete" gemeint sind, also der Nachzug des ausländischen Ehegatten zu einem/einer Deutschen.
Zu Frage 1:
Zu unterscheiden ist zwischen den Visumvoraussetzungen für den Ehegattennachzug und den Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Teilnahme an einem Integrationskurs bei einem auf Dauer angelegten Aufenthalt in Deutschland:
Die Visumvoraussetzungen für einen Ehegattennachzug werden nach Inkrafttreten des Richtlinienumsetzungsgesetzes (wahrscheinlich Ende Juli/Anfang August 2007) ergänzt. Dann müssen als Visumvoraussetzung erstmals - zusätzlich zu den übrigen Visumvoraussetzungen beim Ehegattennachzug - einfache Deutschkenntnisse nachgewiesen werden, wenn kein Ausnahmetatbestand greift.
Zunächst muss der Ausländer die Voraussetzungen für die Einreise zum Zwecke des Ehegattennachzugs erfüllen demnach also einfache Deutschkenntnisse nachweisen (die Visumvoraussetzungen sind von den Auslandsvertretungen zu prüfen). Dann ist die Frage zu beantworten, ob der Ausländer, der aufgrund des erteilten Visums nach Deutschland zum Zwecke des Ehegattennachzugs eingereist ist, nach § 44a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b oder Nr. 2 AufenthG zur Teilnahme am Integrationskurs verpflichtet ist.
Dies wäre dann der Fall, wenn er zum Zeitpunkt der Erteilung des Aufenthaltstitels zum Zwecke des Ehegattennachzugs entweder nicht über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt (§ 44a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b AufenthG) oder er Hartz IV-Empfänger ist und die Teilnahme in einer Eingliederungsmaßnahme vorgesehen ist (§ 44a Absa. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG).
Die Ausländerbehörde kann den Ausländer auch mit Mitteln des Verwaltungszwangs zur Erfüllung der Teilnahmepflicht anhalten (§ 44a Abs. 3 Satz 2 AufenthG).
Die Antwort auf Frage 1 lautet damit: Ja!
Zu Frage 2:
Das vorgenannte trifft auch für ausländische Ehegatten von Deutschen zu, da § 44a AufenthG auf § 44 AufenthG Bezug nimmt, der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1b auch den Ehegattennachzug zu Deutschen (§ 28 AufenthG) in die Berechtigung und damit auch in die Verpflichtung mit einbezieht.
Zu Frage 3:
Eine Niederlassungserlaubnis (NE) ist keine Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis, sondern ein eigenständiger unbefristeter Aufenthaltstitel mit eigenständigen Voraussetzungen (§ 9 AufenthG), u.a. Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse und von Grundkenntnissen der Rechts- und Gesellschaftsordnung (§ 9 Abs. 2 Nr. 7 u. 8 AufenthG). Nach Absatz 2 Satz 2 sind diese beiden Voraussetzungen mit dem erfolgreichen Abschluss eines Integrationskurses nachgewiesen. Ausnahmen gibt es beim Ehegattennachzug zu Deutschen (§ 28 Abs. 2 AufenthG), wonach der Nachweis einfacher Deutschkenntnisse in der Regel genügt.
Zu Frage 4:
Antwort: Nein (siehe Antwort zu Frage 2); es ist allerdings einzuräumen, dass § 28 Abs. 2 AufenthG (Nachweis einfacher Deutschkenntnisse als Voraussetzung für NE für dt-vh) im Rahmen der Änderungen von § 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG hätte angepasst werden müssen. Der Anpassungsbedarf ist vom Bundesrat und der CDU/CSU erkannt und angemahnt worden, Anpassungen substantieller Art waren aber aufgrund der schwierigen Verhandlungssituation in der Schlussphase des Gesetzgebungsverfahrens gegenüber der SPD leider nicht mehr durchsetzbar.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Uhl