Frage an Hans-Peter Uhl von Ulla S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,
in dieser Woche fand der Demografiegipfel statt.
Während Innenminister Friedrich die vorhandene Potenziale besser ausschöpfen möchte, forderte Frau Merkel mehr Zuwanderung. Auch die FDP forderte das öfters, obwohl erst kürzlich bekannt wurde, dass die Zuwanderung in 2012 sehr hoch war. Was ist Ihre Position dazu?
Dabei zeigt die offizielle Statistik ein verzerrtes Bild über die tatsächliche Lage am Arbeitsmarkt.
Außerdem gibt es sehr viel Unterbeschäftigung, die die Bundeszentrale für Arbeit auch auflistet.
Warum verschweigen das viele Politiker?
Zukunftsforscher sagen vorher das die digitalen Entwicklungen noch viele Arbeitsplätze überflüssig machen werden.
Warum werden die Menschen die in Deutschland sind nicht besser gebildet, ausgebildet und warum werden sie nach der vierten Klasse einfach ausselektiert?
In einigen anderen Ländern ist das anders, da kann man m.W. ein Leben lang Abschlüsse nachholen und wird vom Staat dahingehend gefördert.
Warum bekommt man bei einer Zweitausbildung keine Hartz-IV-Leistungen?
Viele die keinen Job haben, könnten auch mit 35, 40 oder 45 Jahren noch eine Zweitausbildung machen, haben aber nicht die finanziellen Mittel um das zu machen.
Diese Tatsache enttäuscht mich besonders.
Mit einer geeigneten Initiative würde man m.E. ein Umdenken bei den Ausbildungsbetrieben bewirken.
Zum besseren Verständnis sende ich Ihnen folgende Links als Beleg mit:
http://www.gegen-hartz.de/urteile/0344e19b1708bfe01.html
http://de.wikipedia.org/wiki/Unterbesch%C3%A4ftigung
Ich bedanke mich im vorraus, für eine möglichst konkrete Antwort und verbleibe,
mit freundlichen Grüßen
Ulla Schwarzer
Sehr geehrte Frau Schwarzer,
auch wenn es auf den ersten Blick so erscheint, als würden sich die Forderungen von Bundesinnenminister Friedrich und der Kanzlerin gegenseitig ausschließen, so sind doch beide Forderungen berechtigt. Entscheidend ist dafür die situative Steuerung der Zuwanderung unter besonderer Berücksichtigung des inländischen Arbeitsmarkts.
Als „Glücksfall“ für Deutschland erscheint mir die Zuwanderung aus der EU und aus Drittstaaten daher nur, insofern damit ein für die Produktion notwendiger Personalbedarf gedeckt werden kann, der im Inland nicht zur Verfügung steht. Es gehört zur Wahrheit, dass z.B. für den wachsenden Bedarf an Arbeitskräften in der Altenpflege kein entsprechendes Interesse im Inland besteht. Außerdem hat der jüngste Berufsbildungsbericht auch offengelegt, dass für viele ehrenwerte Berufe wie Bäcker, Metzger und Köche trotz hervorragender Beschäftigungschancen leider nicht genügend geeignete Bewerber aus dem Inland bereit stehen.
http://www.bmbf.de/de/berufsbildungsbericht.php
Generell sind die Bildungs- und Ausbildungschancen in Deutschland sehr gut und auch gerecht verteilt. Die Quote der studienberechtigten Schüler aus „bildungsfernen“ Elternhäusern liegt jetzt bei 40 Prozent. Bereits 20 Prozent der Kinder aus Nicht-Akademiker-Haushalten studieren an der Hochschule oder haben diese bereits mit Abschluss verlassen. Das ist ein Viertel mehr als in den 1990er Jahren. Außerdem: Nicht nur Gymnasium und Studium sind ein Weg zum Erfolg und zur Karriere. Genauso können Jugendliche und junge Erwachsene beruflichen Erfolg und Erfüllung finden in einer betrieblichen Ausbildung in Kombination mit Unterricht in einer Berufsschule. Die Auffassung, jedes Kind müsse ans Gymnasium und dann an die Uni, ist falsch. Deutschland hat ein im Weltmaßstab führendes System beruflicher Bildung, das hervorragende Fähigkeiten und Beschäftigungschancen vermittelt. Nicht zufällig kommen Delegationen aus vielen Ländern nach Deutschland, um das duale Ausbildungssystem mit seiner niedrigen Jugendarbeitslosigkeit zu studieren.
http://www.bayernkurier.de/zeitung/artikel/ansicht/9154-chancenland_nummer_eins.html
Sie haben wohl Recht, dass die Arbeitsmarktchancen für Geringqualifizierte im generellen Trend eher schlechter werden. Diese Erkenntnis ruft alle Jugendlichen und deren Eltern in (Selbst-) Verantwortung. Es gibt aber auch ein umfassendes staatliches Fördersystem, etwa Bildungsgänge an Berufsfachschulen sowie vorbereitende und fördernde Maßnahmen der Arbeitsagenturen für junge Leute, die noch nicht in einer regulären Berufsausbildung sind.
Die Möglichkeit, ein Leben lang berufsqualifizierende oder akademische Abschlüsse nachholen zu können, besteht in Deutschland durchaus. Leistungen nach dem zweiten Sozialgesetzbuch sind jedoch nicht dazu bestimmt, ein Studium zu finanzieren, sondern dazu, erwerbsfähigen Personen über die Dauer ihrer Arbeitssuche den Lebensunterhalt zu garantieren. Aber ich nehme Ihre Anregung gerne auf, der zufolge hier eine gewisse Lücke bestünde.
Mit freundlichen Grüßen
Uhl