Frage an Hans-Peter Uhl von Katharina P. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Uhl,
in Ihrer Antwort an Herrn Jonathan Müller vom 16.05.2009 schreiben Sie, dass Sperrungen im Internet derzeit nicht möglich seien.
Sicherlich ist Ihnen jedoch bekannt, dass bereits 2002 die Düsseldorfer Bezirksregierung Websites mittels der nun von Ihnen geforderten DNS-Manipulationen sperren ließ. Gewiss ist Ihnen auch das Gutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht vom Juni 2008 ( http://www.mpicc.de/ww/de/pub/forschung/forschungsarbeit/strafrecht/sperrverfuegungen.htm ) bekannt, welches ausführt, dass DNS-Sperren schon heute in Einzelfällen und als ultima ratio rechtlich möglich seien, wenngleich nicht unerwähnt bleibt, dass diese den Zugriff nicht ausschließen.
In der Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestags am 27. Mai 2009 verwies zudem der Vertreter des BKA mehrfach auf die bereits durchgeführten Sperrverfügungen.
Daher möchte ich gerne von Ihnen wissen, aus welchen Gründen Sie die bestehenden rechtlichen Möglichkeiten für nicht ausreichend halten und statt dessen verlangen, dass das BKA geheime Sperrlisten führt, während bereits heute mit entsprechenden rechtsstaatlichen Verfahren im Wege der Sperrverfügung in den Einzelfällen, in denen eine Strafverfolgung aussichtslos wäre, vorgegangen werden könnte.
Zudem würde mich Ihre generelle Einschätzung der Wirksamkeit von derartigen Sperren dahingehend interessieren, wie Sie die Erfahrungen mit den erwähnten Sperrverfügungen bewerten. Insbesondere würde mich interessieren, wie Sie die Ausführungen des Vertreters des BKA bei der erwähnten Anhörung bewerten, wonach die Anbieter illegaler Inhalte auf die Sperrungen reagiert haben, so dass die ohnehin schon weitgehend wirkungslose Maßnahme völlig ins Leere lief. Gerne würde ich deshalb wissen, weshalb Sie davon ausgehen, dass die Sperrlisten des BKA hier von mehr Erfolg gekrönt sein könnten.
Mit freundlichen Grüßen
Katharina Pfister
Sehr geehrte Frau Pfister,
in der Tat: eine einzelfallbezogene Sperrverfügung gegen einen Access-Provider ist bereits möglich. Entsprechend habe ich dies in meinen Antworten vom 16.4.2009 und 10.9.2008 zum Ausdruck gebracht: http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_hans_peter_uhl-650-5550--f174183.html#q174183 http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_hans_peter_uhl-650-5550--f133733.html#q133733
In meiner Antwort vom 29.5.2009 an Herrn Jonathan Müller habe ich die Differenzierung zwischen (aktuell diskutiertem) Internetfilter qua Sperrliste und (bereits möglicher) Einzelsperrverfügung nicht nochmals wiederholt, weil es mir dabei um einen anderen Punkt ging:
- Herr Tauss (prominenter Kritiker des Internetfilters) hat mir gegenüber im September 2008 signalisiert: Finger weg! Es bestünde kein Handlungsbedarf; alles sei bestens geregelt. Kinderpornographische Angebote im Internet gebe es gar nicht mehr.
- Anscheinend haben die Kritiker des Internetfilters mittlerweile die Taktik geändert und sagen jetzt: Ja, es gebe zwar kinderpornographische Angebote im Internet. Diese dürften jedoch nicht mittels access-blocking bekämpft werden.
Meine Auffassung (die ich hier schon mindestens zehnmal mitgeteilt habe) ist folgende: Das access-blocking mittels Sperrliste bietet den Vorteil, dass das BKA täglich aktuell und schnell auf das jeweils verfügbare Angebot entsprechender Internetseiten reagieren könnte. Dies ist mittels Einzelsperrverfügung und den Ansätzen zur Löschung entsprechender contents (auf dem Weg der internationalen Behördenzusammenarbeit) nicht täglich in mehreren hundert oder tausend Fällen in zufrieden stellender Form zu gewährleisten. Dennoch – und dies ist auch in der Anhörung am 27.5.09 nochmals deutlich geworden – soll man das eine (access-blocking) tun ohne das andere (Löschung) zu lassen. Auch die Möglichkeit des Internetfilters wird nicht dazu führen, Anstrengungen der anderen Art auszudünnen. Auch im Personalansatz wird weiterhin die Priorität bei den Bemühungen liegen, strafbare Inhalte der genannten Art an der Wurzel zu packen.
Extra für Sie wiederhole ich es gerne noch einmal: Beim geplanten access-blocking mittels Sperrliste wird es sich um einen begrenzt wirksamen, FLANKIERENDEN Ansatz handeln, nicht mehr und nicht weniger. Wenn dies dazu führt, dass den entsprechend kriminellen Betreibern und Konsumenten das Leben schwerer gemacht wird und sie deshalb in gewisser Weise fortlaufend ‚reagieren’ müssen, hat es sich schon gelohnt.
Bitte haben Sie Verständnis, dass ich an dieser Stelle den übrigen Bandwurm nicht nochmals aufzählen möchte (Wir betreten Neuland, es wird eine Evaluierung geben etc. pp. ... ...)
Mit freundlichen Grüßen
Uhl