Frage an Hans-Peter Uhl von Tim G. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,
seit ein paar Tagen liegt nun das schriftliche Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 10 C 12.12) zum Sprachtest beim Nachzug zu deutschen Ehegatten vor. Demnach kommt eine faktische Befreiung nicht nur in den von Ihnen in Ihrer letzten Antwort genannten Extremfällen in Betracht, sondern in vielen anderen Fällen. Eine mehr als ein Jahr dauerende Trennung kommt laut BVerwG nicht in Frage, auch wenn die Bemühungen um einfache Deutsch-Kenntnisse erfolglos bleiben. Unter vielen Bedingugen, z.B. weite Anreise zum Sprachkurs, zu hohe Kosten etc. muss laut Gericht nicht erst ein Jahr abgewartet werden. Es sollen dann ggf. Visa erteilt werden, damit die Sprachkenntnisse hier im Inland erworben werden können.
Meine Fragen deshalb: Halten Sie es weiterhin für sinnvoll, deutsche Staatsbürger bis zu einem Jahr von ihren Ehepartnern zu trennen? Welchen Zweck soll das (noch) haben?
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Auslandsvertretungen künftig leichter Visa für die Teilnahme an Sprachkursen an Ehegatten von Deutschen und hier lebenden Ausländern erteilen, nachdem das BVerwG dies nun schon in zwei Urteilen zur Wahrung des Grundrechts aus Art. 6 GG nahe gelegt hat? Derzeitige Praxis ist, dass an nachzugswillige Ehegatten weder Besuchs- noch sonstige befristete Visa vergeben werden, auch nicht für die Teilnahme an Sprachkursen.
Teilen Sie meine Einschätzung, dass es aufgrund des BVerwG-Urteils zu hunderten oder gar tausenden von Streifällen kommen, ob auf den Sprachtest vor der Einreise (die Pflicht, diesen im Lande nachzuholen hat das BVerwG ausdrücklich unbenommen gelassen) bestanden werden kann? Und wenn dies absehbar ist, wäre es dann nicht auch angesichts der erheblichen Ressourcen, die dies in der Verwaltung binden wird, und des fragwürdigen Nutzens all dieser Streitaustragungen besser, mindestens IM § 28 Abs. 1 Satz 5 (Nachzug der Ehegatten von Deutschen) den § 30 Abs. 1 Ziff. 2 (Sprachnachweis) ersatzlos zu streichen?
Sehr geehrter Herr Gerber,
an meiner Auffassung, wie ich sie Ihnen im September mitgeteilt habe, halte ich fest. Wenn Sie das Urteil so interpretieren, dass das Spracherfordernis für den Ehegattennachzug zu Deutschen damit praktisch ausgehöhlt oder gar aufgehoben würde, so täuschen Sie sich.
Wie auch das BVerwG abermals bestätigt hat, ist das Spracherfordernis VOR der Einreise beim Ehegattennachzug (auch zu Deutschen) eine sinnvolle und verhältnismäßige Pflicht, welche weiterhin gilt und durchgesetzt werden muss.
Mit freundlichen Grüßen
Uhl