Frage an Hans-Peter Uhl von Matthias K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,
vielen Dank für Ihre freundliche und ausführliche Antwort auf meine Frage vom 30.06.2013. Auf diesem Wege würde ich gern auf den folgenden Satz Ihrer Antwort eingehen:
>>Ich kann jedoch nicht erkennen, dass – wie Sie schreiben - "Bundesregierungen
>>der Vergangenheit und Gegenwart derartige Übergriffe immer und immer wieder
>>zulassen und die Freiheitsrechte ihrer Wähler immer und immer wieder den ‚guten
>> Beziehungen zu den USA‘ opfern" würden.
Herr Dr. Uhl, damit meine ich die Tatsache, dass Bundesregierungen für
Jahrzehnte Abhöraktivitäten zugelassen haben und noch zulassen. Echelon, verwanzte EU-Büros in Brüssel und sogar bei den Vereinten Nationen, die nach wie vor laufenden Spionage-Aktivitäten aus Frankfurt heraus – die Liste ließe sich fortsetzen.
Hierbei wurde nachweislich nicht zuletzt Wirtschaftsspionage betrieben, was sowohl deutschen Unternehmen und damit Ihren Wählern massiven Schaden zufügt.
Dass Daten deutscher Bürger nicht sicher sind, wenn man diese auf z.B. amerikanische Systeme wie Facebook, Amazon, Google & Co. hochlädt, ist klar. Wenn aber Daten direkt in Deutschland aus deutscher Infrastruktur abgegriffen wird, ist das sehr wohl ein Umstand, die in den Einflussbereich der Bundesregierung fällt.
Könnten Sie vor diesem Hintergrund Ihre Antwort etwas detaillieren?
Mich würde beispielsweise interessieren, was genau die Bundesregierungen 30 Jahre lang gegen die Wirtschaftsspionage durch Echelon getan haben?
Oder welche Folgen das Verwanzen ‚unserer’ Büros hat und haben wird?
Oder was die Bundesregierung gegen das Anzapfen von Daten in Frankfurt unternommen hat?
Oder warum Bundesregierungen sogar geltendes Recht ändern, um amerikanischen Wünschen gerecht zu werden (Fluggastdaten-Abkommen, Auslegung des G-10-Gesetzes zur Datenweitergabe usw.)?
Oder was die amtierende Bundesregierung tut, um zuverlässig den Bruch europäischen Datenschutzrechts durch die USA zu unterbinden?
Mit freundlichen Grüßen
Matthias Klein
Sehr geehrter Herr Klein,
natürlich können wir Wirtschaftsspionage nicht dulden und müssen Sicherheitsvorkehrungen dagegen treffen. Die Bundesregierung ist entschlossen, hierfür künftig stärker Sorge zu tragen und insbesondere das Gespräch mit deutschen Unternehmen zu suchen, die dieses Problem tendenziell unterschätzen:
http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/wirtschaftsspionage-50-milliarden-schaden/8705934.html
Nachweisen lässt sich eine solche Spionage aus westlicher Richtung jedoch bislang nicht. Das Europäische Parlament hatte einen Untersuchungsausschuss zu Echelon eingesetzt, der zu dem Ergebnis kam, dass kein Fall von Wirtschaftsspionage bewiesen werden konnte (z.B. S. 142):
http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+REPORT+A5-2001-0264+0+DOC+PDF+V0//DE
Es gibt keine belastbaren oder wenigstens plausiblen Hinweise, dass die NSA den Internetknoten in Frankfurt/Main „anzapft“. Im Übrigen möchte ich auf die Erklärung von Bundesminister Pofalla hinweisen:
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2013/08/2013-08-19-pofalla.html
Die Bundesregierung setzt sich für ein globales Datenschutzabkommen sowie ein No-Spy-Abkommen ein. Entscheidend werden jedoch technische Lösungen sein: Ohne eine vertrauenswürdige „IT-Sicherheit - Made in Germany“ werden wir, der Staat und unsere Wirtschaft nicht in der Lage sein, uns wirkungsvoll gegen Ausspähung durch wen auch immer zu schützen. In einigen Bereichen haben wir solche Anbieter bereits oder sind auf dem Weg dahin. Es gibt keinen zwingenden technischen Grund, dass beim Versand einer Email innerhalb Deutschlands diese unser Staatsgebiet und damit den Geltungsbereich unserer Gesetze verlassen muss. Es gibt die Möglichkeit für Unternehmen oder Privatpersonen, die Datenbestände auf fremde Server auslagern wollen, nationale Anbieter zu nutzen, die unseren strengen Auflagen unterliegen. All dies gilt es zu fördern. Wir brauchen darüber hinaus eine schlagkräftige IT-Sicherheitsforschung, um die weitere technische Entwicklung von Deutschland aus mitgestalten zu können.
Mit freundlichen Grüßen
Uhl