Frage an Hans-Peter Uhl von Alexander W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Uhl,
der Umstand ist mir bekannt, nur frage ich mich, wie Sie den Nachweis führen wollen?
In dem von Ihnen zitierten Fall war die Sachlage eine Andere: dort wurde eine nachprüfbare Angabe unwahr gemacht. Die Gesinnung eines Menschen zu einem vergangenen Zeitpunkt festzustellen halt ich doch für zumindest äußerst schwierig. Schade oder?
Viele Grüße
Alexander Wollny
Sehr geehrter Herr Wollny,
gerne biete ich Ihnen den Service eines Zitats aus dem Gesetzeskommentar Hailbronner/Renner/Maaßen (Staatsangehörigkeitsrecht, 5. Auflage 2010) zum § 35 StAG, welcher die Rücknahme einer Einbürgerung regelt:
„Bei der Anspruchseinbürgerung nach § 10 kann sich die Rechtswidrigkeit der Einb. ausschließlich daraus ergeben, dass die gesetzlichen Voraussetzungen nach Abs. 1 bis 6 […] tatsächlich nicht vorliegen oder Ausschlussgründe (§ 11) gegeben sind. Erforderlich ist danach eine dreistufige Prüfung. Auf der ersten Stufe ist zu prüfen, ob für die Einb. zum Zeitpunkt der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung über die Rücknahme die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Liegt diese Voraussetzung nicht vor, d. h. erweist sich die Einb. objektiv als rechtswidrig, so ist auf der zweiten Stufe zu prüfen, ob der Einbbew. im Zusammenhang mit der Stellung des Einbürgerungsantrags arglistig getäuscht, gedroht oder bestochen hat oder vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben im Sinne des Abs. 1 gemacht hat. Auf der dritten Stufe ist zu prüfen, ob er durch ein derartiges Verhalten die Einb. ‚erwirkt‘ hat.“ (Rn. 19)
„Verschweigen einer Inhaftierung bzw. eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens begründet in der Regel eine Täuschung bzw. unvollständige Angaben im Sinne des § 35 Abs. 1 […]. Entsprechendes gilt auch für das Verschweigen eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts, Mitglied im Kalifatstaat zu sein und eine extremistische Vereinigung zu unterstützen […]. Erforderlich ist hiermit somit die Annahme einer arglistigen Täuschung, dass der Einbbew. bereits im Zeitpunkt der Einb. bewusst seine Zugehörigkeit zu extremistischen Organisationen oder anderen Aktivitäten, die dem Erfordernis der Loyalität widersprechen, verschwiegen hat, um die Einb. zu erwirken […].“ (Rn. 30)
Wenn etwa der Einbürgerungsbewerber zum Zeitpunkt der Antragstellung Anhänger einer extremistischen Gruppierung gewesen ist, diese Verbindung gegenüber der Einbürgerungsbehörde jedoch verschwiegen, verharmlost oder abgestritten hat, oder ggf. ohne formelle Mitgliedschaft vorher und nachher dort gewisse Aktivitäten gezeigt hat, so sollte dies im einzelnen durchaus zu Zweifeln führen an der Gültigkeit der Erklärung gemäß § 10, Abs 1 Satz 1 Nr. 1 StAG.
Ich habe nicht bestritten, dass eine solche Prüfung – wie Sie sagen – „schwierig“ sein mag. Gleichwohl halte ich es angesichts gewaltbereiter Verfassungsfeinde für dringend geboten, dass die zuständigen Behörden eine solche Überprüfung gemäß § 35 StAG durchführen. Anscheinend sind Sie anderer Auffassung.
Mit freundlichen Grüßen
Uhl