Frage an Hans-Peter Friedrich von Hans-Günter G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Friedlich,
in WELT Online war gestern, am 19.10.2012 zu lesen, dass Sie weiterhin die Linkspartei durch den Verfassungsschutz beobachten lassen wollen. Angeblich - so Ihre Begründung - wollten einige Mitglieder der Linksfraktion die Demokratie abschaffen. Dies ist ein schwerer Vorwurf, der m. E. nur mit stichhaltigen Beweisen und mit Nennung von "Ross und Reiter" erhoben werden dürfte.
Deshalb meine Fragen:
Haben Sie Beweise dieser Anschuldigungen, oder äußern Sie lediglich Vermutungen?
Sollten Sie Informationen haben, die die Umsturzabsichten der Linkspartei beweisen, warum gibt es dann von Ihnen und Ihrem Ministerium keine Anklage?
Sind Ihre öffentlich bekannt gemachten Beobachtungsaufträge an den Verfassungsschutz der Versuch, den Bürgern von einer Wahlabsicht oder gar einer aktiven Mitarbeit in der Partei DIE LINKE abzuhalten?
Werden auch die Blockflöten in der CDU/CSU oder FDP vom Verfassungsschutz beobachtet?
Geben Sie auch öffentlich bekannt, wenn Mitglieder der CDU/CSU und FDP verfassungswidrige Gesetzentwürfe einbringen und deshalb vom Verfassungsschutz beobachtet werden sollten?
Könnte die Partei DIE LINKE Sie wegen übler Nachrede und Parteischädigung anklagen, oder schützt Sie Ihre Immunität?
Können Sie nur deshalb gefahrlos unliebsame, politische Gegner als verfassungsfeindlich diffamieren?
Auf Ihre Antwort warte ich mit Spannung.
Freundliche Grüße
Hans-Günter Glaser
Sehr geehrter Herr Glaser,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Die Partei „DIE LINKE.“ wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags beobachtet. Grundlage ihrer Beobachtung ist das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für linksextremistische Bestrebungen der Partei im Sinne § 8 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Bundesverfassungsschutzgesetz (BVerfSchG). Die Partei „DIE LINKE.“ gibt sich in ihrer Darstellung nach wie vor ambivalent. Auf der einen Seite präsentiert sie sich als reformorientierte „linke Kraft“, auf der anderen Seite lässt sie deutliche Anhaltspunkte für linksextremistische Bestrebungen erkennen. Hierzu gehört beispielsweise die fehlende Abgrenzung der Partei von linksextremistischer Gewalt sowie die Unterstützung ausländischer Guerillaorganisationen wie der kolumbianischen FARC oder der in Deutschland verbotenen PKK. Hierzu gehören aber insbesondere auch die bestehende Akzeptanz und sogar Förderung von offen extremistischen Zusammenschlüsse innerhalb der Partei. Die hierdurch begründeten Anhaltspunkte für linksextremistische Bestrebungen innerhalb der Partei „DIE LINKE.“ rechtfertigen deren Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Genau dies wurde auch vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 21. Juli 2010 (BVerwG 6 C 22.09) bestätigt. In der Entscheidung hat das Gericht die Beobachtung der Partei „DIE LINKE.“ für rechtmäßig erklärt. Dabei hat das Gericht klargestellt, dass auch Abgeordnete der Partei nicht per se aus der Beobachtung ausgenommen sind. Die Mandatsträgerschaft ist vielmehr im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen. Dem trägt die derzeitige Beobachtungspraxis des Bundesamtes für Verfassungsschutz vollumfänglich Rechnung. Informationen, die allein den privat persönlichen Bereich von Abgeordneten betreffen, sind dabei genauso von der Beobachtung ausgenommen wie auch der parlamentarische Kernbereich, d.h. z.B. das Abstimmungsverhalten eines Abgeordneten. Zudem gilt, dass die Beobachtung der Partei „DIE LINKE.“ und ihrer Mitglieder durch das Bundesamt für Verfassungsschutz nicht unter Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln erfolgt. Die Erhebung von Informationen seitens des Bundesamts für Verfassungsschutz erfolgt aus offen zugänglichen Quellen.
Die öffentliche Bekanntgabe der durch den Verfassungsschutz erlangten Erkenntnisse zur Partei „DIE LINKE.“, insbesondere im jährlichen Verfassungsschutzbericht dient der Unterrichtung und Aufklärung der Öffentlichkeit über verfassungsschutzrelevante Bestrebungen. Diese Unterrichtung über die wesentlichen, im jeweilige Berichtsjahr zu verzeichnenden verfassungsschutzrelevanten Entwicklungen und deren Bewertung entspricht der Erfüllung des im Bundesverfassungsschutzgesetz festgeschriebenen Aufklärungsauftrags (vgl. § 16 BVerfSchG).
Mit freundlichen Grüßen
D. Hans-Peter Friedrich MdB
Bundesminister des Innern