Frage an Hans-Peter Uhl von Thomas B. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,
in einem Interview mit Panorama vor etwa einem Jahr traf der Reporter die Schlussfolgerung, dass die Ermächtigung des BKA, Online-Durchsuchungen durchzuführen, nicht dringend gewesen sein kann, da eine solche fast drei Jahre lang nicht durchgeführt wurde. Sie wiederum betitelten diese Schlussfolgerung als naive Illusion. Grund dafür seien, Ihrer Aussage nach, einzig die vom Gesetzgeber angeblich zu hoch angesetzten Hürden, die eine solche Online-Durchsuchung erfordert. In diesem Zusammenhang habe ich ein paar Fragen an Sie:
1. So es denn auf die zu hohen Hürden zurückzuführen ist, dass eine solche Online-Durchsuchung nicht stattfand, wie erklären Sie es dann, dass es seitens des BKA im genannten Zeitraum von fast drei Jahren nicht einmal eine Anforderung der Maßnahme gab - welche daraufhin dann mit den bestehenden Hürden erst einmal zu prüfen gewesen wäre?
2. Wurde eine solche Anforderung seitens des BKA deshalb nicht vorgenommen, weil die Stattgabe ob der Hürden per se unwahrscheinlich erschien, oder ist der Grund darin zu sehen, dass eine solche Anforderung - unabhängig vom Ergebnis der Prüfung - früher oder später öffentlich gemacht worden wäre? Sollten Sie gemäß meiner ersten Alternative antworten, wie erklären Sie es sich, dass das BKA es nicht, aufgrund der vorgeblich hohen Dringlichkeit, zumindest probierte und "drauf ankommen" ließ?
3. Wie ist Ihre Antwort auf eine spätere Frage, die gefassten (nicht angewandten) Gesetze (z.B. BKA-Gesetz) seien in jedem Fall "sehr durchdacht" gewesen vor dem Hintergrund zu verstehen, dass Sie vorher ja noch behaupteten, die Hürden seien vom Gesetzgeber zu hoch gefasst worden? Waren die Gesetze jetzt notwendig und durchdacht, oder waren sie doch fehlerhaft?
4. Unabhängig von dem Interview: Wie stehen Sie als Jurist zur Möglichkeit der gezielten Beweisplatzierung bei dem nun entdeckten Trojaner?
MfG, T. Bauer
P.S.: Das Interview finden Sie hier: http://www.youtube.com/watch?v=0wxuakyXIZ0
Sehr geehrter Herr Bauer,
in der Trojanerdebatte ging es (mir) wesentlich um die Frage der technischen Sicherungen und den Kernbereichsschutz, die gemäß BKAG bei Online-DS und Quellen-TKÜ nahezu identisch und in der Tat ´sehr durchdacht´ sind (vorbildlich etwa für die Anwendung gemäß StPO).
Meine von Ihnen angesprochene Aussage zur Online-DS zielte jedoch auf einen ganz anderen Punkt, nämlich auf die Hürden für einen Einsatz insgesamt. Hierbei stehe ich zu meiner grundsätzlichen Meinung, dass ich die in § 20k BKAG niedergelegten Einsatzgrundlagen für sehr hochgegriffen halte. Ich persönlich finde: Es ginge auch eine Nummer kleiner. Allerdings bin ich froh, dass es in dieser Frage nach dem Urteil des BVerfG einen politischen Konsens gegeben hat, so dass ich dieses politische ‚Fass‘ nicht wirklich erneut aufmachen möchte.
Im Übrigen hat es inzwischen wohl durchaus Einsätze der Online-DS gegeben. Leider wird es noch einige Zeit dauern, bis die entsprechenden Verfahren abgeschlossen sind. Erst dann kann volle Transparenz über Umfang und Erfolg der Maßnahme hergestellt werden:
http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/060/1706079.pdf
Jedenfalls wundere ich mich schon über die Stoßrichtung dieses ARD-Interviewers: Nachdem von interessierten Meinungsmachern jahrelang düstere Weltuntergangs-Prophezeihungen gestreut wurden, eine Online-DS würde, wenn sie erst einmal erlaubt sei, schrankenlos und inflationär von den Sicherheitsbehörden angewandt, wird jetzt bemängelt, dass die Regelung so wenig angewandt würde, weil sie womöglich nichts bringen würde. Beide Unterstellungen, die zueinander in Widerspruch stehen, entbehren einer sachlichen Grundlage.
Zu Ihrer Frage 4 habe ich bereits ausreichend Stellung genommen:
http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_hans_peter_uhl-575-38015--f315047.html#q315047
Mit freundlichen Grüßen
Uhl