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Frage von Michael S. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Michael S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,

da das Landgericht Landshut Teile der Nutzung der Software als rechtswidrig einstufen, wie können Sie da noch von einer Skandalisierung legitimer Maßnahmen reden?

Mit freundlichen Grüßen

Michael Schützler

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Schützler,

bei dem Einsatz eines sogenannten Trojaners für eine Quellen-Telekommunikationsüberwachung ist zwischen erlaubten und unerlaubten features zu unterscheiden. Ich rechtfertige nicht, wenn Behörden eine extern entwickelte Software beziehen, die unerlaubte Funktionen bereithält und womöglich weitere Schwächen (Missbrauchsanfälligkeit) hat und wenn von diesen unerlaubten Funktionen dann sogar Gebrauch gemacht würde! Bis jetzt fehlt jedoch ein klares Bild, welche Behörden in Deutschland eine derartige Software wann und wie lange benutzt haben. Erst recht fehlt jede Erkenntnis, ob die nach Rechtsprechung des BVerfG unzulässigen Funktionen überhaupt jemals angewandt wurden. Erst wenn sich dies herausstellen sollte, könnte man von Rechts- oder gar Verfassungsbruch sprechen.

Was die Quellen-TKÜ anlangt, so fehlt bisher leider jede spezialgesetzliche Rechtsgrundlage – was ich bedaure und nicht verschuldet habe. Im Jahr 2010 hat der damalige Bundesinnenminister an die Bundesjustizministerin mehrfach appelliert, hierfür eine ausdrückliche Rechtsgrundlage in der StPO zu schaffen, die detailliert regelt, welche Maßnahmen wann und wie zulässig sind – leider vergeblich. Eine solche Regelung gibt es auf Ebene des Bundes bisher nur im BKA-Gesetz, also für die polizeiliche Gefahreenabwehr. Somit operieren die Ermittler in Strafverfahren, die sich nur auf die allgemeine Regelung zur TKÜ in der Strafprozeßordnung (§ 100a StPO) stützen können, zwangsläufig in einer rechtlichen Grauzone.

Richtig ist: Ein Beschluss des LG Landshut vom 20.1.2011 (4 Qs 346/10) kam zu dem Urteil, dass es im Rahmen einer Telekommunikationsüberwachungsmaßnahme unzulässig sei, im zeitlichen Abstand von 30 Sekunden Screenshots von der Bildschirmoberfläche anzufertigen, während der Internet-Browser aktiv geschaltet war. Zuvor hatte das Amtsgericht Landshut mit Beschluss vom 2.4.2009 genau diese Maßnahme im Zuge einer Ermittlung wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz (!) angeordnet, weil es dieses Vorgehen durch § 100a StPO als gedeckt ansah. Wie Sie sehen: Hier gibt es mangels klarer Rechtsgrundlage Raum für unterschiedliche Rechtsauffassungen.

Übrigens: Das LG Landshut ist nicht das BVerfG, das ultimativ verkünden könnte, was verfassungswidrig ist und was nicht. Ein LG ist in der Rechtsprechung nur eine Stimme unter vielen. Das letzte Wort muss in dieser Frage der Gesetzgeber (und ggf. das BVerfG) haben.

Ich verweise diesbezüglich auf den Karlsruher Kommentar zur StPO, 6. (aktuelle) Auflage 2008, Randnummer 27:

„Für die repressive Online-Durchsuchung in den Varianten der Daten-Spiegelung und des Daten-Monitorings gibt es derzeit keine Rechtsgrundlage […]. Für die rechtliche Beurteilung ist das Grundsatzurteil des BVerfG vom 27. 2. 2008 […] maßgeblich. Danach ist zwischen der Quellen-TKÜ einerseits und der Daten-Spiegelung und dem Daten-Monitoring andererseits zu differenzieren. Die Quellen-TKÜ ist allein an Art 10 GG zu messen, allerdings nur, solange sich die Überwachung ausschließlich auf Daten aus einem laufenden Telekommunikationsvorgang beschränkt. Insoweit kann wohl für eine Übergangszeit – bis zu einer gesetzlichen Regelung – die Quellen-TKÜ auf § 100 a gestützt werden […]. Da das BVerfG auch insoweit verlangt, dass die Einschränkung durch technische und rechtliche Vorgaben sichergestellt ist, wird für die Zukunft eine gesetzliche Regelung angezeigt sein (vgl. BT-Drucks 16/8689). Für die weitergehenden Varianten (Daten-Spiegelung und Monitoring) bedarf es allerdings – falls diese ermöglicht werden sollten – einer neu zu schaffenden gesetzlichen Grundlage nach den Vorgaben der Entscheidung des BVerfG.“
(Literaturhinweise entfernt)

Mit freundlichen Grüßen
Uhl