Frage an Hans-Peter Friedrich von Pia B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr. Friedrich,
wir haben gerade Ihre Handhabung sowie ihren Standpunkt gegenüber Flüchtlingen aus Syrien auf dem Weg nach Europa diskutiert.
Für mich ist sehr fragwürdig, dass Sie sich dafür einsetzen, die Grenzen von Griechenland zu stärken um so die Einreise von Flüchtlingen aus Syrien nach Europa oder gar nach Deutschland zu verhindern.
Aktuell bewegen wir uns auf einem gefährlichen Weg hin zur Unmenschlichkeit und moralisch verwerflichen Handlungen - bisher ist kein effektiver Plan zur Lösung des Konflikts in Syrien aufgestellt und wir schauen machtlos zu wie das syrische Regime sein eigenes Volk vernichtet.
Allein diese Tatsache ist schon schlimm genug und jetzt wollen Sie ernsthaft auch noch, dass Deutschland sich dafür einsetzt, syrische Flüchtlinge aus Europa fern zu halten und in überfüllte Lager unterzubringen?
Wir, Europäer und Europäerinnen haben hinter uns einen historisch langen und schweren Weg um in unserer nun friedlich und demokratisch, europäischen Welt zu leben, aber es gibt keinen legitimen Grund Menschen diese Welt zu verwehren und sie nicht teil haben zu lassen.
Wir sollten alles Mögliche tun um Flüchtlingen Schutz und ein neues zu Hause zu bieten und nicht die deutschen Steuergelder dafür zu verschwenden um eine "Mauer" um Europa zu ziehen um so den Eintritt anderer Menschen zu verhindern.
Es gibt eindeutig bessere Verwendungen für unsere deutschen Steuergelder als in die Stärkung der Grenzen, denn wen Sie da fern halten wollen, sind bloß Menschen, die Hilfe brauchen. Geben wir ihnen diese Hilfe und schotten sie nicht von uns ab.
Auch sollte nicht nur der finanzielle Aspekt hier entscheidungsführend sein, sondern auch der moralische und menschliche Aspekt - wir sollten füreinander da sein.
Ich sehe mich mit ihren Maßnahmen gegenüber den syrischen Flüchtlingen nicht vertreten und bitte Sie zu einer Stellungnahme.
Mit freundlichen Grüßen
Pia Borkenhagen
Sehr geehrte Frau Borkenhagen,
ich teile Ihre große Besorgnis über die Situation in Syrien. Die Bundesregierung und insbesondere auch mein Ministerium bemühen sich sehr darum, den Flüchtlingen zu helfen. Wir stimmen uns dabei sehr eng mit der Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nationen, dem UNHCR, ab.
Auch wenn ein Ende des Konflikts leider nicht absehbar ist, möchte der Großteil der geflüchteten Menschen weiterhin in ihre Heimat zurückkehren. Daher fordert der UNHCR nach wie vor grundsätzlich nicht zur Aufnahme von syrischen Flüchtlingen in Drittstaaten außerhalb der Region auf, sondern konzentriert seine Bemühungen auf die Verbesserung der Situation der Flüchtlinge vor Ort. Deswegen fokussiert auch die Bundesregierung ihre Unterstützungsleistungen - in Abstimmung mit dem UNHCR - bewusst auf die humanitäre Hilfe für Flüchtlinge in der Region.
Bereits bisher hat Deutschland finanzielle Hilfen in Höhe von rund 67,3 Mio. EUR geleistet. 30,3 Mio. EUR sind dabei in den Bereich humanitäre Hilfe geflossen. 25 Mio. EUR wurden über UNICEF bei der bilateralen Soforthilfe zur Verfügung gestellt. Weitere 8,5 Mio. EUR fließen in die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit und 3,5 Mio. EUR in den Bereich strukturbildender Übergangshilfe zur Unterstützung der Flüchtlinge. Deutschland ist damit nach den USA der zweitgrößte Geldgeber weltweit. Auch Einsatzkräfte des deutschen Technischen Hilfswerks (THW) leisten zusätzlich wichtige Hilfe in der Region.
In Kombination mit dieser vielfältigen humanitären Unterstützung der Flüchtlinge ist es auch richtig und wichtig, dass die Europäische Union die Mitgliedstaaten insbesondere durch die Europäische Grenzschutzagentur Frontex bei der Sicherung der europäischen Außengrenzen unterstützt. Dabei geht es gerade darum, dem menschenverachtenden Treiben von Schleuserbanden Einhalt zu gebieten. Durch deren skrupelloses Vorgehen geraten immer wieder Menschenleben in Gefahr. Auch bei der Sicherung der Außengrenzen der Europäischen Union sind dabei selbstverständlich die völkerrechtlichen Gebote des Flüchtlingsschutzes zu beachten. Hierzu zählt insbesondere das sog. non-refoulement-Prinzip, wonach ein Flüchtling nicht in ein Land zurückgewiesen werden darf, in dem ihm Verfolgung oder Folter droht.
Darüber hinaus schützt Deutschland schon jetzt eine Vielzahl von Syrern, die sich bereits hier aufhalten. In Deutschland sind die Asylbewerberzahlen aus Syrien deutlich angestiegen. Während im gesamten vergangenen Jahr 3.436 Asylanträge von syrischen Staatsangehörigen gestellt wurden, sind es in diesem Jahr von Januar bis Oktober bereits 6.203 Anträge gewesen (davon 4.600 Erstanträge und 1.603 Folgeanträge).Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gewährt syrischen Staatsangehörigen im Rahmen der Asylverfahren zumindest subsidiären Schutz (Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis). Zudem werden bereits seit Ende April 2011 bundesweit keine Personen mehr nach Syrien abgeschoben. Außerdem besteht die Möglichkeit zur Aufnahme von Flüchtlingen in besonders schutzbedürftigen humanitären Einzelfällen.
Selbstverständlich verfolgt die Bundesregierung die Gesamtsituation auch weiterhin sehr aufmerksam. Sollte der UNHCR zu einer Aufnahme von Flüchtlingen aufrufen, werde ich mich dafür einsetzen, dass die Europäische Union gemeinsam einen substantiellen Beitrag leisten wird.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Hans-Peter Friedrich MdB