Frage an Hans-Peter Uhl von Thomas B. bezüglich Jugend
Guten Tag Herr Dr. Uhl,
in den Medien sprechen Sie sich erneut für Internetsperren gegen Kinderpornographie aus, obwohl diese Strategie nachweislich sinnlos und nahezu ineffektiv ist. Im Spiegel werden Sie so zitiert:
"Uhl warf der FDP-Politikerin Scheinaktionismus vor, weil sie einseitig auf das Löschen solcher Seiten setze, obwohl sie genau weiß, dass dies nichts bringt. Internetseiten mit rechtswidrigem Inhalt ließen sich nicht einfach entfernen, sagte er zur Begründung. Denn das vermeintlich Gelöschte wird vorher auf Computer heruntergeladen und taucht später an vielen neuen Stellen wieder auf."
Woher stammt Ihre Erkenntnis, dass die Löschstrategie nichts bringt? Meines Wissens wurde diese Strategie bereits sehr effektiv umgesetzt, wo hingegen die Sperrstrategie im Bezug auf Kinderpornographie in Ländern, die diese bereits praktizieren, nachweislich versagt hat. Haben Sie evt. Quellen, die faktisch die Effizienz von Internetsperren belegen?
Sie begründen Ihre Meinung damit, dass die gelöschten Inhalte ja später wieder an anderen Stellen im Netz wieder auftauchen würden, weil die Datenbestände zuvor auf Computer downgeloaded wurden. Um jedoch überhaupt solches rechtswidriges Material im Internet veröffentlichen zu können, muss es zunächst einmal produziert werden. Es wächst ja nicht auf einer Webseite wie ein Löwenzahn in der Wiese? Im Grunde ist es doch die Diskussion, ob Huhn oder Ei zuerst da war, wobei im Fall der Kinderpornographie, eindeutig das reale Verbrechen des Kindesmissbrauchs voranging. Warum möchte man unbedingt diesem Problem mit Internetsperren begegnen, obwohl hierdurch nachweislich kein Fortschritt erzielt werden kann? Man könnte schlussfolgern, weil Sie die Sperrstrategie der Löschstrategie vorziehen, weil letztere nach Ihrem Empfinden nichts bringen würde. Können Sie mir erklären, wie man mit Stopp- Schildern verhindert, dass das Gesperrte nicht wieder an anderen Stellen auftaucht?
Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Brück
Sehr geehrter Herr Brück,
das Problem, dass die besagten Inhalte im Netz stets an neuer Stelle auftauchen können, ist weder mit Löschen noch mit Sperren zuverlässig und dauerhaft zu lösen. Aber natürlich wäre es völlig abwegig, auf Löschungsversuche zu verzichten und einseitig auf Access-Sperren zu setzen. In diesem Zusammenhang bedaure ich, dass mir in mein Telefongespräch mit WELT-Redakteur Martin Lutz anscheinend eine so unglückliche Formulierung hineingerutscht ist. Demgegenüber möchte ich wiederholen, was ich schon hundertmal erklärt habe (auch in jüngeren Pressemitteilungen): Löschungsbemühungen sind unbestritten der wirkungsvollste Ansatz. Ich befürworte jedoch zusätzlich Access-Sperren. (Auch Herr Lutz von der WELT müsste das eigentlich wissen.)
Meine Kritik an der Bundesjustizministerin bezieht sich also in Wahrheit nicht auf das Thema Löschung, sondern auf deren EINSEITIGES Vertrauen auf Löschungsversuche und deren gleichzeitiges Tabuisieren/Verteufeln von Access-Sperren. Dies halte ich für ungerechtfertigt.
Aber so ist das im Leben: Wenn einem eine missverständliche Formulierung unterläuft, wird sie überall zitiert. Eine sachliche Pressemitteilung ist dagegen natürlich weniger interessant.
Mit freundlichen Grüßen
Uhl