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Hans-Peter Friedrich
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Frage von Yves B. •

Frage an Hans-Peter Friedrich von Yves B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Friedrich,

mit Interesse habe ich Ihre Antwort vom 13.07.12 auf H. G. F. z. T. J. v. 0. g. E. P. k. i. j. n. g. n.

In Ihren Erläuterungen zum grundrechtlichen Spannungsverhältnis und zur Notwendigkeit eines schonenden Ausgleichs (praktische Konkordanz) in jedem Einzelfall folgen Sie, wie mir scheint, der Meinung des BVerfG, wonach die Glaubensfreiheit nach Art. 4 I, II GG keinen Gesetzesvorbehalt kennt und nur durch kollidierendes Verfassungsrecht einschränkbar ist. Zugleich sprechen Sie bzgl. Art. 2 II 1 GG an, dass Grundrechte neben ihrer Wirkung als Abwehrrechte gegen staatliche Eingriffe den Staat auch zur Gewährung eines Mindestschutzes gegen eingriffsgleiche Beeinträchtigungen Dritter verpflichten (Untermaßverbot).

Dazu hätte ich folgende Fragen:

Der von Ihnen genannte Art. 6 II 1 GG formuliert auch eine PFLICHT der Eltern zur Erziehung und Pflege der Kinder, d.h. der Sorge für ihr geistiges, seelisches und körperliches Wohl. Warum übergehen Sie diesen Aspekt angesichts der Tatsache, dass Zirkumzisionen vor dem Erwachsenenalter i.A. nicht medizinisch indiziert sind, ja sogar erhebliche physische und psychische Gefahren bergen (Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Zirkumzision )?

Angenommen, die noch nicht verfassungsrichterlich geprüfte Kollisionslage der Grundrechte gibt dem Recht des Kindes aus Art. 2 II 1 GG im Falle auch fachmännischer Zirkumzisionen den Vorrang, könnte deren Legalisierung das Kind schutzlos stellen und so das von Ihnen selbst angesprochene Untermaßverbot verletzten. Dennoch hat sich die BReg kaum 3 Wochen, nachdem eine Pressemitteilung des LG Köln die Debatte angestoßen hatte, pauschal festgelegt, „verantwortungsvoll durchgeführte Beschneidungen“ müssten „in diesem Land straffrei möglich sein“. Warum haben Sie sich, gerade als Jurist und Kabinettsmitglied, nicht gegen diesen Schnellschuss verwahrt?

Mit freundlichen Grüßen

Yves Busch

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Busch,

vielen Dank für Ihr Interesse.

Im Hinblick auf Ihre Nachfragen, die sich auf meine Beantwortung der Petition von Herrn G. vom 2.7.2012 zur Beschneidung beziehen, möchte ich Folgendes ergänzen:

Wie Sie zutreffend festgestellt haben, ergibt sich aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG nicht nur ein Elternrecht, sondern auch eine Pflicht der Eltern zur Pflege und Erziehung des Kindes. Maßgebliche Richtschnur für das Handeln der Eltern muss das Wohl des Kindes sein, denn das Elternrecht ist ein Recht im Interesse des Kindes. Zum Elternrecht gehört die Sorge für die seelische und geistige Entwicklung des Kindes, die auch die religiöse und weltanschauliche Erziehung umfasst.

Wie ich bereits in der Beantwortung der o. g. Petition dargestellt habe, stehen sich bei der Beschneidung dieses Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG sowie die Religionsfreiheit der Eltern aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG dem Grundrecht des Kindes auf körperliche Unversehrtheit nach Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG gegenüber. Erst eine Abwägung dieser Rechtsgüter im Einzelfall kann einen angemessen Ausgleich zwischen den Grundrechten herbeiführen. Führt diese Güterabwägung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu einem Zurücktreten des Rechts auf körperliche Unversehrtheit, so ist der Eingriff in Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG gerechtfertigt. Das Kind ist insofern nicht schutzlos gestellt, da seine Interessen bei der Güterabwägung bereits in einen angemessenen Ausgleich gebracht wurden.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Hans-Peter Friedrich MdB
Bundesminister des Innern

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