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Hans-Peter Uhl
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Frage von Ulrich K. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Ulrich K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Dr. Uhl,

unter der Überschrift "Abschied vom Rechtsstaat?" äußern Prof. Rüthers und Dr. Höpfner in der heutigen Ausgabe der FAZ ( http://www.faz.net/IN/INtemplates/faznet/default.asp?tpl=common/zwischenseite.asp&dx1={F6DF1D04-AAB5-666F-5CB6-B0B35BA7C8E6}&rub={FC135164-5F4A-4492-BDC0-56B3AF640127} ) Kritik an der Tendenz in Judikative und Exekutive, die Bindung an Entscheidungen des demokratisch legitimierten Gesetzgebers, also des Parlaments, dem Sie angehören, zu missachten. Als Beispiel werden unter anderem das sogenannte "Atommoratorium," mit dem die Regierung auf die Katastrophe in Fukushima reagierte, sowie die Nichtanwendung des "Zugangserschwerungsgesetzes zur Sperrung von Internetseiten mit kinderpornographischem Inhalt" angeführt.

Unabhängig von diesen konkreten Beispielen für eine Erosion der Gesetzesbindung in der Exekutive, die derzeit angesichts der Finanzkrise auch auf europäischer Ebene stattfindet, würde mich Ihr Standpunkt zu diesem Problem interessieren. Was können Sie als gewählter Abgeordneter und Mitglied einer der drei Regierungsparteien, nach unserem Grundgesetz nur dem eigenen Gewissen verpflichtet, dafür tun, dass der Vorrang der Legislative wieder durchgesetzt wird, auf nationaler aber auch auf europäischer Ebene?

Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Kastenbauer

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Dr. Kastenbauer,

ein erstes Thema ist in der Tat die Rechtsschöpfung durch Gerichte, die sich insbesondere in den Urteilen des Bundesverfassungsgerichts manifestiert. Hier wäre etwas mehr richterliche Selbstbeschränkung wohl ‚sauberer‘ im Sinne der Gewaltenteilung.

Ich sehe jedoch nicht, dass es auf Seiten der Regierung eine Tendenz gebe, sich über das geltende Recht zu erheben. Die genannten Beispiele – Atommoratorium, Zugangserschwerungsgesetz und Wehrpflichtgesetz –, zu denen man vieles sagen könnte, reichen für mich nicht aus, um eine allgemeine Tendenz zu belegen. Im Übrigen scheint es mir, dass der Artikel von Rüthers und Höpfner zu sehr von der inneren Logik des parlamentarischen Mehrheitsprinzips abstrahiert. Wenn – so sieht es unsere Verfassung vor – die Mehrheit des Parlaments die Regierung bildet und trägt (Regierungskoalition), kann die Regierung letztlich nichts tun ohne die Unterstützung der Parlamentsmehrheit (rechtlich: des Parlaments) und das Parlament (bzw. die Parlamentsmehrheit) kann die Regierung nicht an etwas hindern ohne sie zugleich zu stürzen. Die genannten Beispiele sind dem Prozedere nach zwar problematisch. Letztlich ist jedoch jedes Regierungshandeln – aus koalitionären oder sonstigen politischen ‚Zwängen‘ heraus – mit Wissen und Billigung des Parlaments erfolgt.

Mit anderen Worten: Eine idealtypische Polarität von Regierung (Exekutive) und Parlament (Legislative) kann im System des parlamentarischen Mehrheitsprinzips – im Unterschied zum präsidentiellen Regierungsprinzip (wie in den USA) – naturgemäß nicht hergestellt werden. Die Parlamentsmehrheit und die Regierung sind bei uns letztlich nicht voneinander zu trennen – was nicht heißt, dass unser System weniger demokratisch wäre als ein präsidentielles System.

Ihren Hinweis auf die Finanzkrise und die europäische Ebene verstehe ich nicht ganz. Wenn Sie das Thema Parlamentsvorbehalt für etwaige Belastungen des Bundeshaushalts durch Zahlungsforderungen seitens der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) meinen, so verweise ich auf folgende Erklärungen, die ich dem Grunde nach unterstütze:
http://cdn-storage.br.de/mir-live/bw1XsLzS/bLQH/bLOliLioMXZhiKT1/uLoXb69zbX06/MUJIuUOVBwQIb71S/iw11MXTPbXPS/_2rc_K1S/_-dS/_-rH5A8g/110831_0848_radioWelt_Norbert-Barthle.mp3
http://www.cducsu.de/Titel__keine_entscheidung_am_parlament_vorbei/TabID__6/SubTabID__9/InhaltTypID__3/InhaltID__19501/Inhalte.aspx
http://www.cducsu.de/Titel__text_interview_der_bundestag_muss_auf_mitsprache_bestehen/TabID__6/SubTabID__9/InhaltTypID__3/InhaltID__19401/Inhalte.aspx

Was ich als Abgeordneter tun kann? Vor allem kann ich mich an den Beratungen innerhalb meiner Fraktion und der Koalition beteiligen und meinen Standpunkt, meine Fragen und meine Kritik einbringen. Das geschieht auch reichlich.

Mit freundlichen Grüßen
Uhl