Frage an Hans-Peter Uhl von Alvar F. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Uhl,
vielen Dank für Ihre Antwort. Ich bin Ihnen auch sehr dankbar dafür, dass Sie sich so deutlich gegen weitergehende Sperrwünsche aussprechen. Werden Sie sich auch dafür einsetzen, dass das Telemediengesetz (TMG) und Telekommunikationsgesetz (TKG) dahingehend geändert wird, dass Zugangsanbieter auf keinen Fall (weitere) Sperren einsetzen dürfen?
Allerdings vermisse ich eine Antwort auf die Frage, ob Ihnen bewusst ist, dass die Einführung von Sperrsystemen die Etablierung von aktivem Täterschutz bedeutet.
In der von Ihnen verwiesenen Antwort unter http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_hans_peter_uhl-575-38015--f252474.html#q252474 geht es nur um die Problematik der Enumerierung der Listen, nicht um das Frühwarnsystem, dass mit Sperren etabliert wird.
Ich fände es sehr bedauerlich, wenn Sie den Täterschutz und alle Nachteile der Sperren in Kauf nehmen würden, nur um sich in der politischen Diskussion von den anderen Parteien abzusetzen. Schließlich geht es hier nicht um eine der üblichen politischen Fragen, sondern um das Wohl und die körperliche Unversehrtheit unserer Kinder!
Übrigens: nach einer aktuellen Analyse der aktuellen dänischen Sperrliste stammen über 97% der dort „gesperrten“ Webseiten aus den USA, Kanada und Westeuropa. Davon elf aus Deutschland. Keine einzige Webseite kommt aus einem der sog. „Failed States“.
http://blog.odem.org/2010/04/daenische-liste.html
Können Sie sich vorstellen, dass in diesen Ländern – insbesondere in den USA – die Verbreitung von Bildern und Filmen, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen, nicht verfolgt wird? Wäre es nicht besser, alle Ressourcen in die Entfernung der Inhalte und die Strafverfolgung der Täter zu stecken?
Freundliche Grüße
Alvar Freude
Sehr geehrter Herr Freude,
das BKA fahndet (ebenso wie die Landeskriminalämter) nach momentan verfügbaren Webseiten, um dementsprechend grenzüberschreitende Löschungsbemühungen in Gang zu setzen. Daran soll sich auch nach dem bereits beschlossenen, aber momentan nicht angewandten Zugangserschwerungsgesetz nichts ändern. Auch dieses Gesetz schreibt bereits den Grundsatz ´Löschen vor Sperren´ fest. Es erfordert zusätzlich nur, dass die ohnehin entdeckten (und verfolgten) Seiten vom BKA zusätzlich auf eine tagesaktuelle Liste gesetzt und den Access-Providern zur Sperrung übermittelt werden. Ich sehe nicht, welcher gravierende ´Ressourcenkonflikt´ hierbei entstehen soll.
Der Vorteil wäre, dass die Sperrung - sozusagen als Sofortmaßnahme - umgehend erfolgen kann, während sich der Erfolg der Löschungsbemühungen erst Tage oder Wochen später und in einigen Fällen gar nicht einstellt. Es käme eben auf einen Probelauf an: Kann das BKA mit ihren Löschaufträgen (und damit potentiell auch mit Sperranweisungen) eine Reichweite erzielen, die über die Löschungen hinausgeht, die auf private Initiative hin - z.B. über eco - erfolgen? Ich bin gespannt auf den Abschluss der Evaluierung. Erst recht wäre ich gespannt auf die praktischen Erfahrungen mit den Access-Sperren.
Ihr Einwand, Sperren seien ein Frühwarnsystem für Täter, erscheint mir rätselhaft. Wenn Sie meinen, die Betreiber der (kinderpornographischen) Websites würden durch Sperren gewarnt, so wäre dieser Warnungseffekt nicht größer als durch die Löschung, welche der Betreiber wohl eher mitbekommt.
Wenn Sie meinen, die Konsumenten würden durch Access-Sperren vorgewarnt und würden somit nicht mehr auf die Seiten zugreifen, so wäre dies doch genau der gewollte Abschreckungseffekt. Zudem stünde diese Warnungshypothese im äußersten Gegensatz zu der oft als Einwand vorgebrachten Hypothese der "Wegweiserfunktion" von Sperren.
Wenn Sie einen so schweren Vorwurf wie "aktiver Täterschutz" nicht vernünftig plausibel machen können, sollten Sie es lieber bleiben lassen. Denn es könnte Ihnen als unsachlich, beleidigend und ehrverletzend ausgelegt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Uhl