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Hans-Peter Uhl
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Frage von Juliane G. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Juliane G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Uhl!

In einem Beitrag vom 22.09.2010 schreiben Sie: "...ich befürchte, dass wir in der Diskussion um Sicherheitsbefugnisse (von Polizei und Justiz) in ein verschwörungstheoretisches Fahrwasser geraten sind. [...]so als stünde eine Überwachungsdiktatur bevor. Ich finde diesen "Generalverdacht" gegenüber Politik und Behörden sehr unsachlich und ärgerlich. Unsere bisherigen Erfahrungen im demokratischen Rechtsstaat geben dazu keinen Anlass."

Auch in Antworten auf andere Beiträge, in denen Bürger ihre Sorgen über die möglicherweise ausufernden Überwachungsmaßnahmen zum Ausdruck bringen, unterstellen Sie den Verfassern eine unangebrachte realitätsferne Paranoia hinsichtlich eines Wandel Deutschlands in einen Überwachungsstaat. Vor diesem Hintergrund interessiert mich, wie Sie die weitreichende Funkzellenauswertung der Dresdner Polizei bewerten? Die Dresdner Polizei hat bekanntermaßen nicht nur einmal Handydaten in großem Ausmaß gezogen und ausgewertet. Dabei wurden auch Daten völlig unbeteiligter Personen erfasst.

Inwiefern es aus Ihrer Sicht gerechtfertigt ist, alle Nutzer moderner Kommunikationsformen durch die VDS unter einen Generalverdacht zu stellen, während Sie es für "unsachlich und ärgerlich" halten, wenn Kritiker der Ausweitung von Sicherheitsbefugnissen der Polizei und Justiz (angeblich) einen "Generalverdacht" gegenüber Polizei und Behörden formulieren?

Des Weiteren interessiert mich, wieso man mit der VDS Kommunikationsdaten protokollieren will; Stammtische jedoch, Vereinssitzungen und Treffen in welcher Richtung auch immer Gleichgesinnter nicht überwacht werden sollten? Ich bin des Öfteren Zeuge von Stammtischgesprächen in Münchner Wirtschaften geworden, bei denen offen homophobe, islamfeindliche, demokratiefeindliche etc. Äußerungen gemacht wurden. Wie wollen Sie der Gefahr des am Stammtisch radikalisierten "[...] Einzeltäter[s] in einem Netzwerk von Gesinnungsgenossen (nicht Mittätern)" begegnen?

Mit freundlichen Grüßen
J. Gambke

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Antwort von
CSU

Sehr geehrte Frau Gambke,

das Thema Funkzellenabfrage sollte nicht vermischt werden mit der Diskussion um eine Mindestspeicherungsfrist für Verkehrsdaten der Telekommunikation. Bei der Funkzellenabfrage werden unter den Bedingungen der StPO die noch ‚frischen‘ Verkehrsdaten innerhalb einer Funkzelle – also ausgehend von einem bestimmten geographischen Umgriff – innerhalb eines kurzen Zeitfensters erfasst, um einen Ansatz für strafrechtliche Ermittlungen zu erlangen. Die Eingriffsintensität ist somit deutlich geringer als im Falle einer gezielten Betrachtung der Verkehrsdaten zu einer konkreten Person, die über mehrere Monate hinweg angefallen sind. Wenn es zur Dresdner Praxis der Funkzellenabfrage etwas kritisch aufzuarbeiten geben sollte, so beträfe dies nicht die Normenbegründung, sondern die Rechtspraxis und wäre insoweit ein Thema der sächsischen Landespolitik. Beachten Sie zu diesem Thema die entsprechenden Auskünfte der Bundesregierung (darin auch ein Hinweis auf die Erklärungen der Sächsischen Staatsregierung): http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/066/1706630.pdf

Im Übrigen habe ich mich zum Thema ‚Vorratsdatenspeicherung‘ schon hinreichend geäußert, etwa hier: http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_hans_peter_uhl-575-38015--f302136.html#q302136

Nur so viel: Mit einem „Generalverdacht“ hat eine Mindestspeicherungsfrist für Verkehrsdaten der Telekommunikation nichts zu tun, schon gar nicht mit einer Protokollierung von Gesprächsinhalten – wie Ihr sachfremder Vergleich mit einer (völlig undenkbaren) Protokollierung von Wirtshaus-Gesprächen fälschlich suggeriert. Schließlich ist es ganz und gar unstrittig, dass eine Verwertung der Verkehrsdaten keinesfalls willkürlich, also nach Art eines Generalverdachts erfolgen könnte, sondern nur anlassbezogen und konditioniert nach den sehr präzisen Bestimmungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, 1 BvR 256/08 vom 2.3.2010).

Leider scheinen Sie das einschlägige Urteil des BVerfG nicht zu kennen. Ich gebe zu, dass es für Nicht-Juristen eine schwere Kost sein mag, diesen längeren Text im Zusammenhang zu studieren. Aber letztlich sollten solche verfassungsrechtlichen Schiedssprüche schon akzeptiert werden. Ich akzeptiere das Urteil ja schließlich auch, obwohl ich im Vorfeld eine andere Sicht der Dinge hatte (die sich sinngemäß in den Sondervoten zweier Richter wiederfindet).

Mit freundlichen Grüßen
Uhl