Frage an Hans-Peter Uhl von Manfred L. bezüglich Recht
Hallo Herr Dr. Uhl,
es liegt ein Entwurf für ein "Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz" auf dem Tisch. Nach gegenwärtigem Stand werden die Pflichten u.a. aus dem KonTraG für die Verantwortlichen in der Wirtschaft kaum noch zu erfüllen sein. So soll bei Prävention untersagt werden, in der Mehrzahl Sozialer Netzwerke im Internet über Bewerber zu recherchieren. Auch die Aufklärung von Manager- bzw. Mitarbeiterkriminalität (TATORT Arbeitsplatz) durch verdeckten Videoeinsatz oder längere Überwachung von Verdachtspersonen wird mit Gültigkeit des neuen Gesetzes nicht mehr erlaubt sein.
In Sozialen Netzwerken stehen alleine von den Nutzern selbst eingestellte Angaben, die nahezu von jedem Besucher eingesehen werden können - nur der künftige Arbeitgeber darf das nicht lesen???
Die Richter brauchen zur Wahrheitsfindung klare Fakten. Verlangt werden etwa mehrfache Nachweise für begangene Delikte. Das braucht seine Zeit.
Ist das so bewusst - und gewollt? Wenn nein: wie ist Ihre Position hierzu? Was unternehmen Sie um ein solches Gesetz zu verhindern?
Was kann ich als Bürger dazu beitragen, dass aus gutgemeintem Datenschutz kein Ganovenschutz wird?
Wirtschaft und öffentliche Verwaltung unterhalten Instrumente mit hohem Personaleinsatz und folglich hohem Aufwand gegen Schäden durch solche Wirtschaftskriminalität, zur Verhinderung oder Reduzierung. Dennoch steigen die Schadenszahlen und -summen signifikant.
Polizei oder Staatsanwaltschaften sind erst dann Ansprechpartner, wenn mindestens Fakten für einen stabilen Anfangsverdacht auf dem Tisch liegen - aber wo und wie soll der denn entstehen, wenn die Möglichkeiten dermaßen verhindert werden?
Ich kann Ihnen gern eine Verbands-Broschüre über die Arbeit von privaten Ermittlern übersenden, in der u.a. ranghohe Politiker die Bedeutung und den Nutzen der Detektivbranche für Wirtschaft und Bürger hervor heben.
Sehr geehrter Herr Dr. Uhl, ich freue mich auf Ihre Reaktion.
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Lotze
Sehr geehrter Herr Lotze,
verschiedene in der Öffentlichkeit stark diskutierte Vorfälle in großen deutschen Unternehmen haben gezeigt, dass eine generelle Regelung des Beschäftigtendatenschutzes notwendig ist.
Es gibt zwar bereits heute zu vielen Fragen des Beschäftigtendatenschutzes eine einzelfallbezogene Rechtsprechung der Arbeitsgerichte. Diese ist allerdings oft uneinheitlich. Obergerichtliche Urteile sind selten. Der Gesetzentwurf kann daher mit seinen Regelungen zu größerer Rechtssicherheit im Beschäftigungsverhältnis beitragen. An die Stelle der zurzeit geltenden allgemeinen Grundnorm treten Regelungen für bestimmte, in der betrieblichen Praxis relevante Fragen.
Der Gesetzentwurf trifft insbesondere Regelungen zum Fragerecht des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren, zur Zulässigkeit ärztlicher und sonstiger Untersuchungen, zur offenen Videoüberwachung von nicht öffentlich zugänglichen Betriebsstätten, zur Nutzung von Telekommunikationsdiensten am Arbeitsplatz sowie zum Einsatz von Ortungssystemen und biometrischen Verfahren im Beschäftigungsverhältnis. Darüber hinaus sind Vorschriften über die Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung zum Zweck der Leistungs- und Verhaltenskontrolle, der Korruptionsbekämpfung sowie der Überprüfung, ob die im Beschäftigungsverhältnis zu beachtenden Regeln eingehalten werden (Compliance), Gegenstand des Entwurfs.
Der Gesetzentwurf wird derzeit im Bundesrat beraten. Anschließend werden die parlamentarischen Beratungen des Gesetzentwurfs im Deutschen Bundestag beginnen. Im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens wird sicherlich auch das von Ihnen angesprochene Verbot der heimlichen Videoüberwachung ausführlich beraten werden. Ich bitte um Nachsicht, dass ich dazu vorläufig nicht in eine detaillierte Diskussion einsteigen möchte. Einstweilen möchte ich Sie bitten, Ihren Standpunkt gegenüber Ihrem CDU-Wahlkreisabgeordneten einzubringen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Uhl