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Hans-Peter Uhl
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Frage von Maik M. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Maik M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,

bzgl. der Äußerung des Bundesinnenministers kommentieren Sie diese mit "Was der Bundesinnenminister verlangt, ist selbstverständlich. Die Grundsätze unserer Rechtsordnung müssen auch im Internet gelten".

"Die Grundsätze unserer Rechtsordnung müssen auch im Internet gelten". Das ist nach meiner Meinung ja was ganz Neues!!

Ist es nicht so, das:

Unsere Rechtsordnung verbietet es, dass Polizisten heimlich in Wohnungen einbrechen, dort herumstöbern und eventuell sogar etwas manipulieren, um dann ebenso heimlich wieder zu verschwinden.
>> Aber die "heimliche Onlinedurchsuchung" wurde erlaubt.

Unsere Rechtsordnung verbietet, dass jedem unverdächtigen Bürger ständig jemand folgt, der gewissenhaft protokolliert, wann sich die von ihm überwachte Person wo mit wem unterhalten hat.
>> Aber die VDS wird vor allem von der Union immer noch gefordert.

Jedem Bürger eine spezielle Brille aufzusetzen, die alles mit "Stoppschildern" überblendet, was auf einer geheimen Sperrliste der Polizei/LKA/BKA steht, ist nicht mit unserer Rechtsordnung vereinbar.
>> Aber das "Zugangserschwerungsgesetz" schien der Union lange Zeit eine gute Idee zu sein und die Begründung für das Aufhebungsgesetz war letztlich auch nicht, dass Zensur per Grundgesetz verboten ist, sondern dass man "völlig überraschend" andere, effektivere Möglichkeiten gefunden hat.

Die Liste geht endlos weiter. Besonders die Union hat eine lange Tradition darin, Dinge im Internet einzuführen oder zu fordern, die "offline" völlig undenkbar sind. In deren Augen ist das Internet offenbar ein "Bürgerrechtsfreier Raum!?

Was sagen Sie zu den Fakten?

Mit freundlichen Grüßen

Maik Mosch

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Mosch,

zu den von Ihnen angesprochenen „Fakten“ stelle ich fest, dass Sie diese offenbar nur flüchtig kennen.

Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2008 eine landesrechtliche Regelung der Online-Durchsuchung (in Nordrhein-Westfalen) verworfen: http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20080227_1bvr037007.html Daraufhin hat der Bundesgesetzgeber das BKA-Gesetz in einer Weise ausgestaltet, die dem Urteil des BVerfG im vollen Umfang Rechnung trägt. Insofern ist die Debatte um die Online-Durchsuchung im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Bewertung abgeschlossen.

Die Empirie zeigt übrigens, dass die ganzen Befürchtungen, die da im Vorfeld geäußert würden – von wegen „massenhafter“ Ausspähung der Bürger – keinerlei Entsprechung in der Realität haben: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/018/1701814.pdf Die Online-Durchsuchung ist genau das, was die Fachpolitiker der großen Koalition (2005-2009) immer vorhergesagt haben: eine Ultima-Ratio-Maßnahme für sehr seltene, spezielle Anwendungsfälle. Die ganze Aufregung, die darum jahrelang gemacht wurde, ist unbegründet.

Zu Ihrer Vorhaltung: „Unsere Rechtsordnung verbietet, dass jedem unverdächtigen Bürger ständig jemand folgt, der gewissenhaft protokolliert, wann sich die von ihm überwachte Person wo mit wem unterhalten hat.“

Natürlich wäre dies völlig absurd. Ein sinnvoller Vergleich mit der Mindestspeicherungsfrist für Verkehrsdaten der Telekommunikation ist jedoch bei ernsthafter Betrachtung nicht gegeben – worauf ich vor drei Jahren schon hingewiesen habe:
http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_hans_peter_uhl-650-5550--f141784.html#q141784

Jemandem zu folgen und alles zu protokollieren wäre offensichtlich ein massiver Eingriff in Persönlichkeitsrechte. Hingegen bei der Mindestspeicherungsfrist ist allein die zeitlich befristete, rein mechanische Speicherung (ohne dass ein menschliche Auge beteiligt ist) noch nicht das entscheidende Problem, sondern erst der fallweise Abruf der gespeicherten Daten (von Menschenhand) und deren Interpretation bzw. Einbeziehung in weitere Nachforschungen, was deshalb sehr restriktiv gefasst werden muss.

Auch in dieser Frage ist der verfassungsrechtliche Bewertungsprozess nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts abgeschlossen: Die Mindestspeicherung ist dem Grunde nach legitim und sachgerecht. Bitte respektieren Sie einfach das entsprechende Urteil, zumal die Absatz-Nummern 204-219:
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20100302_1bvr025608.html

Das Gericht hat die Mindestspeicherung also ausdrücklich zugelassen und die Bedingungen dafür maßgeblich konkretisiert. Jetzt müssten wir diese Blaupause nur noch in Gesetzesform gießen.

Sie können natürlich die Dinge gern weiterhin durch Ihre subjektiv gefärbte ‚Brille‘ betrachten. Aber bitte tun Sie nicht so, als hätte es die klärenden Urteile des Bundesverfassungsgerichts nicht gegeben. Zwar können wir den 100-prozentig objektiven Standpunkt allesamt nicht erreichen. Aber letztlich müssen wir uns schon an die vermittelnden Instanzen, die unsere Verfassung vorgesehen hat, halten und somit endlich zu einem Ergebnis kommen.

Mit freundlichen Grüßen
Uhl