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Hans-Peter Friedrich
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Frage von Kanstansin K. •

Frage an Hans-Peter Friedrich von Kanstansin K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Herr Friedrich,

es gibt eine Massenflucht aus Rumänien und Bulgarien, es ist gar ein ganzen Dorf nach Berlin ausgewandert und bezieht dort Sozialleistungen, wie Sie in deisem Film sehen:

http://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/sendung/swr/2013/rumaenien-fantanele-100.html

Was tun Sie bzw. Ihre Partei, falls Sie die Möglichkeit nach der Wahl haben, um diese Masseneinwanderung zu beenden und den Menschen dennoch zu helfen?

Wenn diese beiden Ländern dafür keine EU-Mittel nutzen, obwohl diese bereit stehen, kann sich die Situation dort doch nicht ändern, oder?
In den ARD-Tagesthemen kam aber, dass nur zwischen 8-9% der Mittel von den beiden Länder abgerufen wurden, die die Lebensbedinungen der Sinti und Roma vor Ort verbessern sollten.

Warum führt die EU Gespräche über eine Aufnahme mit anderen Ländern wie z.B. Serbien, obwohl die Integration einigen neuer EU-Staaten noch nicht geglückt ist?

Mit freundlichen Grüßen

Kanstansin Kavalenka

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Kavalenka,

vielen Dank für Ihre Anfrage zur wachsenden Zuwanderung aus Rumänien. Wie Ihre Anfrage und der von Ihnen angesprochene ARD-Beitrag erneut deutlich machen, sind mit dem steigenden Zuzug in zunehmendem Umfang auch Probleme verbunden, mit denen sich das Bundesministerium des Innern schon seit längerer Zeit intensiv auseinander setzt.

Die Rechtslage ist allerdings durch EU-Recht vorgegeben: Als EU-Bürger genießen Staatsangehörige von Rumänien und Bulgarien auf der Grundlage von Artikel 21 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in der gesamten EU das Recht auf Freizügigkeit, also das Recht, in jeden anderen Mitgliedstaat einzureisen und sich dort aufzuhalten. Das gilt selbstverständlich auch für die Bürger der neuen EU-Mitgliedstaaten Rumänien und Bulgarien (sog. EU 2-Staaten).

Dazu will ich sehr deutlich darauf hinweisen, dass eine große Zahl der Zuziehenden aus den EU 2-Staaten die Voraussetzungen für die Ausübung des europäischen Freizügigkeitsrechts erfüllt und damit das Recht hat, sich auch für einen längeren Zeitraum in Deutschland aufzuhalten. Wer aus einem anderen EU-Mitgliedstaat nach Deutschland kommt, um eine Arbeit aufzunehmen, ein Unternehmen zu gründen oder eine Ausbildung oder ein Studium zu beginnen, und sich hier an die Gesetze hält, wird uns immer willkommen sein.

Allerdings darf das EU-Freizügigkeitsrecht nur unter den in den europäischen Verträgen sowie in den Durchführungsbestimmungen vorgesehenen Bedingungen und Beschränkungen ausgeübt werden. Diese sind insbesondere in der EU- Freizügigkeitsrichtlinie 2004/38/EG niedergelegt, die in Deutschland durch das Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) umgesetzt wird.

Werden die Voraussetzungen für die Ausübung des Freizügigkeitsrechts nicht oder nicht mehr erfüllt, etwa weil Sozialleistungen unangemessen in Anspruch genommen werden, so sieht das FreizügG/EU auch Möglichkeiten zur Aufenthaltsbeendigung vor. Die Anwendung des insoweit zur Verfügung stehenden rechtlichen Instrumentariums ist Aufgabe der dafür zuständigen Ausländerbehörden der Länder.

Eine Reihe von deutschen Großstädten berichtet vermehrt über erhebliche Probleme mit Zuziehenden aus Rumänien und Bulgarien. Der ARD-Beitrag, auf den Sie hinweisen, befasst sich vor allem mit der Zuwanderung aus einer bestimmten Gemeinde in Rumänien nach Berlin-Neukölln. Ohne Zweifel werden die aufnehmenden Städte und Kommunen vor große Herausforderungen gestellt.

Das Bundesministerium des Innern nimmt diese Berichte über wachsende Belastungen der Kommunen durch zuziehende EU-Bürger sehr ernst und hat dazu schon 2012 eine Abfrage unter den Bundesländern durchgeführt. Im Januar 2013 hat ein öffentlicher Appell des Deutschen Städtetages deutlich gemacht, dass sich die 2012 ausgemachten Probleme weiter verschärft haben. Wie die Berichte aus betroffenen Kommunen zeigen, zählt die Frage der Versorgung mit Wohnraum zu den dringlichsten Fragen im Zusammenhang mit der wachsenden Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien.

Das wichtigste Mittel, um Migrationsdruck abzubauen und die Betroffenen davon abzuhalten, ihre Heimatländer zu verlassen, ist - wie Sie ganz richtig schreiben - eine nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen in den Herkunftsländern. Die Bundesregierung ist im Rahmen ihrer Möglichkeiten bestrebt, bilateral wie auch auf europäischer Ebene dazu beizutragen, dass sich die Lebensverhältnisse vor Ort verbessern und die betroffenen Unionsbürger in ihren Heimatländern bessere wirtschaftliche und soziale Perspektiven bekommen. In erster Linie liegt es allerdings in der Verantwortung der Herkunftsmitgliedstaaten selbst, die Lebensverhältnisse im Land zu verbessern. Für diese Zwecke standen und stehen auf europäischer Ebene auch erhebliche Mittel zur Verfügung, die allerdings von den Herkunftsländern nur sehr schleppend abgerufen werden. Auch darauf weisen Sie zu Recht hin.

Auf meine Initiative gemeinsam mit meinen Amtskollegen aus den Niederlanden, Großbritannien und Österreich hat sich der Rat der europäischen Innen- und Justizminister bei seiner zurückliegenden Sitzung mit diesen befasst und die dafür verantwortliche EU-Kommission u.a. nachdrücklich aufgefordert, den Abruf der vorhandenen Gelder effektiver zu unterstützen, um zu einer durchgreifenden Verbesserung der Lebensverhältnisse vor Ort beizutragen.

Um die betroffenen Kommunen bei der Lösung der anstehenden Probleme zu unterstützen, haben die Bundesländer auf Beschluss der Konferenz der Arbeits- und Sozialminister außerdem eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die konkrete Handlungsansätze in den Bereichen Integration und Leistungsrecht, Gesundheitssituation, Maßnahmen auf EU-Ebene zur Armutsbekämpfung in den Herkunftsländern, freiwillige Rückkehr sowie Ordnungsrecht erarbeiten soll. Verschiedene Bundesministerien, darunter auch das Bundesministerium des Innern, wirken in dieser Arbeitsgruppe mit und bringen ihre Fachkompetenz ein, um zur Erarbeitung von nachhaltigen Lösungsstrategien beizutragen.

Mit diesen Ausführungen konnte hoffentlich deutlich gemacht werden, dass die Bundesregierung im Rahmen ihrer verfassungsrechtlich vorgegebenen Kompetenzen einen Beitrag leistet, um die bestehenden Probleme effektiv anzugehen.

Mit freundlichen Grüßen
Hans-Peter Friedrich MdB

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