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Hans-Peter Uhl
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Frage von Martin H. •

Frage an Hans-Peter Uhl von Martin H. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,

am 11. Januar 2010 gaben Sie mir eine sehr informative und ausführliche Antwort auf eine Frage zum Thema Grundgesetz und Krieg. Darin zitierten Sie aus einem Buch über christliche Ethik: "Es gibt eine Pflicht, dem Unschuldigen zu helfen. So erscheint es zu einfach, die Anliegen der Theorie vom gerechten Krieg durch eine bloße universale Idee der Sozialtherapie der Völker zum Frieden zu ersetzen."

Meine Frage betrifft nun das Thema Wirtschaft und Krieg. Herr zu Guttenberg hat gestern gesagt, dass Militäreinsätze auch zur Durchsetzung unserer Wirtschaftsinteressen denkbar wären (z.B. http://www.swp.de/ulm/nachrichten/politik/art4306,708938 ).

Gibt es dafür auch Rechtfertigungen der christlichen Ethik? Und wie wären solche Wirtschaftskriege mit dem Grundgesetz vereinbar, solange Art. 26 Abs. 1 noch nicht abgeschafft ist? Wäre es nicht ehrlicher, die christliche Ethik aus dem Spiel zu lassen und den anstößigen Artikel abzuschaffen? Die aufstrebenden Staaten, die mit uns um die Rohstoffe konkurrieren, unterliegen ja solchen Beschränkungen nicht.

Ich würde mich seehr über eine Antwort freuen, auch wenn sie dieses Mal nicht so ausführlich ausfallen kann.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Prof. Dr. Martin Haspelmath

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Professor Haspelmath,

wenn wir uns für einen Moment in die Lage unserer Vorfahren in der frühen Neuzeit versetzen, als nicht nur unzählige Grenzen und Zölle den Verkehr behinderten, sondern gelegentlich auch die Postkutsche von Räubern überfallen wurde, so werden Sie mir zustimmen, dass die Entwicklung zum modernen Rechtsstaat einschließlich Gewaltmonopol einen wichtigen Fortschritt im Sinne der Freiheit und des allgemeinen Wohls gebracht hat.

Auf internationaler Ebene herrschen manchmal noch dieselben Probleme vor, die wir in Deutschland seit Jahrhunderten überwunden haben. Dies ist insbesondere dort der Fall, wo staatliche Strukturen nicht entwickelt oder gänzlich ineffizient sind, aktuell am Horn von Afrika, wo Piraten die Schifffahrt bedrohen. In solchen Fällen sind internationale Vereinbarungen für ein gemeinsames Vorgehen erforderlich, das auch den Einsatz militärischer Abwehr- bzw. Zwangsmaßnahmen einschließen kann. In diesem Sinne engagiert sich die Bundesrepublik ja bereits mit Einheiten der Bundeswehr, wozu mit Art. 24, Abs. 2 GG auch ein Recht besteht.

Nur um solche Einsätze geht und ging es Bundespräsident Köhler und Minister zu Guttenberg. Die Notwendigkeit für derartige Einsätze wird womöglich eher zu- als abnehmen. Die Verantwortung, die Deutschland in der Welt trägt, gilt es auch dieser Beziehung ins Bewusstsein zu rufen. Dass ein Engagement für den Frieden der Welt nicht nur aus reinem Altruismus geboten ist, sondern auch mit legitimen Eigeninteressen unseres Landes korrespondiert, halte ich dabei für eine Selbstverständlichkeit und nicht für ein Problem: Deutschland ist nicht nur eine Exportnation, die auf freien Handel und sonstigen friedlichen Austausch und Kooperation mit der Welt geistig und materiell angewiesen ist. Die Deutschen sind auch Reiseweltmeister. Sicherheit und Frieden in anderen Teilen der Erde sind somit ein hohes Gut für uns.

Der Gedanke, Art. 26 GG abzuschaffen, ist völlig abwegig. Ich habe Sie schon beim letzten Mal vor der semantischen Falle gewarnt, in welche Sie sich durch den Begriff „Angriffskrieg“ immer wieder locken lassen. Der mediale Sprachgebrauch „Militäreinsatz für Wirtschaftsinteressen“ weckt bei Ihnen anscheinend die Assoziation von menschenverachtender Kolonial- und Unterwerfungspolitik unseligen Angedenkens, die im nationalen Interesse raubt und brandschatzt. Um all dies kann und darf es uns heute und künftig selbstverständlich nicht gehen. Dies sollte als Konsens vorausgesetzt werden. Die zum Teil absichtsvollen Missverständnisse, die Minister zu Guttenberg nun wieder entgegen geschleudert werden, halte ich daher für völlig absurd und unverständlich.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Uhl